Notfalls loche ich selbst wieder ein

  • Notfalls loche ich selbst wieder ein


    Bereits in der dritten Minute des Hinspiels brachte Benjamin Lense im Bochumer Ruhrstadion mit seinem Kopfballtreffer zum 1:0 die Arminia auf die Gewinnerstraße. Einen Sieg – es muss ja nicht unbedingt wieder ein 3:0 sein – wünscht sich der Defensiv-Allrounder auch für den Sonntags-Abstiegskrimi (Anstoß 17.30 Uhr) auf der Alm, würde der DSC (36 Punkte) doch so den VfL Bochum (38) am drittletzten Bundesliga-Spieltag wieder überflügeln. Rainer Klusmeyer unterhielt sich mit dem im hessischen Lich geborenen Spieler.


    An Ihren 24. Geburtstag am 30. November 2002 werden Sie sich wahrscheinlich Ihr Leben lang erinnern können .
    BENJAMIN LENSE: Und ob. An dem Tag hat einfach alles gepasst, das war eine dieser Geschichten, wie sie nur der Fußball schreibt: Ich schoss mein erstes Bundesligator, mit dem 3:0 in Bochum schafften wir unseren ersten Auswärtssieg. Eine schöne Sache, aber längst wieder Schnee von gestern.


    Nach dem Sieg in Bochum sind Sie, mehr noch als bei Ihren Einsätzen zuvor, mit Arne Friedrich verglichen worden, der von Bielefeld aus seine Nationalmannschafts-Karriere startete. LENSE: Anfangs war das ja ganz nett. Aber ich habe gleich gesagt, dass Arne auf einem anderen Level spielt. Überdies ist es wichtig, sein eigenes Spiel zu finden und nicht irgendjemanden zu kopieren. Ich habe auch kein besonderes Vorbild, wenngleich ich Typen wie den früheren Dortmunder Julio Cesar immer gerne gesehen habe. Der hat die gewisse Ruhe am Ball, die mir in der ein oder anderen Situation fehlt.


    Vergleichbar mit Arne Friedrich ist nicht nur Ihr sportlicher Werdegang – immerhin stehen sie bereits im Perspektivteam für die WM 2006 –, sondern auch der private. Friedrich stammt aus dem beschaulichen Bad Oeynhausen, sie aus dem ähnlich großen Städtchen Lich. LENSE: Dass ich nach nur eineinhalb Bundesliga-Einsätzen für das Perspektivteam nominiert wurde, lässt mich schmunzeln und wirft eher ein trübes Licht auf den deutschen Fußball. Was die Beschaulichkeit von Lich angeht: Dort bin ich geboren, als Junge gelebt habe ich in ländlicher Idylle. In Hattenrod, handgezählte 463 Einwohner klein, darunter meine Familie mit Oma und Tante. Und im Nachbarort Reiskirchen, bekannt durch die Autobahnstaus am Reiskirchener Dreieck, der Rest der Verwandtschaft.


    Gabs in einem solchen Dörfchen Schule und Fußballverein? LENSE: Nein, zur Grundschule gings nach Reiskirchen mit dem Bus, mit dem Kicken bin ich mit fünf Jahren im Nachbardorf bei der JSG Harbach-Saasen angefangen. In der C-Jugend bin ich zum VfR Lich gewechselt, danach zur Frankfurter Eintracht.


    Wie sehr verändert und prägt einen jungen Menschen diese gravierende Veränderung der Umgebung, weg vom Dorf, hin zur Weltmetropole Frankfurt? LENSE: Von Frankfurt habe ich fast nur die Eintracht-Sportanlagen kennen gelernt. Früh morgens musste ich mit dem Bus zum Gymnasium nach Gießen, von dort hat mich viermal in der Woche mein Vater Rudi abgeholt und zum Training nach Frankfurt kutschiert. Abends waren wir dann so gegen 21 Uhr wieder zu Hause – es ist schon enorm, wie viel Zeit die Familie in meinen Sport investiert hat. Viel mehr Erinnerungen als an Frankfurt habe ich allerdings an Dresden. Man nimmt eine Stadt ganz anders wahr, wenn man dort wohnt.


    Was verbindet Sie denn heute noch mit Dresden und Dynamo? LENSE: Ein Großteil meiner Freunde spielt noch heute dort. Mein älterer Bruder Sascha, mit dem ich ein Jahr lang bei Dynamo in einer Mannschaft gespielt habe, ist in Dresden heimisch geworden, hat da mit seiner Frau eine Boutique aufgemacht.


