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FC Basel wirft den FC Liverpool aus der Champions League !!!
(Zitiert aus dem Tages-Anzeiger Zürich vom 13.11.02)
Trotz des 3:0 zur Pause kam der FC Basel gegen Liverpool noch in Nöte. Am Ende rettete er sich mit dem 3:3 in die nächste Runde der Champions League.
Von Thomas Schifferle, Basel
Wie viele Nerven dieser Abend Spieler, Trainer und Zuschauer kostete, muss unermesslich sein. 3:0 hatte der FCB nach einer halben Stunde geführt, er hatte eine fantastische erste Halbzeit offeriert, und auf einmal war nichts mehr wie vorher, weil der Gegner innert zwei Minuten zwei Tore durch Murphy und Smicer aufholte. Von diesem Moment an war es nichts als ein reines Nervenspiel, ein Zittern und Bangen, ein Hoffen und Sekundenzählen.
Die 85. Minute war angebrochen, als der Ausgleich durch Owen fiel. Ein Tor entschied für die Liverpooler jetzt noch über Sein oder Nichtsein. Der Schiedsrichter bot ihnen dafür vier Minuten als Nachspielzeit an, ein-, zweimal drohte dem FCB ernsthafte Gefahr. Kurz nach halb elf Uhr war das Spiel aus, wie es eine Schweizer Mannschaft im Europacup nie zuvor erlebt hat. Als Erkenntnis blieb zurück, dass es in seiner ganzen Länge grossartig und mitreissend war, ein Erlebnis zum Geniessen.
Am Ende gab das Glück den Ausschlag und sorgte für die Entscheidung. Das hatte sich nicht erst gestern auf die Seite des FCB geschlagen, sondern schon vor sieben Wochen beim ersten Treffen zwischen Schweizer Meister und englischem Rekordmeister an der Anfield Road. Damals war Liverpool deutlich überlegen, hatte Chance um Chance, aber dem FCB genügte ein einziger Torschuss durch Rossi zum 1:1. Diesem doppelten Punktverlust trauerte Liverpools Manager Houllier bis gestern nach. Und eben auch an diesem 12. November gab es Schlüsselszenen, die wegweisend sein sollten. Zum Beispiel nach eineinhalb Minuten, als der erste Angriff zum 1:0 führte, oder nach neun Minuten, als Zuberbühler einen Schuss von Heskey an die Latte lenkte, oder nach einer halben Stunde, als ein Abpraller von Dudek direkt in die Füsse Atoubas fiel und so das dritte Goal fiel. Aber wer so spielt wie diese Basler, wer so kämpft, so hart arbeitet und wer gar eine erste Halbzeit spielt, die nahezu perfekt ist, dem stand dieses Glück zu. Solche Halbzeiten lassen sich nicht planen, sie sind höchstens im Traum möglich oder vielleicht noch dann, wenn der FCB in der Champions League spielt und der Gegner Liverpool heisst. Und dann steht es auf einmal 3:0, und alles sieht so leicht aus.
Alles lief für den FCB, alles gelang ihm, und die Effizienz seines Angriffsspiels verdiente höchste Anerkennung. Vier Szenen genügten ihm, um die drei Tore zu erzielen. «Eindrucksvoll» war das Wort, das auch GC-Trainer Marcel Koller auf der Tribüne dazu einfiel. Hakan Yakin war in den entscheidenden Momenten stets präsent. Zum ersten Goal durch Rossi schlug er den letzten Pass, zum zweiten machte er mit seinem brillanten Steilpass Gimenez den Weg frei, und vor dem dritten schlug er den Freistoss. Als Kollektiv fingen die Basler das, was an Druck vom Gegner ausging, dank ihrer Organisation und ihrer Laufbereitschaft recht problemlos auf, dank der Leichtfüssigkeit und Explosivität von Ergic und dank der stupenden Übersicht von Hakan Yakin konnten sie die Konterpunkte setzen.
Der Glaube an die Sensation
Den FCB zeichnete eben auch der Glaube aus, die Sensation schaffen zu können. Den Liverpoolern gebührte die Anerkennung, trotz einer miserablen ersten Halbzeit nicht aufgeben zu haben: trotz ihres naiven Abwehrverhaltens und drucklosen Offensivspiels. Ab der Pause zeigten sie die Leidenschaft, die von ihnen erwartet werden durfte, profitierten sie davon, dass Basel seinen Motor drosseln musste, weil er zuvor fast überdreht hatte, und sie trugen ihren Teil zum grossen Finale bei.
Telegramme Gruppe B
Basel - Liverpool 3:3 (3:0)
St.-Jakob-Park. - 29 534 Zuschauer (ausverkauft). - SR Colombo (Fr). - Tore: 2. Rossi 1:0. 22. Gimenez 2:0. 29. Atouba 3:0. 61. Murphy 3:1. 63. Smicer 3:2. 85. Owen (Handspenalty-Nachschuss) 3:3.
