SZ: "Pokern bis zum Gehtnichtmehr"


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    Pokern bis zum Gehtnichtmehr


    Bundesligisten entwickeln neue Zahlungsmodelle, um ihre Kader den Verhältnissen anzupassen

    Köln – Was soll man dazu noch sagen? Am besten möglichst wenig. „Wir haben kein Interesse daran, die Modalitäten offen zu legen“, sagt Ilja Känzig, Manager von Bayer Leverkusen, und klingt müde. Gemeint ist der Transfer von Pascal Ojigwe, der in der vergangenen Woche zu Borussia Mönchengladbach transferiert wurde. Ein schönes Thema ist das an der BayArena nicht. Denn für den 26-jährigen Nigerianer war trotz laufenden Vertrags nicht nur keine Ablösesumme fällig, Bayer bezahlte ihm sogar noch einen Abstand von einer Million Euro, damit er den Klub verlässt.


    Auch Ojigwes Berater Michael Becker hält sich zu diesem Thema bedeckt: „Halten Sie mich da raus.“ Die schlechte Konjunktur soll schließlich nicht noch weiter zerredet werden. Doch auch so liegt es auf der Hand, dass der Transfermarkt in noch vor zwölf Monaten ungeahnter Agonie liegt. Zwar wechselten laut einer Aufstellung des kickers bereits 75 Profis die Klubs, doch nur in elf Fällen überwies der neue Verein dafür Geld an den alten. Bislang wurden lediglich 17,5 Millionen Euro investiert, zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres waren es noch 80,6 Millionen Euro.

    Die Situation ist festgefahren, weil fast alle Klubs ihre Kader reduzieren und Personalkosten senken wollen. Mit 559 Millionen Euro sind die Klubs nach Angaben der Deutschen Fußball Liga (DFL) verschuldet. Neue Spieler werden meist erst verpflichtet, wenn vorher Stellen abgebaut wurden. So ist inzwischen selbst beim Wechsel aus laufenden Verträgen der Verzicht auf Ablösezahlungen üblich, wie etwa bei Niko Kovac’ Transfer vom FC Bayern zu Hertha BSC. Wenn nicht sogar Abstandssummen wie im Fall Ojigwe fällig werden, um die Kosten zu senken. In der Bundesliga hat die Deflation eingesetzt. Der neue Geiz ist angesichts des Schuldenstandes bei zugleich sinkenden Einnahmen notwendig.

    „Es gibt die psychologische Barriere, dass noch keine Klarheit über die Fernsehgelder besteht“, sagt Känzig. Größere Planungssicherheit würde etwas Bewegung in den Transfermarkt bringen, die Panik nach einem missratenen Saisonstart wird im Herbst mit Sicherheit bei einigen Blockaden lösen. Also wird sich das Transfergeschäft, dessen Höhepunkt in den Vorjahren im Frühling lag, nach hinten verschieben. Bis dahin ist es für Spieler und Berater ein Nervenspiel. „Es wird bis zum Gehtnichtmehr gepokert“, sagt Känzig, „die Verhandlungen ziehen sich wie Kaugummi.“

    Bayer Leverkusen ist von der Situation dramatisch betroffen und muss sich wie ein Anleger am Neuen Markt zu Zeiten des großen Kurssturzes vorkommen. Die Mannschaft gründlich umbauen und gut 25 Millionen Euro sparen will der Klub. Noch vor Jahresfrist wäre das mit einem oder zwei Transfers leicht möglich gewesen. Für Bernd Schneider gab es damals ein Angebot des FC Barcelona, der 15 Millionen Euro zu zahlen bereit war. Der brasilianische Verteidiger Lucio wurde sogar mit 40 Millionen Euro gehandelt. Angesichts der Überschuldung in Spanien und Italien sind die Hoffnungen auf solche Beträge geplatzt.