    Warum kehrten Sie dann trotz dieser intensiven Bindung zur Stadt Dresden so schnell nach Hessen zurück? LENSE: Zum einen war es ganz schön, die alten Freunde wieder zu sehen. In erster Linie aber waren sportliche Gründe ausschlaggebend. Dynamo spielte nur noch Oberliga, Darmstadt 98 hat mir ein Regionalliga-Angebot gemacht.


    Es fällt auf, dass mit Ihren letzten Umzügen die Orte immer kleiner wurden: Von Frankfurt über Dresden und Darmstadt nun nach Enger, also wieder eine Kleinstadt wie Lich. LENSE: Das ist purer Zufall. Ich hatte keine Lust, in Bielefeld wochenlang im Hotel zu wohnen, stand also unter Zeitdruck und habe mich ziemlich spontan für die Altbauwohnung in Enger entschieden. Mittlerweile bin ich sehr froh, genau diese Umgebung gewählt zu haben. Der Ort ist schön überschaubar, im Stammlokal „Penne“ des Arminia-Fanclubs „Almgläubige Enger“ gibts lecker Mettbrötchen, meine Wohnung ist wirklich sehr schön – nur mit seiner Beschreibung, von Enger sei man in einer Viertelstunde am Trainingsgelände, hat mich mein Vermieter ganz schön gelockt.


    Wenn die Fahrt zum Training so lange dauert, bleibt umso weniger Zeit für Hobbys, oder? LENSE: Als Tennis- oder Basketballfan finde ich schon mal die Gelegenheit zu einem Spielchen, der Basketball liegt jedenfalls immer im Auto griffbereit. Zu Hause ziehe ich mir gerne ein paar DVD‘s rein. Ich bin da mehr der Klassiker-Typ, stehe auf Musik von R.E.M, Bob Dylan oder Michael Jacksons „Thriller“, bevorzuge Filme wie Der Pate oder Casablanca.


    Beim Wechsel nach Bielefeld haben Sie angekündigt, nebenher Uni-Kurse belegen zu wollen. LENSE: Das hat sich leider in der Praxis nicht realisieren lassen, weil einfach die Zeit fehlt. Prinzipiell würde ich etwas in Richtung Geschichte sehr gerne machen, auch wenn das eher brotlose Kunst wäre.


    Zurzeit werden Sie sich mit solchen Themen sowieso nicht beschäftigen, gilt Ihre Konzentration ausschließlich dem bevorstehenden Abstiegs-Endspiel am Sonntag gegen Bochum. Im Hinspiel haben Sie dafür gesorgt, dass VfL-Rakete Delron Buckley nicht zündet. Wer wird diesmal Ihr Gegenspieler? LENSE: Das ist völlig egal. Ob Buckley oder Dariusz Wosz – ich nehme es, falls ich mit meiner Verletzung überhaupt mitspielen kann, wie es kommt. Wichtig ist allein, dass wir gewinnen. Notfalls loche ich eben selbst wieder ein. Wir müssen mal wieder was für uns selbst tun, nachdem wir in den letzten Wochen vielleicht ein bisschen zu sehr darauf gehofft haben, dass die anderen für uns spielen.


    Wir gewinnen 2:1 – weil wir die bessere Mannschaft sind“ Sie haben in dieser Serie für das Stadionheft „Alm-Post“ einmal einen kompletten Spieltag tippen dürfen und dabei das Arminia-Resultat, ein 1:0 gegen den VfL Wolfsburg, exakt richtig vorhergesagt. Was tippen Sie für Sonntag? LENSE: Wir gewinnen 2:1.


    Und warum?
    LENSE: Weil wir die bessere Mannschaft sind.


    Und weil die Unterstützung der Fans hilft? LENSE: An die Fans braucht man in einer solchen Situation nun wirklich nicht zu appellieren. Jeder weiß, um was es geht, und wird dementsprechend alles geben. Natürlich auch auf den Tribünen.


    Ihr nächster Geburtstag fällt auf einen Sonntag. Was wird Benjamin Lense am 30. November 2003 machen? LENSE: Entweder er bestreitet mit Arminia eines der beiden Sonntagsspiele der Bundesliga. Oder er guckt sich mit ein paar Freunden die Erstligakonkurrenten bei eben diesen Sonntagsspielen im Fernsehen an.


