WAZ: Die Dortmunder Rüben sind nicht ganz klar
WAZ Dortmund. Borussia Dortmund blieb auch am neunten Spieltag der Bundesliga ungeschlagen. Das 0:0 gegen Arminia Bielefeld war für den BVB jedoch wie eine Niederlage. Und wie es häufig vorkommt nach Niederlagen: Es gab Ärger.
Die Anzeigetafel weckte Begehrlichkeiten. Mit jeder Einblendung des Zwischenstandes von der Partie Hannover gegen Bremen wurden sie größer. Ach, hätte man doch den Nachmittag im AWD-Stadion zu Hannover verbringen dürfen. Acht Tore wurden dort geboten, packender Fußball mit dramatischen Zügen.
Den 68 800 Zuschauern im ausverkauften Westfalenstadion blieb der Ortswechsel natürlich verwehrt. Sie mussten ausharren und die Realität ertragen. Und die sah so aus, dass beide Teams nicht ein einziges Törchen hinbekamen, obwohl sich ihnen Chancen, gute Chancen, hochkarätige Chancen en masse geboten hatten. Ewerthon hätte die Arminia im Alleingang bezwingen können. Auch Koller und Frings besaßen Möglichkeiten. Auf Bielefelder Seite waren es Diabang und Wichniarek, die für die Sensation hätten sorgen können. Doch die Profis zögerten und zauderten, schossen und köpften vorbei oder scheiterten an den exzellenten Torhütern. Da auch Schiedsrichter Stark nicht pflichtgemäß nachhalf, weil er ein elfmeterreifes Foul von Dortmunds Dede an Bielefelds Brinkmann übersah, fiel eben kein Tor. Gewinner und Verlierer gab es dennoch.
Gewinner waren die tapferen Bielefelder, die erst ihr zweites Remis in der Fremde erkämpften. Verlierer war der ambitionierte Titelverteidiger, der nach dem fünften Unentschieden in dieser Saison schon fünf Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern München zählt. Schuldbewusst schlichen die BVB-Profis nach der Nullnummer vom Platz. Tomas Rosicky, der Spielmacher ohne durchschlagende Kraft, war so frustriert, dass er sogar das Ziel Meisterschaft erst einmal ad acta legen wollte. Eine Aufholjagd wie im vergangenen Jahr, prophezeite der Tscheche, werde diesmal nicht erfolgreich enden: "Die Münchner stehen vor dem Aus in der Champions League und können sich auf die Meisterschaft konzentrieren. Das ist ein riesiger Vorteil."
Trainer Matthias Sammer ging nicht so weit. Es bleibe noch Zeit, die Tabellensituation zu korrigieren, sagte er. Das Problem bei seiner Elf machte er in den Köpfen aus: "Wenn man nicht ganz klar in der Rübe ist, dann passiert so etwas wie heute. Wegen der Art und Weise, wie wir gespielt haben, haben wir es einfach nicht verdient zu gewinnen."
Tatsächlich fehlte dem BVB die letzte Konzentration, um den Ball im Tor unterzubringen. "Ich habe es nicht geschafft, die Mannschaft auf den Punkt genau einzustellen. So selbstkritisch bin ich", meinte Sammer. "Hoffentlich bin ich damit nicht der Einzige."
So steht bis zum nächsten Auftritt am Dienstag in der Champions League gegen den PSV Eindhoven, bei dem Christoph Metzelder wegen eines Nasenbeinbruches fehlen wird, Klärungsbedarf an. Nicht nur zwischen Trainer und Team, sondern ebenso bei den Spielern untereinander. Auffällig gegen Bielefeld waren die Dispute während der 90 Spielminuten. Es wurde geschimpft und gezetert als es nicht lief, zu wenig gefightet. "Das ist der beste Gradmesser, dass etwas nicht stimmt", meinte Sammer.
Vor allem stimmte es bei Marcio Amoroso nicht. Der Brasilianer hatte eine indiskutable Leistung geboten und Glück gehabt, dass ihn der schwache Schiedsrichter Stark nach einer Schwalbe nicht vom Platz stellte. Amoroso hatte zuvor schon Gelb nach einem Frustfoul gesehen. Torsten Frings empörte sich öffentlich: "Wenn einer noch grinst, wenn er nicht ins Tor trifft, dann weiß ich: Er spielt nur für sich und nicht für die Mannschaft." Das Problem: In der vergangenen Saison schoss eben jener Amoroso 18 Tore. Gewiss für sich. Das weiß jeder. Für den BVB wurden sie jedoch gezählt.
20.10.2002 Von Thomas Kloß
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