02.08.2003
Trainerwechsel fruchten selten bis nie
Studie der Uni Münster belegt: Austausch des Übungsleiters ist selten von Erfolg gekrönt
Die neue Bundesliga-Saison hat gerade erst wieder begonnen, da darf schon spekuliert werden: Welcher Trainerstuhl kippt als erstes? Willi Reimann von Aufsteiger Eintracht Frankfurt ist beim Buchmacher Intertops in Salzburg der Favorit auf die erste Entlassung 2003/04. 30:10 lautet die Quote, dass der Coach der Riederwälder als erster Fußball-Lehrer seinen Stuhl räumen muss.
Es dürfte keine Frage sein, dass auch in dieser Saison diverse Klubs versuchen werden, eine Negativserie mit einem Trainerwechsel zu beenden.
Keine Frage ist allerdings auch, welchen nachhaltigen Effekt sie damit in der Regel erzielen - nämlich keinen. Das ist das Resultat einer Studie von Alexandra Tippenhauer und Prof. Dr. Bernd Strauß vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster.
20 Trainerwechsel untersucht
Im Rahmen der Magisterarbeit von Alexandra Tippenhauer untersuchten sie den Erfolg von 206 Trainerwechseln in den 35 Bundesligajahren von 1963/64 bis 1997/98. Darunter übrigens auch den von Hans-Dieter Tippenhauer, Vater der Sportwissenschaftlerin. Er musste im September 1980 bei Arminia Bielefeld gehen.
Trotz prominenter Erfolgsbeispiele belegen die Zahlen: Ein Rausschmiss des Übungsleiters schadet mehr, als dass er nützt. "Lediglich drei, vier Spieltage nach dem Wechsel zeigen die Mannschaften einen Leistungsanstieg", berichtet Alexandra Tippenhauer aus der Arbeit, die auf dem 16. Kongress der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (21. bis 23. September in Münster) öffentlich vorgestellt wird.
Schlechter geht's nimmer
Allerdings, so schränkt Tippenhauer ein, ist ein Leistungsabfall angesichts des schlechten Standes zum Zeitpunkt des Trainerwechsels auch kaum mehr möglich. 70 Prozent der Klubs, die ihrem Chefcoach den Laufpass gaben, rangierten im letzten Drittel der Tabelle.
Der positive Effekt nach dem Wechsel ist jedoch schnell wieder verpufft. Tippenhauer und Strauß verglichen das Niveau der betroffenen Teams in einem maximalen Zeitraum von zwölf Spieltagen vor und zwölf nach dem Trainerwechsel. Resultat: "Über die gesamte Zeitspanne gesehen agieren die Mannschaften auf einem Niveau", so Tippenhauer.
Treue halten ist besser
"Wenn es dem Trainer gelingt, die eigene Kompetenzerwartung der Spieler zu erhöhen und dies mit einer kleinen Erfolgsserie zusammenfällt, dann kann der Aufschwung klappen"
Quelle: Dr. Bernd Strauß
Mehr noch. Im Vergleich zu Mannschaften, die einen ähnlichen Leistungsstand hatten, aber ihrem Trainer die Treue hielten, schneiden die Wechslerteams in Sachen Klassenerhalt signifikant schlechter ab. Trotz oder gerade wegen des Trainerwechsels rutschten 59,6 Prozent der betroffenen Vereine am Ende der Saison in die zweite Liga ab.
Mannschaften, die dagegen in der Trainerfrage auf Konstanz setzten und zum Wechsel-Zeitpunkt der Konkurrenz nur einen Platz besser standen, waren nur zu 37 Prozent vom Abstieg betroffen. Und selbst die Vereine, die einen Platz schlechter standen, wiesen eine höhere Erfolgsbilanz zum Saisonende auf. Hier stiegen lediglich 52, 9 Prozent ab.
Nur ein "Psycho-Effekt"
Dass ein Wechsel dennoch Erfolg haben kann, habe psychologische Gründe: "Wenn es dem Trainer gelingt, die eigene Kompetenzerwartung der Spieler zu erhöhen und dies mit einer kleinen Erfolgsserie zusammenfällt, dann kann der Aufschwung klappen", sagt Strauß. Allerdings ist auch dieser häufig nur sehr kurz. "
Jörg Berger, der den 1. FC Köln in der Saison 91/92 von Platz 17 auf 4 geführt hat, musste im Februar 93 wieder gehen - auf Platz 15. Und für Felix Magath war beim HSV auf Rang 14 im Mai 97 Schluss, nachdem er die Hamburger eine Saison vorher noch von 17 auf 5 geführt hat", rückt Alexandra Tippenhauer das Retter-Image gerade.
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Aber gerade bei Tippenhauer / Horst Franz hat der Umschwung geklappt!