    Viele Spieler haben zu guten Zeiten ihre Kontrakte abgeschlossen oder verlängert, so dass ein Insider von „Hammer-Verträgen“ spricht. Das gilt auch für Borussia Dortmund, wo es nur dann Verpflichtungen geben wird, wenn sich etwa ein Abnehmer für den erratischen Brasilianer Amoroso findet. „Sonst bliebt unser Kader unverändert“, kündigte Manager Michael Meier dieser Tage an. Auch er kennt Transfers à la Ojigwe, bereits im Winter lieh Borussia den Mittelfeldspieler Sunday Oliseh an den Nachbarn VfL Bochum aus und zahlt einen Teil seines Gehaltes weiter. Dass derlei Modelle zur Mode des Sommers werden, möchte verständlicherweise niemand kommentieren, doch Kandidaten dafür gibt es ausreichend – vor allem in Leverkusen. Ob Jan Simak, Christoph Preuß oder der Brasilianer Franca, Bayer hat etliche Optionen, in Weggänge zu investieren.


    Christoph Biermann
    http://www.sueddeutsche.de

  • Dieses Theam sollten sich mal nen paar Leute hier anschauen!!!!!!!!!!! da steht doch alles drin!!

    Never argue with an idiot, he'll just drag you down to his level and beat you with experience


    Managerspiele haben Menschen glauben lassen sie könnten einen Bundesligaverein führen.

  • Nur gut, dass wir die Größenwahnphase mit Irrwitzgehältern und Fantasietransfersummen hinter uns haben. Sonst müssten wir nämlich genau jetzt diverse potenzielle Transfers von zu teuer eingekauften Spielern betriebswirtschaftlich abschreiben - und auch noch Ausfälle durch Abstieg sinkende Fernseherlöse verkraften. Dann hätte es wirklich geheißen: "Nächstes Jahr auf Asche!" :D


    Gruß
    Hein M

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  • Sueddeutsche
    INTERVIEW DER WOCHE
    Thomas Hüser, 32,
    Betreuer des 1. FC Arbeitslos



    SZ: Herr Hüser, diese Woche hat die Spielergewerkschaft vdv, deren Geschäftsführer Sie sind, in der Sportschule Duisburg-Wedau ein Trainingsangebot für arbeitslose Fußballer gestartet. Wie war die Resonanz?



    Thomas Hüser: Für die Urlaubszeit ganz ordentlich. Es sind acht Leute gekommen, im Juli rechnen wir mit 20 bis 30 Spielern. Den einen oder anderen werden die Fernsehzuschauer kennen. Anfragen aus der vierten Liga haben wir zurückgewiesen.



    SZ: Was wird den Spielern geboten?



    Hüser: Demnächst vier Einheiten pro Woche von dienstags bis donnerstags unter der, übrigens unentgeltlichen, Leitung des sehr qualifizierten Trainers Wolfgang Rolff. Nichtmitglieder müssen für das schöne Sportschulflair zahlen – 30 Euro inklusive Frühstück.



    SZ: Sie haben den Spielern Diskretion zugesagt. Gibt es da eine Scheu?



    Hüser: Ja, die gibt es.



    SZ: Fußballprofi ist doch ein öffentlicher Beruf. Da weiß eh jeder, wer keinen Verein hat.



    Hüser: Natürlich ist Geheimtraining eine Illusion. Aber wir wollten einfach nicht so großen Rummel, damit die Spieler seriös trainieren können. Trotzdem hat es die vdv erstmals in ihrer Geschichte mit Paparazzi zu tun gehabt. Die haben sich schließlich damit begnügt, den Trainer zu fotografieren und von den Spielern nur die Beine.



    SZ: Die Rezession ist auch im Fußball dramatisch. Wie viele arbeitslose Profis gibt es inzwischen?



    Hüser: Genau kann ich das nicht sagen, die werden bei den Landesarbeitsämtern ja unter Akrobaten geführt. Aber die Quote ist inzwischen ähnlich hoch wie in der Gesamtbevölkerung – so um die zehn Prozent.



    SZ: Beobachten Sie besondere psychische Probleme bei vereinslosen Profis, die es eigentlich gewohnt sind, in einer großen Gruppe zu leben?



    Hüser: Bei den Jungen weniger, die sind höchstens ein bisschen hektisch. Bei den Älteren, die so Anfang dreißig sind, ist oft eine Melancholie zu beobachten. Die sind sehr nachdenklich. Auf Anfrage stellen wir daher einen Mentaltrainer zur Verfügung.



