... stellt die nw ihre neuen Artikel ins Netz.
Und heute mal etwas ganz besonderes, denn so deutliches haben wir in letzter Zeit selten gehört.
Endlich haut mal einer auf Vorstand etc. ein, dem man zuhört und dem man auch ausreichende Hintergrundkenntnisse zutraut.
21.07.2003: „Noch ein Jahr Zweite Liga? Nicht mit mir!“
INTERVIEW: Arminias Trainer Benno Möhlmann fordert vom Vorstand mehr Engagement
Schönau an der Brend. Mit sechs Tagen intensiver Arbeit im Trainingslager in der bayrischen Rhön ist die wichtigste Phase der Vorbereitung auf die neue Saison abgeschlossen. Nur noch knapp zwei Wochen, dann startet der DSC Arminia Bielefeld mit dem Heimspiel gegen RW Oberhausen (Sonntag, 3. August, 15 Uhr) in die Zweitligaserie. DSC-Trainer Benno Möhlmann schilderte seine Ansicht über die aktuelle Situation der Arminia im Gespräch mit Rainer Klusmeyer.
Sie haben vor gut einem Monat bei der Zusammenstellung des neuen Kaders mehrfach betont, dass Sie vor allem Wert auf Spieler legen, die dem Verein Chancen auf den sofortigen Wiederaufstieg eröffnen. Ist diese Vorgabe mit dem jetzigen Aufgebot erfüllt?
BENNO MÖHLMANN: Es ist nicht so, dass ich unzufrieden wäre. Denn wir haben Leute, die sich bemühen und die sich im Zusammenspiel immer besser zusammenfinden. Es besteht also kein Grund, ängstlich zu sein. Aber wenn es wirklich in Richtung Erste Liga gehen soll, ist die Anzahl qualitativ guter Spieler nicht genügend. Wir haben schon letztes Jahr bei 28 Akteuren in der Endphase Probleme gehabt, eine leistungsstarke Mannschaft zu stellen. Wie soll das erst gehen, wenn man mit nur 21 Spielern in eine Saison geht?
Daraus lässt sich nur schließen, dass Sie nach wie vor auf personelle Verstärkungen drängen.
MÖHLMANN: Aber sicher. Wir brauchen sowohl für die Abwehr als für den Angriff noch einen Top-Mann. Mir ist schon bewusst, dass es nach einem Abstieg einen finanziellen Stau gibt. Aber bei einem Klub wie Arminia muss der Blick nach oben gehen, müssen wir uns deshalb alle anstrengen, realistische Möglichkeiten zu finden.
Sie haben ja schon diverse konkrete Spielervorschläge gemacht, die sich dann aufgrund der Finanzsituation nicht realisieren ließen. Kommt man da als Trainer nicht irgendwann an seine Grenzen?
MÖHLMANN: So wie ich gefordert bin, den sportlichen Bereich zu verbessern und nach günstigen Alternativen Ausschau zu halten, ist der Verein in seiner Gesamtheit gefordert, die finanziellen Möglichkeiten zu vergrößern und so kurzfristige Signale zu setzen. Ich bin jedenfalls nicht Trainer bei Arminia, um Bielefeld drei Jahre lange in der Zweiten Liga zu halten. Dazu habe ich keine Lust. Noch ein Jahr Zweite Liga? Nicht mit mir!
Aus den Worten klingt einiges an Frustration. Hat es nach dem Abstieg womöglich schon Überlegungen gegeben, die Brocken hinzuwerfen?
MÖHLMANN: Mit dem Abstieg habe ich meine eigene Zielsetzung nicht erfüllt. Da ist man natürlich enttäuscht und es gehen einem solche Gedanken durch den Kopf. Durch die Reaktion der Fans und des gesamten Umfelds bin ich nicht lange bei diesen Gedanken verweilt. Für mich ist die Aufgabe nur unterbrochen, ich habe den Glauben nicht aufgegeben, dass es gelingen wird, Arminia langfristig in der Bundesliga zu etablieren.
Was muss geschehen, damit dieser Glauben weitere Nahrung erhält?
MÖHLMANN: Die neue Arminia hat in den letzten zwei, drei Jahren gezeigt, dass der Verein nach gesunden wirtschaftlichen Kriterien zu gestalten ist. Der DSC hat eine Riesensumme vor sich hergeschoben, die jetzt zur Hälfte abgearbeitet ist. Aber die Neuen an verantwortlichen Positionen können nicht die ganzen Unannehmlichkeiten allein auf sich nehmen. Da gibt es ja noch einen Vorstand und einen Aufsichtsrat, die nicht nur da sind um zu kontrollieren, sondern auch Dinge anschieben sollten. Die gleichen Probleme hat der Verein ja schon während der Bruchhagen-Ära gehabt. Aber irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich, Lamm hin oder Lamm her, mal sagen muss: Da waren ja damals auch noch andere da, die Verantwortung getragen haben und die heute immer noch Verantwortung tragen.
Sie selbst können nur sportliche Dinge anschieben. Wie weit sind Sie da schon vorwärts gekommen?
MÖHLMANN: Die Basis für eine gute Zweitligasaison ist gelegt – zumindest können mich in dieser Meinung Leistungen in Training und Spielen nicht widerlegen. Die Spieler lernen von Einheit zu Einheit dazu. Aber es ist eben noch nicht der Ernstfall.
Welche Rolle spielen die Neuzugänge bei Ihren Planungen für den Ernstfall?
MÖHLMANN: Zeljko Radovic, Patrick Owomoyela und Marco Küntzel gehören zu den Kandidaten für einen Platz in der Anfangsformation. Ben Katanha stufe ich ebenfalls für den Zweitligakader ein, allerdings hat er nur eine kurze Pause gehabt und wirkt deshalb kaputter als andere. Jedenfalls muss ich von ihm mehr erwarten als von Sebastian Radtke, Philipp Heithölter oder unseren „alten Jungen“ wie Mirnel Sadovic oder Martin Amedick, die allesamt den Weg über die Oberligamannschaft gehen müssen um zu beweisen, dass sie mehr sind als eine Notlösung.
Welche taktische Ausrichtung werden Sie Ihrer neuen Mannschaft verschreiben?
MÖHLMANN: Wir werden nicht mehr das alte System spielen. Ich tendiere zu 4-4-2- oder 3-5-2-System. Auf jeden Fall möchte ich im vorderen Bereich ein bisschen flexibler spielen. Wir haben Leute mit taktischen Fähigkeiten dazu bekommen und müssen diese Qualität in unsere Planung einbeziehen. Wie offensiv wir sein können, hängt davon ab, wie gut wir wirklich sind. Bevor ich das nicht weiß, werde ich auch keine Saisonprognose abgeben können.