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20.02.2004 Wie es ein Vorstand schaffte, mir den Spaß an meinem Verein zu nehmen
Es ist nicht neu, dass Vereinsvorstände für viele Fußballfans oft rote Tücher sind.
Klar, es ist schwer, gerade bei einer so variablen Anhäufung von Charakteren wie es bei einer Fangemeinschaft eines Fußballclubs der Fall ist, es jedem recht zu machen und immer zur allgemeinen Zufriedenheit die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Da hagelt es auch schon mal Kritik. Begrüßenswert ist hierbei besonders, wenn es in einem Vereinsumfeld konstruktive Kritiker gibt - sozusagen eine Opposition zur Vereinsführung - denen es nicht hauptsächlich darum geht, polemisch alles in den Schmutz zu ziehen, was die Verantwortlichen machen, sondern vielmehr darum, nach der besten Lösung zu suchen – zum Wohle des Vereins!
Bei vielen Profivereinen in Deutschland ist das auch der Fall, und auf so mancher Jahreshauptversammlung fliegen nicht selten die Fetzen. Solange ein solch reinigendes Gewitter dazu beiträgt, den Verein einer Katharsis zu unterziehen, in deren Verlauf wirklich die grundlegenden Probleme beseitigt oder zumindest angegangen werden, ist dies für jede Vereinsstruktur förderlich.
Bei dem Verein allerdings, von dem ich euch jetzt berichten möchte, verhält sich alles ein wenig anders. Da gibt es bei der alljährlichen Entlastung des Vorstands im Höchstfall drei Gegenstimmen, auf deren Auszählung man sogar noch bestehen muss, da sie ansonsten bei der feucht fröhlichen Grob-über-den-Daumen-Peilung gerne auch mal übersehen werden. Konstruktive Kritiker gibt es zwar zuhauf, jedoch melden sich diese nur auf offiziellen oder inoffiziellen Webseiten dieses Vereins zu Wort – bei einer Mitgliederversammlung hört man sie nie.
Gut, mag da der eine oder andere nicht involvierte Beobachter denken, bei diesem Club scheint ja alles in Ordnung zu sein!
Sie hören Gelächter?
Ja richtig, denn wir sprechen über die Vereinsführung des DSC Arminia Bielefeld!
Ich könnte jetzt sehr weit ausholen, denn im Grunde hat sich hier in Bielefeld in puncto Vereinsführung sehr wenig in den letzten Jahrzehnten geändert, auch wenn in all den Jahren von einem Extrem ins andere verfallen wurde.
Mit wenig geändert verbinde ich, dass in Bielefeld nie mit einem langfristigen, realistischen Konzept gearbeitet wurde. Wenn es Menschen mit Visionen gab, waren diese zumeist größenwahnsinnig (Ära Lamm) oder wirtschafteten am Ende lieber in die eigene Tasche (Dr. Norbert Müller). Vorprogrammiert war in jedem Fall verbrannte Erde. Wenn in Ostwestfalen nicht gerade solche Leute damit beschäftigt waren, Arminia in die Championsleague zu führen, gab es in Bielefeld das andere Extrem auf der Kommandobrücke: Leute wie Roland Kentsch, derzeit Geschäftsführer von Arminia Bielefeld, die gelinde gesagt von Fußball soviel Ahnung haben wie Mike Tyson von Yoga, und die in absurden Sparmaßnahmen das Allheilmittel sehen!
Sie lassen leider dabei jegliches Fingerspitzengefühl vermissen, demotivieren mit unsensiblen Finanzentscheidungen Mannschaft und Trainer, aber wundern sich am Ende noch, warum das Team nicht vollen Einsatz zeigt, wenn ihm anfangs ohne nähere Absprache 20 Prozent vom Gehalt gekürzt wird.
Egal welches Extrem auch in Arminias Vorstandsetage regiert, hinzu kommen in Bielefeld immer – unabhängig von jeweiliger Zukunftsdevise - eine Reihe Kleinunternehmer, die sich gerne im Führungsumfeld präsentieren, sich dort geradezu im Vereinsglanz sonnen und es genießen, an Personalentscheidungen bezüglich Mannschaft und Trainer teilzuhaben.
Aber ich möchte jetzt zum Titel meines Beitrages zurückkommen, warum mir ein Vereinsvorstand den Spaß an meinem Verein nehmen konnte.
Ich gehöre zu der Generation Arminiafans, die damals in der Pubertät den dramatischen Relegationsabstieg gegen Saarbrücken Mitte der 80er miterlebte, was für uns Jugendliche fast schon traumatische Ausmaße hatte. Es folgte später der Abstieg aus dem Profifußball, und damit verbunden lange triste Jahre in der Drittklassigkeit. Dort haben wir Fans uns aber nie unterkriegen lassen und eine Nähe und Identifikation zu diesem Verein aufgebaut, die auch nach einigen Renaissance-Jahren im Profigeschäft immer noch von dieser Zeit geprägt sind. In Bielefeld ist die Unbeständigkeit seitdem zur einzigen Beständigkeit geworden, im Zeichen einer Berg- und Talfahrt, eines ständigen Auf- und Abstiegs. Langfristige Konzepte von Vorstandsseite gab es immer noch nicht, meist nur Stückwerk und Flickschusterei, was anscheinend beim Vorstand schon Methode hat, so als wolle man potentielle Reformer bereits im Vorfeld abschrecken, indem man die Desolatheit dieses Vereins nach außen transportiert.
