Lutz Pfannenstiel, Torwartgott...


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    eine kleine geschichte für zwischendurch. :)



    Der Weltfußballer


    Von Hauke Goos


    Wie ein Torwart aus Bayern globalisiert und beklaut wurde


    Der Einbrecher kam durch die Wohnungstür, vermutlich mit einem Zweitschlüssel. Als Lutz Pfannenstiel vom Training zurückkehrte, fehlten seine Sonnenbrillen, ein Trikot, der DVD-Spieler und das Aftershave.


    Pfannenstiel ist Profi-Fußballer seit seinem 20. Lebensjahr; seit Januar steht er bei dem neuseeländischen Club Dunedin Technical unter Vertrag. Die Wohnung gehört dem Verein; Pfannenstiel war erst ein paar Tage vor dem Einbruch eingezogen. Er hat in seinem Leben vor 100 Zuschauern gespielt und vor 100 000, sein Job hat ihn in England ins Krankenhaus gebracht und in Singapur ins Gefängnis - ein Dieb, der Aftershave klaut, macht ihn nicht einmal mehr richtig wütend.


    Am nächsten Tag brachte er gerade eine Liste mit den gestohlenen Sachen zum Pfandleiher, als ein junger Mann mit einem DVD-Spieler hereinkam.


    Was er für das Gerät bekomme, wollte der Mann wissen.


    "Gar nichts, das ist nämlich meiner", antwortete Pfannenstiel. Der Bursche war ein Freund des Einbrechers, Pfannenstiel wiegt, bei 1,87 Meter Größe, 85 Kilo. Es dauerte nicht lange, bis er den Namen des Täters hatte.


    Pfannenstiel ist 29, Neuseeland die 19. Station seiner Karriere. Angefangen hat er beim 1. FC Kötzting in der Bayernliga. Toni Schumacher war damals sein Idol. Pfannenstiel träumte davon, in der Bundesliga zu spielen. Dreimal luden sie ihn zum Probetraining ein, in Bochum, Nürnberg und beim FC Bayern. Er hätte als Vertragsamateur anfangen können, aber er wollte zu den Profis, sofort. Nach einem Jahr Bayernliga wechselte er nach Malaysia, zum FA Penang.


    Es sollte ein Abstecher sein, ein Abenteuer; es war eine Entscheidung fürs Leben. Nach einem Jahr in Malaysia machte ihm der FC Wimbledon ein Angebot. Deren Trainer hatte ihn bei einem Freundschaftsspiel gesehen. Pfannenstiel hatte das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Nach einer kurzen Station bei Hatayspor in der Türkei reiste er nach England weiter. Nach sieben Monaten kaufte Nottingham Forest ihn aus seinem Vertrag heraus.


    So begann seine Odyssee.


    Pfannenstiel war 22, als der belgische Profi Jean-Marc Bosman vor dem Europäischen Gerichtshof triumphierte: Die Transfer- Regelungen innerhalb der Europäischen Union waren rechtswidrig, die Begrenzung der Plätze für ausländische Profis unzulässig. Jeder Spieler konnte fortan seinen Arbeitsplatz frei wählen. An diesem 15. Dezember 1995 begann die Zukunft des Fußballs.


    Von nun an durften Spieler nach Ablauf ihres Vertrags ohne Ablösesumme wechseln. Vereine, die sich einheimische Spieler nicht leisten konnten, kauften in Südamerika ein, in Afrika oder Osteuropa.


    Wer sich gegen die neue Konkurrenz behaupten will, muss spielen. In Nottingham saß Pfannenstiel meist auf der Bank. Also liehen ihn die Verantwortlichen zunächst an zwei englische Clubs und danach für vier Wochen nach Südafrika aus: Die Orlando Pirates suchten Ersatz, weil ihr Keeper verletzt war.


    Es folgten St. Truiden in Belgien, Hamrun Spartans auf Malta, Singapur. Dann zwei Clubs in Finnland, Wacker Burghausen, erneut Singapur. Was er zum Leben braucht, passt in eine Sporttasche: Sonnenbrille, Schuhe, Aftershave. Der neuseeländische Einbrecher hatte nicht mehr mitgenommen, weil nicht mehr da war.


    Seinem Traum, in der Bundesliga zu spielen, kam Pfannenstiel keinen Schritt näher. Im Gegenteil: Seit Bosman scheint sich die Bundesliga von ihm zu entfernen. Vor dem Urteil hätte er seine Karriere wahrscheinlich in Bielefeld beendet oder in Trier. :nein: :P "Das Leben als Profi wird immer härter", sagt er.


    Wer bestehen will, braucht einen Agenten, der den Markt für ihn beobachtet. Pfannenstiel beschäftigt zurzeit 30 Agenten, weltweit. Und er handelt selbst mit Spielern: Wenn er ein Talent entdeckt, gibt er dessen Lebenslauf an einen Agenten weiter, der versucht, den Jungen nach Europa zu verkaufen. Pfannenstiel vermittelt also jenen Nachwuchs, der ihn verdrängt. Wenigstens verdient er so an seinem Dilemma.


    Irgendwann bekam er das Angebot, Spielertrainer in Neuseeland zu werden. Inzwischen war er ein Auswanderungsprofi, der immer häufiger englische Brocken in seine Sätze einstreut. Er hatte gerade über drei Monate in Singapur im Gefängnis gesessen, wegen angeblichen Wettbetrugs. Es konnte nur besser werden.


    In der neuseeländischen Liga ist er der einzige Deutsche; wegen seines Namens kannte ihn bald die ganze Stadt. Drei Tage nach dem Einbruch rief ihn der Direktor einer Bank an: Draußen laufe ein Mann herum, der ein Adidas-Trikot mit der Nummer 1 anhabe. Auf dem Rücken stehe in großen Buchstaben Pfannenstiels Name. Es war der Tag, an dem Pfannenstiel seine Sonnenbrillen zurückbekam.


    Seine Begeisterung für Neuseeland ist durch diese Geschichte etwas abgekühlt. Am Ende der Saison darf er gehen, wohin er will. Mit der Bundesliga wird es wahrscheinlich nichts werden, auch wenn ihn die Sache mit dem Dieb noch einmal in die Zeitungen brachte.


    Vor zweieinhalb Jahren wurde in Vietnam eine Profiliga gegründet. Pfannenstiel kennt einen Kroaten, der dort spielt. Der Standard sei gar nicht so schlecht, hat der ihm erzählt.


    Es wäre seine 20. Station.


    http://www.spiegel.de

    jaja, deine mudder.

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