Badstuber sehe ich auch deutlich besser als LeckerKnoppers. Gegen Schweden hat er schlecht gespielt, keine Frage. Aber er hat oft genug auch schon recht gute Spiele gezeigt und war bisher insgesamt besser als Hummels bei Länderspielen. Bei der EM haben beide in der Vorrunde recht gut gestanden, im Spiel gegen Italien hat Badstuber beim 0:1 nicht optimal ausgesehen, Hummels sah da aber noch schlechter aus. Insgesamt halte ich von Hummels allerdings ziemlich viel, aber er ist genau wie Badstuber noch nicht perfekt, was angesichts ihres Alters auch nicht verwunderlich ist. In den letzten zwei Jahren ist Badstuber in 13 Länderspielen benotet worden. In zwei Spielen bekam er eine 4,5 oder schlechter. Da sehe ich jetzt noch keinen Beleg für, dass er nicht Nationalmannschaft kann.
Wo Deutschland beim Spiel gegen Griechenland ins Schwimmen kam, muss mir erst mal jemand erklären. Sie haben in der zweiten Halbzeit einen wunderschönen Konter gefahren, wo Schürrle in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren hat. Das wars dann aber auch schon. Das zweite Tor Griechenlands war ein Geschenk vom Schiedsrichter.
Dass die Perspektive bei Lahm + Co natürlich schneller schwindet, einen Titel zu gewinnen, ist klar. Ihr Problem war, dass als sie in jungen Jahren bei der Nationalelf waren, Deutschland fußballtechnisch am Boden lag. Die Früchte der verbesserten Nachwuchsförderungen waren noch nicht aufgegangen. Jetzt kommen erst seit ca. zwei bis drei Jahren verstärkt die hochveranlagten Talente hoch.
Man braucht sich nur das Durchnittsalter der Kader bei den letzten Turnier anschauen, dann sieht man, dass 2006 und 2008 die Kader aus perspektivischer Sicht noch überschaubar waren, ab 2010 aber die Früchte aus der Verbesserung der Nachwuchsförderung in die Kader Einzug erhielt. 2006 war das Durchschnittsaler 26,5, 2008 betrag es 26,9, also ungefähr gleich. 2010 sang dann der Schnitt beträchtlich um fast 2 Jahre auf 25,0, um dann letztes Jahr noch weiter auf 24,6 Jahre zu fallen. Man lag also um 2,3 Jahre niedriger im Vergleich zu 2008. Das sind Welten. Der große Umbruch erfolgte also erst ab der WM 2010.
Natürlich muss man an der Defensivarbeit feilen. Da sehe ich jedoch nicht nur die Verteigung im Fokus, sondern das ganze Team. Die Defensive findet schon vorne statt und das war Dienstag ein Teil des Dilemmas, dass man vorne die Bälle nicht mehr halten konnte, weil man nicht mehr konsequent genug war. Wenn man in der Offensive weiterhin so konsequent wie in den ersten 60 Minuten gewesen wäre, wäre es nie zu den vier Gegentoren gekommen. Es war auch nicht das Problem, dass man zu offensiv spielte. Bei den gefährlichen Szenen waren genug Spieler im Strafraum. Die waren allerdings häufig zu weit von Schweden entfernt. Das konnte man sehr gut beim Ausgleich erkennen.
Was sollte man aus dem Spiel gegen Schweden lernen? Als erstes natürlich muss die Konzentration auch bei vermeinlich sorgenfreier Führung hochgehalten werden. Man darf das Spiel auch dann nicht mehr innerlich abhaken, auch wenn es noch so gut läuft. Da müssten die letzten 30 Minuten eigentlich Lehre genug sein. Als zweites muss die Raumaufteilung in der Nähe des Strafraums verbessert werden. Es kann nicht sein, dass wie beim 4:4 genug Spieler im Strafraum sind, aber ein Schwede in der Nähe der 16-Meter-Linie nahezu ungedeckt steht und die anderen Spieler teilweise ohne Gegenspieler in der Nähe sich befinden. Des weiteren ist zu überlegen, wie man lange Bälle besser bekämpfen kann. Das 4:1 und das 4:2 sind beide nach langen Bällen in den Strafraum gefallen. Badstuber hat sich beide Male verschätzt, es fehlte jedoch jemand, der hätte unterstützen können. Wenn dieser fehlt, muss ein Badstuber halt so stehen, dass der Ball nicht hinter seinem Rücken einen Gegenspieler erreichen kann. Und nicht zuletzt müssen die Sechser auch angehalten werden, auch mal defensiv ein Zeichen zu setzen, was sie durchaus auch können.
Bei Neuer mache ich mir jetzt keine Sorgen. Das war seit über zwei Jahren das erste schlecht bewertete Länderspiel von ihm. Das sollte ihm gestattet sein. Trotzdem sehe ich natürlich eine Adler über kurz oder lang in der Nationalelf. Aber sollte Neuer jetzt nicht in eine Krise reingeraten oder sich verletzen, dürfte sich an der Nummer 1 im Tor nichts ändern.