Basel: Zuberbühler; Haas, Murat Yakin, Zwyssig, Atouba; Ergic, Cantaluppi, Esposito; Hakan Yakin (89. Koumantarakis); Gimenez (66. Barberis), Rossi (76. Tum).
Liverpool: Dudek; Carragher, Traoré, Hyypiä, Riise; Murphy, Gerrard (46. Diao), Hamann, Heskey (61. Baros); Owen, Smicer.
Bemerkungen: Basel ohne Chipperfield (rekonvaleszent), Liverpool ohne Henchoz (rekonvaleszent) und Abel Xavier (verletzt). 11. Zuberbühler lenkt Schuss von Heskey an die Latte. 85. Zuberbühler wehrt Handspenalty von Owen ab, wird aber im Nachschuss bezwungen. Verwarnungen: 40. Esposito (Unsportlichkeit/im nächsten Spiel gesperrt). 61. Smicer (Unsportlichkeit). 70. Murphy (Foul).
Stimmen zum Spiel
Christian Gross (Trainer FC Basel): «Ich war immer sehr zuversichtlich und wusste, dass wir es schaffen können. Wir haben eine fantastische erste Halbzeit gespielt und das Resultat glücklich über die Runden gebracht. Die Kräfte haben uns nach der Pause etwas gefehlt. Diesen Erfolg kann man jetzt noch nicht richtig einschätzen. Wir haben einen weiteren Schritt in Richtung der Grossen gemacht und zeigten heute, zu was wir fähig sind.»
Bernt Haas (Verteidiger FC Basel): «Wir haben uns nach dem 3:0 selbst in Schwierigkeiten gebracht. Es hat enorm viel Nerven gekostet. Ich habe alle zwei Minuten auf die Uhr geschaut, aber das ist Fussball. Es war klar, wenn die Liverpooler zu Chancen kommen, dann verwerten sie diese meistens.»
Gérard Houiller (Trainer Liverpool): «ich möchte zuerst den baslern gratulieren. Ich wünsche ihnen viel Glück für die zweite Phase. Ich bin hin- und hergerissen mit meinen Gefühlen. Einerseits ist da die Tatsache, dass wir aus der Champions League ausgeschieden sind, andererseits bin ich Stolz darauf, wie meine Mannschaft in der zweiten Halbzeit reagiert hat. Man kann im Vorfeld die besten Pläne der Welt machen, aber niemand denkt daran, dass der Gegner nach nur 2 Minuten das Skore eröffnet. Wir haben die Qualifikation im Hinspiel an der Anfield Road verloren.»
Stéphane Henchoz (Verteidiger Liverpool): «Wir hätten nie gedacht, dass wir nach 30 Minuten 0:3 hinten liegen würden. Es war klar, dass es in der zweiten Halbzeit schwierig wird. Wir haben alles gegeben und es wurde noch einmal knapp. Leider hat es nicht mehr gereicht.»
Oliver Kreuzer (Teammanager FC Basel): «Das ist ein riesiger Moment, einfach unglaublich. Wir spielten eine tolle erste Halbzeit. Der Doppelschlag hat uns etwas aus dem Rhythmus gebracht, der Trainer hat uns in der Pause noch gewarnt. Aber im Moment stimmt einfach alles bei uns. Das ist das Jahr des FC Basel.»
Bernhard Turnheer (Kommentator SF DRS). «Oui oui oui, Houiller!» (nach dem 2:0 durch Gimenez). «Das war Kaviar auf Rasen!» (Kommentar zur ersten Halbzeit).
Marcel Koller (GC-Trainer): «Basel legte in der ersten Halbzeit eine unglaubliche Effizienz an den Tag. Wenn das Selbstvertrauen so gross ist, fliegen die Bälle eben in die richtige Richtung - so wie bei Zubis Ablenker an die Latte. Nur das vierte Tor hat gefehlt, um einen ruhigen Abend zu verbringen. Liverpools Reaktion kam viel zu spät.»
Köbi Kuhn (Nationaltrainer): «Wahnsinn, dieser Match raubt mir fast die Worte! Die erste Halbzeit des FCB wird lange Zeit unvergessen bleiben. Christian Gross' Team hat es auch der Nationalmannschaft vorgemacht, wie man gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner bestehen kann.»
Champions-League - die Basler Gruppe
Gruppe B
Dienstag, 12. November:
Basel - Liverpool 3:3 (3:0)
Valencia - Spartak Moskau 3:0 (1:0)
1. Valencia 6 5 1 0 17: 4 16 *
2. Basel 6 2 3 1 12:12 9 *
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3. Liverpool 6 2 2 2 12: 8 8 **
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4. Spartak Moskau 6 0 0 6 1:18 0
* = Valencia für die Zwischenrunde qualifiziert
** = in der 3. Runde des Uefa-Cup