    BILD: Sein Freund, der Basketball: Benjamin Lense hat bei 1,90-m-Länge keine Probleme, einen Dunking zu setzen. FOTO: ANDREAS ZOBE


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  • Irgendwie ein bißchen persönlicher als so manches andere. Und dann auch noch handgezählte 463 Einwohner - Herz, was begehrst Du mehr....?

  • Congstar Freundschaftswerbung
  • Zitat

    Original von piplica
    stand das nicht heute im HK?


    greetz, piplica


    Also es stand zumindest in der NW. Das meiste über Arminia steht in der NW, oder auch Westfalenblatt. Lokal begrenzt steht auch in der BILD mehr über Arminia als wo anders. Das war aber mal häufiger.

  • Zitat

    Original von Duke
    Jap stand im HK. Der Sportteil von der NW und dem HK sind ja gleich. Bis auf den Lokalsport natürlich... ;)


    Also soweid ich weiß werden in ganz OWL die Beiträge über Arminia vom Westfalenblatt geschrieben und an die umliegenden Zeitungen weiter gegeben. Zumindest die Landeszeitung und die NW haben immer identische Fotos und Berichte drin!

  • Congstar Freundschaftswerbung
  • hmm...keine Ahnung, aber meinste wirklich dass das WB die Berichte und Fotos für HK/NW schreibt?
    Ich denke mal nicht...


    greetz, piplica

  • Zitat

    Original von piplica
    stand das nicht heute im HK?


    greetz, piplica


    Was ist denn HK für eine Zeitung. Entweder kenne ich sie nicht oder ich muss mich wohl schämen, wenn ich die Antwort lese. Komme jetzt echt nicht drauf,
    was HK für eine Zeitung ist.


    gruß Indernet

  • Zitat

    Original von DSC4ever


    Also soweid ich weiß werden in ganz OWL die Beiträge über Arminia vom Westfalenblatt geschrieben und an die umliegenden Zeitungen weiter gegeben. Zumindest die Landeszeitung und die NW haben immer identische Fotos und Berichte drin!


    die neue westfälische ist diejenige zeitung, die die inhalte für überregionales und sport an die regionalzeitungen liefert, u.a. ans haller kreisblatt (HK) und die lippische landeszeitung. das westfalenblatt hat da gar nichts mit zu tun! ;)

    jaja, deine mudder.

  • Dieses Interview ist wirklich sehr interessant und macht mir persönlich Benjamin Lense äußerst sympathisch. Er ist realistisch genug, um auf dem Teppich zu bleiben, bescheiden, menschlich und nimmt die Welt um sich herum im Gegensatz zu manch anderem Profi noch wahr. Besonders gut hat mir der folgende Satz gefallen:


    Zitat

    Original von Ewu
    Der Ort ist schön überschaubar, im Stammlokal „Penne“ des Arminia-Fanclubs „Almgläubige Enger“ gibts lecker Mettbrötchen [...]


    Was mir zweierlei zeigt: Zum einen ist der Typ absolut nicht abgehoben - ich erinnere mich da an so gewisse Typen, die man immer nur in irgendwelchen mondänen Schicki-Micki-Lokalitäten anzutreffen pflegt. Und zum anderen kennt und nennt er hier einen Fanclub, was beweist, daß er sich nicht von den Fans abgrenzt und offenbar auch nicht den Kontakt meidet, wie es auch viele Profis gerne tun. Ich erinnere mich übrigens noch sehr gut daran, wie damals ein so beliebter Spieler wie Jockel Bode gefragt wurde, welche Fanclubs er nennen könne. Er wußte nur eine einzige Antwort, und die war auch noch falsch, weil er die Namen zweier Fanclubs durcheinandergeschmissen hatte. Anscheinend war das Interesse für die Fans in diesem Fall nicht besonders groß. Bei Benjamin Lense scheint das offenbar anders zu sein.


    Ciao, Toto

    Zweite Liga, wir kommen!


    "Vielleicht wäre das Spiel anders ausgegangen,
    wenn wir vorne ein Tor geschossen hätten."
    [Manuel Neuer nach dem 0:0 der U-21 gegen Spanien]


    "Wenn man sich mit dem Ball bewegt, ist das das eine,
    wenn man sich ohne Ball bewegt, ist das das andere."
    [Jürgen Klinsmann, zum damaligen Zeitpunkt Bundestrainer]

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