Nürnberger Zeitung
Ausländische Klubs klopfen an, aber der Club verhandelt noch nicht mit Ciric
Der „alte Mann“ ist heiß begehrt
OFFENBACH (NZ). — Nach all den Interviews wollte Sasa Ciric eigentlich schnurstracks in die Kabine gehen. „Ich bin ein alter Mann, ich brauche Regeneration“, verabschiedete er sich verschmitzt lächelnd von den Reportern, die ihn seit dem Schlusspfiff auf dem Bieberer Berg umlagert hatten. Doch dann wollten auch die Fans des 1. FCN zu ihrem Recht kommen. „Sasa Ciric — Fußballgott!“ dröhnte es plötzlich aus der Kurve. Der „alte Mann“ ließ sich nicht zweimal bitten, drehte trotz klirrender Kälte noch einmal ab und genoss die Ovationen.
Das hatte er sich auch redlich verdient. Alle drei Club-Tore beim 3:2-Sieg nach Verlängerung in Offenbach gingen auf das Konto des 34- Jährigen, der seine Trefferquote in den 13 Pflichtspielen dieser Saison damit auf zwölf hochgeschraubt hat. Langsam könnten sie damit beginnen, ihm ein Denkmal zu bauen im Neuen Zabo. Stürmer mit Torgarantie sind rar im Profifußball – und normalerweise sehr teuer.
Ciric indes, in der Sommerpause von Eintracht Frankfurt in die Noris zurückgekehrt, kostet nur „Peanuts“. Sein Grundgehalt soll laut „Sport-Bild“ bei 6000 Euro pro Monat liegen. Top-Stürmer wie Pizarro, Koller, Bobic oder Ailton, die momentan hinter ihm in der Bundesliga-Torschützenliste liegen, verdienen pro Tag wesentlich mehr. Die Summe relativiert sich freilich, rechnet man Auflauf- und Erfolgsprämien hinzu. Dann verdient Ciric laut Manager Edgar Geenen „mehr, als er sich selbst vorgestellt hatte“.
Ein Nachschlag steht wohl nicht zur Debatte. Allerdings spräche wenig dagegen, den Vertrag mit dem Mazedonier jetzt schon um ein weiteres Jahr zu verlängern. Profis, die schon Mitte dreißig sind, bekommen zwar selten noch lukrative Angebote von großen Klubs, doch bei Torgarant Ciric ist das anders. „Bei meinem Berater steht das Telefon nicht mehr still“, berichtet der Publikumsliebling und spricht von Angeboten aus dem Ausland.
„Aufzuhören wäre Quatsch“
Die Frage ist freilich, ob Ciric überhaupt noch einmal wechseln möchte. Der Torjäger, der nach dem Abstieg 1999 für vier Millionen Mark nach Berlin verkauft werden musste, bezeichnet Nürnberg längst als seine Heimat. Hier besitzt er ein Haus, hier will er auch nach dem Karriereende leben. Doch wann das sein wird, ist derzeit nicht absehbar. „Wenn es weiterhin so gut läuft, wäre es Quatsch, jetzt aufzuhören. Im Moment ist alles offen.“ Für Vertragsverhandlungen wäre er natürlich jederzeit gesprächsbereit, doch für den Verein stellt sich das Thema derzeit nicht.
„Kein Kommentar“, sagt Manager Edgar Geenen, und Präsident Michael A. Roth sieht den Club auch nicht in Zugzwang: „Wir sprechen zu gegebener Zeit miteinander, wahrscheinlich gegen Ende der Saison. Wenn er noch ein Jahr dranhängt, dann mit Sicherheit bei uns.“ Doch so selbstverständlich scheint das nicht zu sein. Ciric gestern: „Wenn der Club mich nicht mehr will, muss ich mich woanders umsehen.“
Von der Leistung des Mazedoniers, dessen Gesichtsknochen seit dem folgenschweren Zusammenprall mit dem damaligen Stuttgarter Pablo Thiam im Herbst 1998 von fünf Metallplatten stabilisiert werden, zeigte sich Roth in Offenbach einmal mehr tief beeindruckt. „Es ist schon erstaunlich, wie er das immer wieder macht.“ Ciric ist in der Tat ein Phänomen. Einen guten Schuss und einen guten Kopfball haben viele, doch Ciric verfügt zudem über den nötigen Instinkt, im richtigen Moment am rechten Fleck zu sein. Seine Laufwege sind effektiv, sein Spielverständnis ist stark ausgeprägt. So etwas kann man nicht lernen.
Der nächste Pokalgegner am 3./4. Dezember ist gewarnt. Ausgelost wird am Sonntag in der ARD- Sportschau. Sasa Ciric hat sich bereits festgelegt, welchen der verbliebenen 15 möglichen Gegner er haben möchte: „Die Bayern zu Hause – das wäre doch was!“ Wenn er mit Prognosen auch so treffsicher ist wie auf dem Platz, dann kann der Club ja schon mal die Karten drucken lassen. . .
HARALD BÜTTNER