ZitatAlles anzeigenVerschenkt, verramscht, verkäuflich
Der Transfermarkt bricht zusammen
Von PETER WENIG
Elf Millionen Mark zahlte Bayern dem HSV vor zwei Jahren für Niko Kovac. Nach 34 Spielen für den Meister geht der 31 Jahre alte Kroate ablösefrei zurück in seine Geburtsstadt Berlin
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, drückte es sehr elegant aus: „Den Spieler Niko Kovac haben wir günstigst abgegeben.“ Er hätte auch sagen können: „Wir haben ihn verschenkt.“ Ablösefrei wechselt der kroatische Nationalspieler nach Berlin. Der Kovac-Deal ist symptomatisch für die aktuelle Wechselbörse.
Interview
Reiner Calmund:
Wir müssen ran
mit der Axt
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Angesichts eines Schuldenbergs von 600 Millionen Euro und dramatisch gesunkener TV-Einnahmen ist der Transfermarkt regelrecht zusammengebrochen. Elf der 18 Bundesliga-Klubs haben bislang noch keinen Cent Ablöse in neue Spieler gesteckt – darunter sogar Borussia Dortmund.
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Die übrigen sieben Klubs (Bayern, HSV, Schalke, Wolfsburg, 1860 München, Kaiserslautern, Hannover) investierten zusammen gerade einmal 17 Millionen Euro. Zum Vergleich: In der vergangenen Saison zahlten die Vereine 102,3 Millionen Euro für neues Personal, im Rekordjahr 2001 gar 150 Millionen Euro.
Auch Weltmeister Lucio (25) steht bei Leverkusen zum Verkauf. Doch ein konkretes Angebot gibt es für den brasilianischen Abwehrspieler nicht
Vorbei. Das neue Liga-Motto heißt: Geiz ist geil.
Liebend gern würden die meisten Bundesliga-Klubs Profis aus laufenden Verträgen zu Dumping-Preisen oder sogar umsonst abgeben, um nur die Gehaltskosten zu reduzieren. Bei der DFL wird geschätzt, dass die Klubs ihre Kader im Schnitt um 20 Prozent abbauen werden.
Der Personalabbau erfolgt ohne Rücksicht auf Geldvernichtung.
Die Bayern etwa zahlten für Niko Kovac vor zwei Jahren noch 11 Millionen Mark an den HSV. Das Geld ist futsch. Doch durch den ablösefreien Wechsel spart der Rekordmeister immerhin das jährliche Grundgehalt von 800 000 Euro.
In Einzelfällen werden Spielern sogar Abfindungen angeboten, um sie irgendwie loszuwerden.
Für Leverkusens Manager Reiner Calmund ist der Zusammenbruch des Transfermarktes so bitter wie für Hunderttausende Klein-Anleger der Aktien-Crash vor zwei Jahren. Denn ausgerechnet in dieser Krise muss der Fast-Absteiger zum wirtschaftlichen Überleben den Etat zusammenstreichen. „Und zwar mit der Axt“, wie Calmund der BILD am SONNTAG sagte.
Für den radikalen Sparkurs will der Manager nun dringend Spieler abgeben. Allein: Es finden sich keine Abnehmer.
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Lediglich Ojigwe wurde Calmund bislang los – ohne einen Cent Ablöse von Mönchengladbach zu kassieren. Ein Verkauf von Lucio könnte die Probleme auf einen Schlag lösen.
Doch selbst der Kurswert des Weltmeisters ist extrem gefallen. Nach der WM hatte Bayer noch Offerten aus Spanien und Italien zwischen 35 und 40 Millionen Euro für den Brasilianer – jetzt greift selbst bei 20 Millionen Euro niemand zu.
„Auch international ist auf dem Transfermarkt ruhige See“, bedauert Calmund. Die Flaute ist kein Wunder.
Denn wirtschaftlich ist die Situation im Ausland oft noch dramatischer – vor allem im Süden Europas. „Die Lage ist so prekär wie noch nie“, gibt Jorge Valdano, Sportdirektor des entthronten Champions-League-Siegers Real Madrid zu.
Insgesamt stehen die spanischen Vereine mit der unvorstellbaren Summe von 1,625 Milliarden Euro in der Kreide.
Der HSV hoffte, dass aus der Leihgabe Marcel Ketelaer (25) ein Kaufobjekt wird. Verspekuliert, Gladbach will ihn nicht behalten
Da sind gigantische Transfers wie noch vor zwei Jahren, als sich etwa Real für 72 Millionen Euro einen Zidane gönnte, nicht mehr drin.
Für klamme deutsche Klubs hat dagegen der Crash auch seine Vorteile. Andreas Rettig, Manager des 1. FC Köln, etwa nutzte die Gunst der Stunde und verpflichtete gleich sieben Spieler ohne Ablöse, darunter auch Nationalspieler Jörg Heinrich von Borussia Dortmund.
Freiburgs Trainer Volker Finke beobachtet entspannt den Markt: „Es besteht überhaupt keine Eile, da im Juli sowieso viele Profis arbeitslos sein werden.“ Was auch die Gehälter weiter nach unten drücken wird.
Dass die Zeiten der großen Kasse für die Durchschnittsprofis vorbei sind, geben inzwischen auch die Spielerberater zu – natürlich nur intern, um ihre Klientel nicht zu verprellen.
Ein bekannter Berater berichtete BamS: „Wer jetzt einen Vertrag abschließt, muss mit Gehaltseinbußen von 50 bis 60 Prozent rechnen. In der Zweiten Liga sind inzwischen Grundgehälter von 5000 Euro üblich.“
Keine Frage: Für die Millionäre in kurzen Hosen werden die Zeiten rauher.
Auch für einen wie Marcel Ketelaer, noch vor drei Jahren als große Nachwuchs-Hoffnung im deutschen Fußball gehandelt. Nach einem Jahr auf Leihbasis bei Borussia Mönchengladbach, wo man die Kaufoption verstreichen ließ, kehrt er nun zum HSV zurück.
Zwangsweise. Eigentlich wollte ihn in Hamburg niemand mehr haben.
Immerhin: Ketelaer hat noch einen Job. Selbst bekannte Profis wie Georg Koch (Kaiserslautern) oder Frank Verlaat (Bremen) warten dagegen dringend auf ein neues Angebot.
Die Spielergewerkschaft VdV hat sich auf die Zeitenwende Stempeln statt Kicken eingestellt: Zum Service zählt jetzt ein Trainingslager für arbeitslose Profis.
auch wenn ich das in der Bild gefunden habe, stimmt vieles. Die Jahr muss man Geduld haben. Die Spieler werden noch viel billiger!!!!!