INTERVIEW MIT BENNO MÖHLMANN
"Ansgar Brinkmann ist kein Leader, sondern Individualist"
Trotz allen Einsatzes konnte Benno Möhlmann den sechsten Bielefelder Bundesliga-Abstieg nicht verhindern. Auch er trage Mitschuld am Scheitern, gesteht der Arminen-Coach im Interview mit SPIEGEL ONLINE. Entscheidender sei jedoch gewesen, dass einige Spieler sich zu wenig in den Dienst der Mannschaft gestellt hätten.
SPIEGEL ONLINE: Herr Möhlmann, was war der entscheidende Grund für Bielefelds Abstieg aus der Bundesliga?
Benno Möhlmann: Man muss die Ausgangssituation sehen. Wir sind von allen als Absteiger Nummer eins gehandelt worden. Es war eine große Leistung, so lange den Glauben aufrecht erhalten zu können, die Klasse zu halten. Diese Mannschaft hat zwei Drittel der Saison am obersten Limit gespielt. Leider haben wir in der Endphase nicht mehr die nötige Stabilität gehabt. Die Ausfälle von Stammspielern waren schwer zu kompensieren.
SPIEGEL ONLINE: Wen meinen Sie konkret?
Möhlmann: Marcio Borges stand die letzten Partien der Verteidigung nicht mehr zur Verfügung. Im Mittelfeld wogen die Ausfälle von Christoph Dambrowski und Rüdiger Kauf schwer. Dazu kommt, dass Mamadou Diabang, nachdem er beim VfL Bochum unterschrieben hatte, nicht mehr die entsprechende Leistung brachte. Auch Ansgar Brinkmann war zu oft verletzt, um konstant gute Spiele zu bringen.
SPIEGEL ONLINE: Dass Artur Wichniarek zu Hertha BSC gehen würde, war schon vor der Saison klar. Hat nicht auch dies Unruhe in den Kader gebracht?
Möhlmann: Artur hatte bis zum Schluss eine hundertprozentige Einstellung, was seine zwölf Saisontreffer letztlich auch belegen. "Momo" Diabang hatte bis zum 26. Spieltag zehn Tore geschossen und bis dahin wesentlich dazu beigetragen, dass wir mithalten konnten. Diese Mannschaft hat bis an ihr Optimum gespielt.
SPIEGEL ONLINE: Was war der Knackpunkt, dass die Arminia ab dem 29. Spieltag nur noch einen Punkt holte?
Möhlmann: Es waren mehrere Dinge. Auch ich habe Fehler gemacht und hätte dem Wechsel von Erhan Albayrak im Winter zu Fenerbahce Istanbul nicht zustimmen dürfen. Zudem hatten wir vor der Saison letztlich auch nicht das nötige Geld, um uns zu verstärken. Nehmen wir Hannover 96: Die sind im Vergleich zu uns souverän aufgestiegen und haben den Kader dann mehrmals verstärkt. Das ist in Bielefeld nicht möglich, was ich als Trainer akzeptieren muss. Wir haben der Region unter diesen Vorraussetzungen in einer schwierigen Zeit ein Jahr Bundesliga geschenkt.
SPIEGEL ONLINE: Der Abstieg war also vorhersehbar?
Möhlmann: Man musste damit rechnen. Es war allerdings meine Zielsetzung, über mehrere Jahre in der Bundesliga zu bestehen. Nur so kann der Verein eine fortschrittliche Struktur schaffen. Das ist jetzt nicht gelungen. Insofern ist es nicht nur für die Mannschaft, sondern für den gesamten Verein eine Niederlage.
SPIEGEL ONLINE: Hätten Sie bei einem Nichtabstieg personell nachrüsten können?
Möhlmann: Wir haben auch in diesem Jahr unseren Etat nicht nur für neue Spieler genutzt. Alleine fünf Millionen Euro Altlasten wurden abgetragen. Zudem haben wir eine Million Euro für unser Stadion abbezahlt. Den Weg, uns strukturell zu gesunden, wären wir gerne weiter gegangen. Das ist mit dem Zweitliga-Etat in dieser Form nicht mehr möglich. So müssen wir, wenn wir wieder aufsteigen, da ansetzen, wo wir jetzt sind.
SPIEGEL ONLINE: Jetzt fällt wieder einmal das Stichwort "Fahrstuhlmannschaft". Ist es für Arminia Bielefeld auf lange Sicht möglich, in der Bundesliga zu bestehen?
Möhlmann: Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, mit einer soliden Vereinspolitik, eine konstruktive Basis zu schaffen, um langfristig im Profi-Fußball bestehen zu können. Es ist klar, dass man als kleiner Verein immer zwischen den beiden Ligen steht.
SPIEGEL ONLINE: Fehlte der Mannschaft in dieser ein Leitwolf?
Möhlmann: Der Kapitän Bastian Reinhardt hat sich super entwickelt und sich über seine Leistung als Führungsspieler in Szene gesetzt. Auch Detlev Dammeier und Wichniarek sind Führungsspieler gewesen. Fatmir Vata hat sein Potential nicht ausgeschöpft. Brinkmann ist kein Leader, sondern Individualist.
SPIEGEL ONLINE: Wann fingen Sie an, konkret für die Zweite Liga zu planen?
Möhlmann: Erst seitdem der Abstieg feststeht. Konkrete Entscheidungen können allerdings erst nach dem 11. Juni, wenn wir die Lizenz haben, fallen. Ich erwarte, dass der Verein alle finanziellen Möglichkeiten ausschöpft, dass die Leistungsträger bleiben können. Zudem bin ich auf der Suche nach zwei neuen Stürmern.
SPIEGEL ONLINE: Gab es nach dieser turbulenten Saison eine Abschlussfeier?
Möhlmann: (lacht) Eine Party haben wir sicher nicht gefeiert. Artur Wichniarek hat am Samstagabend ein Abschiedsessen organisiert. Vergangenen Sonntag habe ich die Spieler samt Familie zum Brunch eingeladen. Da habe ich sie dann offiziell in die Sommerpause verabschiedet. Die Stimmung war zurückhaltend und gefasst.
Das Interview führte Martin Sonnleitner