Bremens Manuel Friedrich im Interview - 12.08.2003 09:15
"Fußball interessiert mich nicht so"
Die einen sagen, er wäre ehrlich. Andere, er wäre unprofessionell. Manuel Friedrich (23) passt jedenfalls nicht ins typische Bild eines Fußballprofis.
kicker: Herr Friedrich, im Juli und November vergangenen Jahres riss jeweils Ihr rechtes vorderes Kreuzband. Am Samstag spielten Sie mit den Werder-Amateuren bei Rot- Weiß Essen in der Regionalliga Nord 1:1. Wie geht es Ihnen?
Manuel Friedrich: Das Knie macht keine Sorgen mehr, ich habe keine Angst. Aber der körperliche Rückstand hatte sich durch die zweite Verletzungspause potenziert.
kicker: Bis wann wollen Sie diesen Rückstand komplett aufholen?
Friedrich: Ich setze mir keine Ziele mehr außer gesund zu bleiben.
kicker: Von Werder-Manager Klaus Allofs wurden Sie vor einem Jahr als Hoffnungsträger für die WM 2006 angekündigt.
Friedrich: Ganz ehrlich: Das war für mich schon damals unglücklich. Ich hatte gerade ein paar Zweitliga-Spiele absolviert.
kicker: Sind Sie etwa gar nicht so gut?
Friedrich: In Mainz wurde ich als junger Spieler einfach mitgerissen. Vielleicht seh' ich's ja als Betroffener objektiver als viele andere.
kicker: Wie das?
Friedrich: Ich definiere mich nicht so sehr über den Fußball. Profi zu werden, war nie mein Traumberuf. Es gibt wirklich viel, viel Schlimmeres als zwei Kreuzbandrisse. Es wäre keine so schlimme Geschichte, wenn es mit dem Profi-Fußball für mich mal vorbei wäre.
kicker: Woher die Lockerheit?
Friedrich: Ich kann doch unmöglich alles auf die eine Karte setzen, wo doch so viel Glück dazugehört. Ich habe nie sonderlich Rücksicht auf den Fußball genommen, nicht gedanklich, nicht in der Lebensweise.
kicker: Und wie sieht die aus?
Friedrich: Zugegeben, ich bin eher ein ruhiger Typ. Ich bin nicht bis in die Puppen unterwegs, und Alkohol schmeckt mir eh nicht. Aber Cola trinken und mal dreckig Essen tut einfach gut. Da hat man auch wieder was zum Abtrainieren.
kicker: Vergeuden Sie nicht Ihr Talent? Selbst Marco Bode hat im kicker-Interview gesagt, er hätte erfolgreicher sein können, hätte er sich mehr auf Fußball konzentriert.
Friedrich: Bode hat's doch geschafft. Was ich hier über ihn erzählt bekomme, macht ihn für mich zum Parade-Beispiel dafür, dass es eben auch anders geht. Fußball interessiert mich nun mal nicht so.
kicker: Inwieweit beschäftigen Sie sich überhaupt mit der Szene?
Friedrich: Eigentlich schaue ich nur die Spiele der eigenen Mannschaft, das war's.
kicker: Aber Ihre Gegenspieler kennen Sie schon?
Friedrich: Was ich wissen muss, erfahre ich in der Mannschaftssitzung doch automatisch. Oder wenn ein Beckham nach Madrid wechselt. Damit hat sich's aber.
kicker: Okay, ein Test. Kennen Sie etwa . . . - Philipp Bönig?
Friedrich: Klar, gegen den hab' ich schon gespielt. Der ist in Duisburg.
kicker: Gewesen. Jetzt ist er gerade nach Bochum gewechselt.
Friedrich: Auch schön, dann treff' ich ihn ja vielleicht wieder.
kicker: Was ist mit . . . - Guti?
Friedrich: Sorry, sagt mir gar nichts.
kicker: Der spielt wie Beckham immerhin auch bei Real.
Friedrich: Interessant, aber bringt's mir was, den zu kennen? Kennt der etwa mich? Fragen Sie mich mal nach Bastian Reinhardt.
kicker: Den kennen Sie also.
Friedrich: Ja, ich weiß sogar, dass er irgendwohin in die Bundesliga gewechselt ist. Aber ganz ehrlich: Ich vergess' immer wieder wohin.
kicker: Zum HSV . . .
Friedrich: . . . genau, stimmt ja.
kicker: Haben Sie die deutschen WM-Spiele 2002 gesehen?
Friedrich: Komplett sicher nicht. Das Finale gegen Brasilien, ja, okay. Aber diese Eindrücke bleiben bei mir einfach nicht mehr haften. Von 1990 mit Matthäus, Klinsmann, Völler weiß ich viel mehr. Als ich ein kleiner Junge war, bedeutete Fußball für mich alles.
kicker: Und was sagt da Ihr Trainer Thomas Schaaf? Stuttgarts Teammanager Felix Magath fragt seine Spieler manchmal sogar über Spiele ab, die abends im TV liefen.
Friedrich: Ehrlich? Thomas Schaaf macht sich da höchstens lustig über mich. Ein Trainer müsste gut argumentieren, warum es mich weiterbringen sollte, wenn ich mir nach dem Training noch irgendwelche Spiele anschaue.
kicker: Was wird Ihnen nach Ihrer Karriere fehlen?
Friedrich: Nichts - außer dem Spiel. Ich werde sicher weiterhin mit Kumpels kicken gehen. Fünf gegen fünf auf kleine Tore.
kicker: Wenn schon nicht Fußball - was interessiert Sie denn eigentlich?
Friedrich: Über EDV oder Elektronik könnten wir uns stundenlang unterhalten . . .