    SZ: Sie bieten parallel zum Training Berufsberatungen an und arbeiten mit Personalberatungsfirmen zusammen. Sagen Sie Spielern auch: Es hat keinen Sinn, hör’ lieber auf mit dem Fußball, bereite dich auf ein anderes Leben vor?



    Hüser: Das tun wir. Nichts wird so oft hinaus geschoben wie das Karriere-Ende. Viele versuchen lieber, irgendwo in der Regionalliga unterzukommen als in die normale Berufswelt einzutauchen. Aber gerade die älteren Spieler werden in der Regionalliga diskriminiert, seit die Führung in Frankfurt (DFL und DFB, die Red.) verfügt hat, dass mindestens vier Spieler auf dem Spielberichtsbogen unter 24 und einer sogar unter 21 Jahre alt sein müssen. Da sage ich schon mal: Alter, vergiss es, wo willst du noch unterschreiben?



    SZ: Und viel zu verdienen ist in der maroden Regionalliga auch nicht mehr.



    Hüser: Stimmt, es wird immer weniger. Die Regionalliga steht für Würstchen mit Kartoffelsalat. Sogar Nationalspieler Christoph Metzelder hat bei Preußen Münster vor drei Jahren nur einen Vertrag über 325 Euro gehabt.



    SZ: Gibt es für Ihr Projekt denn Unterstützung von der Deutschen Fußball-Liga oder vom DFB?



    Hüser: Die finden das prima, aber Geld geben sie keins. Außerdem soll erstmals auch für arbeitslose Spieler nach Schließung der Wechselbörse am 31. August keine Ausnahme mehr gelten. Die sind dann mindestens bis zum Winter arbeitslos. Das ist verheerend, und ich könnte mir denken, da werden sogar die Klubs zum größten Verbündeten der Gewerkschaft.



    SZ: Man könnte ja den 1. FC Arbeitslos außer Konkurrenz in der Regionalliga mitspielen lassen.



    Hüser: Ich werde dem DFB gleich mal ’ne Mail schicken. Im Ernst: Das können wir vergessen, das ist nicht praktikabel. Die Truppe soll ja möglichst nicht lange zusammenbleiben. Aber Testspiele – die wären realistisch.



    SZ: So wie in Frankreich, wo Ihr Geschäftsführer- Kollege Jörg Albracht die Idee entdeckt hat?



    Hüser: Ja, das ist eine tolle Sache. In Frankreich veranstalten sie sogar regelmäßig Turniere für arbeitslose Profis, zu denen dann Agenten und Scouts eingeladen werden. Das hilft, den Arbeitsmarkt transparenter zu machen.



    SZ: Dafür wird in Deutschland ein einziger Stützpunkt in Duisburg kaum ausreichen. Müssen Sie Trainingscamps nicht in allen Regionen anbieten?



    Hüser: Das ist das Ziel. Aber wir dürfen unsere Ressourcen nicht überfordern. Bislang haben wir zwei Sportartikel-Hersteller und ein Reisebüro als Sponsoren gewonnen und für den Sommer 15 000 Euro aus Mitgliedermitteln zur Verfügung. Das ist nicht viel für den 1. FC Arbeitslos. Aber schlimmstenfalls ziehen wir die Sache bis Dezember durch. Ich hoffe, wir etablieren das Projekt, aber nicht zu lange.



    Interview: Jörg Marwedel

  • Zitat

    Original von KSV-Jens
    Hüser: Genau kann ich das nicht sagen, die werden bei den Landesarbeitsämtern ja unter Akrobaten geführt.


    LOL :lol: :lol:
    Die wahren Ballakrobaten haben sicherlich keine Probleme unterzukommen.

  • Zitat

    Original von OhLeoIsoaho


    LOL :lol: :lol:
    Die wahren Ballakrobaten haben sicherlich keine Probleme unterzukommen.


    Wahrscheinlich zahlen unsere Ballakrobaten alle brav bei der Künstersozialkasse ein. Die hat ihren Sitz in der Langeoogstraße 12 in 26384 Wilhelmshaven. :)

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