Was aber den Ausschlag für mich gab, keine Hoffnungen mehr in die Zukunft dieses Vereins zu setzen, begann bei aller Resignation über fehlende kompetente und ausgeglichene Leute in Arminias Führungsetage erst konkret mit dem Abstieg in der vergangenen Saison aus der Ersten Liga. Nach einer sehr erfolgreichen Hinrunde wurde völlig unnötig ein Stammspieler (Erhan Albayrak) aus dem Mannschaftsgefüge gerissen und dieser für eine Gewinnspanne von 150.000 Euro gegen einen anderen Spieler (Marek Heinz) getauscht. Mit diesem Geschäft brüsteten sich damals Geschäftsführer Kentsch und Manager Thomas von Heesen, ohne dabei auf die Kritik des Trainers Benno Möhlmann zu hören, der dieses Transfergeschäft strikt ablehnte. Es kam wie es kommen musste: Die Leistung stimmte im Team nicht mehr, Heinz war nicht mal Statist auf dem Platz, Präsidium und Trainer hatten sich ihre Ansichten nur noch über die Presse mitzuteilen – wobei sich gerade die Vorstandsseite in diesem Punkt nicht zurückhielt - und trotzdem hätte man vier Spieltage vor Schluss noch den Klassenerhalt schaffen können. Diese Chance wurde leichtfertig vertan! Mit einem Schlag war alles zerstört, alles mühsam Aufgebaute zunichte gemacht. Mit dem verpassten Klassenerhalt eine langfristige Chance verpasst, sich in Liga Eins gesund zu wirtschaften und zu etablieren, befand man sich völlig unerwartet plötzlich eine Klasse tiefer.
Auf einmal war man in Liga Zwei, und es fehlte an allem: kein leistungsfähiger Kader, kein Geld für die Gehälter – was unehrlicherweise den Spielern erst sehr spät mitgeteilt wurde – vor allen Dingen fehlte wieder mal ein Konzept der Vereinsführung. Vermarktungsrechte wurden schon in den Jahren zuvor an dubiose Marketingagenturen abgetreten, die jahrelang nur Gelder einstrichen, aber keine Sponsoren auftaten. Was aber nicht fehlte, war das Anspruchsdenken beim Vorstand, woran es – auch bei den Fans - in Ostwestfalen ja noch nie gemangelt hat, mit einem geschwächten Kader, der zudem durch Gehaltsstreichungen auch noch demotiviert wird, den direkten Wiederaufstieg anzupeilen. Wohl dem, der angesichts des Henkers optimistisch bleibt!
Trainer Benno Möhlmann war aber Realist, sagte, dass hier nur Mittelmaß möglich sei, weil bestimmte Schlüsselpositionen im Team nicht besetzt werden könnten – aus finanziellen Gründen. Der Vorstand, allen voran Geschäftsführer Kentsch und Präsident Schwick, will aber nicht nur aufsteigen, sondern auch sparen, und er ließ hierzu sogar schon mal aus Kostengründen die Rasenheizung an verschneiten Spieltagen ausgeschaltet, frei nach dem Motto: Stolpern für die Sparmaßnahmen! Was sind schon drei Punkte gegen tausend Euro gesparte Heizkosten.
Aber aufsteigen, ja aufsteigen, dass wollen sie trotzdem, die Herren Vorstand.
Und da stören Nestbeschmutzer wie Benno Möhlmann nur, der ja nicht aufsteigen will und diese Mannschaft nur schlecht redet. Da stören unwillige Spieler nur, die – keiner kann’s verstehen – nicht mehr die volle Leistung bei gekürzten Gehältern bringen. Da stören Fans nur, die mehr Transparenz fordern und fragen, warum der Verein so klamm ist, obwohl er den höchsten Etat der Liga vor Saisonbeginn anführte.
Trainer Benno Möhlmann hat bereits den Anfang gemacht, er ist gegangen! Bleibt nur zu hoffen, dass in Bielefeld die Kritiker in Zukunft auch auf Mitgliederversammlungen ihren Mund aufkriegen, und dass die Mitglieder, die durch allerhand Zugeständnisse des Vorstands ihren Mund bis jetzt ebenfalls gehalten haben, mal aufwachen und zum Wohle des Vereins entscheiden.
Zu sehr erinnert das Vorstandsgebaren an des „Kaisers neuen Kleider". Vielleicht erlange ich ja auch meine Lust an diesem Verein zurück, wenn ich nicht der einzige bliebe, der sagt: „Seht mal, die sind ja nackt!"