Heute steht in der NW folgendes Interview mit von Heesen. Wusste nicht, wo ich es sonst reinpacken sollte. Habe deswegen ein neues Thema aufgemacht.
ZitatAlles anzeigen
"Das Herz schlägt auf dem Platz"
DAS INTERVIEW: Arminias Sport-Geschäftsführer Thomas von Heesen zur Lage des Vereins
Bielefeld. Wenn am nächsten Montag der DSC Arminia in der Schüco Arena (Anstoß 20.15 Uhr/live im DSF) Alemannia Aachen zum Spitzenspiel der Zweiten Liga empfängt, wird Thomas von Heesen nicht auf der Tribüne mitfiebern. Das tut dem Geschäftsführer Sport "in der Seele weh", doch die gestern begonnene Südamerika-Reise war schon seit Wochen geplant. "Die Jungs schaffen das auch ohne mich", sagt von Heesen, der im Gespräch mit Torsten Ziegler und Rainer Klusmeyer seine Vorstellungen von einer erfolgreichen Arminia-Zukunft erklärt.
Wenn einer der wichtigsten Leute des Vereins in einer entscheidenden Saisonphase außer Landes fliegt, kann man nur annehmen, dass er Zuhause ein bestelltes Feld hinterlässt.
THOMAS VON HEESEN: Die Dinge, die auf den Weg zu bringen sind, habe ich vorbereitet. Die Option für Isaac Boakye ist gezogen, die Deutsche Fußball-Liga fristgerecht über unsere Absicht informiert, den Top-Stürmer bis 2006 an uns zu binden. Mit Kapitän Mathias Hain stehen wir ebenfalls kurz vor einem Abschluss für zwei Jahre. Matze macht, vor allem für die Zweite Liga, erhebliche Abstriche – jetzt fehlen nur noch seine Unterschrift und die von Herrn Kentsch unter dem Vertrag.
Es gibt, gerade für den Defensivbereich, einige andere Stammspieler, deren Verträge auslaufen. Wie ist bei denen der Sachstand?
VON HEESEN: Mit Petr Gabriel habe ich am Montag ein Gespräch geführt. Er fühlt sich in Bielefeld äußerst wohl und möchte liebend gerne bleiben. Nun müssen wir einen Modus finden, unter welchen Bedingungen er sich Zweitligafußball bei Arminia vorstellen könnte. Im Falle eines Aufstieges gäbe es sowieso kein Problem. Petr weiß, dass er hier als Führungspersönlichkeit anerkannt ist – das ist viel wert, und ein Angebot aus Chelsea wird er auch nicht mehr kriegen. Daniel Bogusz ist jemand, den Trainer Uwe Rapolder gerne halten möchte. Marcio Borges, der operiert werden muss und drei Monate ausfällt, läuft bei uns immer offene Türen ein. Aber bei allen Gedankenspielen bleibt die finanzielle Seite die große Unbekannte.
Sie haben doch bei der letzten Aufsichtsratssitzung ein Modell vorgestellt, wonach der Arminia zu günstigen Bedingungen ein Zwei-Millionen-Kredit, im Aufstiegsfall sogar zwei Millionen Euro mehr zur Verfügung gestellt würden. Hilft das nicht, die größte Not zu lindern?
VON HEESEN: Ich kann nur Vorschläge machen. Die liegen jetzt beim Aufsichtsrat. Wenn sie abgelehnt werden, heißt das für mich, dass Alternativen vorliegen müssen. Allerdings beschleicht mich ein bisschen das Gefühl, dass bei den aktuellen Diskussionen zu sehr die Wirtschaftlichkeit das Denken beherrscht. Das Herz des Vereins aber, das alles antreibt, schlägt nach wie vor auf dem Platz. Auch wenn ich in dieser Frage Einzelkämpfer bin: Wir müssen aufpassen, dass die Mannschaft eine Qualität behält, wie sie Bielefeld verdient. Dazu fühle ich mich auch den Fans verpflichtet.
Die finanzielle Situation ist nun einmal aber so, dass die Arminia als einziger Klub während der Winterpause keinen Neueinkauf tätigen konnte.
VON HEESEN: Das macht die Sache ja so brutal schwer. Meine Ambition aber ist es, Spitzenfußball zu bieten. Deshalb werde ich nicht müde, mit attraktiven Spielern zu sprechen. Noch einmal: Nur wenn wir sportlichen Erfolg haben, bekommen wir die wirtschaftlichen Probleme in den Griff. Ich möchte nicht, dass wir uns jedes Jahr wieder mit der gleichen Finanzsituation auseinanderzusetzen haben. Das macht keinen Spaß.
Inwieweit passt die Reise nach Argentinien und Ekuador in diesen Kontext?
VON HEESEN: Ein Verein wie Arminia ist darauf angewiesen, sich nach neuen Möglichkeiten umzublicken. Die Fahrt, die ich selbstverständlich aus eigener Tasche finanziere, ist für mich auch eine Art Weiterbildungsmaßnahme. Natürlich halte ich bei den fünf, sechs Spielen, die ich besuchen werde, zuallererst Ausschau nach Talenten. Aber mich interessiert genauso der Hintergrund: Wie funktioniert in einem führenden Fußballland wie Argentinien die Nachwuchsschulung? Wo stehen 16- bis 18-jährige Spieler im Vergleich zu Deutschland? Wenn man sich nur hierzulande umschaut, wird man leicht betriebsblind.
Sie haben kürzlich nach einem Besuch in Kroatien eine Kooperation mit Hajduk Split als lohnenswerte Zukunftsinvestition angedacht. Könnte es eine solche Partnerschaft auch mit Südamerika geben?
VON HEESEN: Wir orientieren uns in Argentinien nicht an Spitzenklubs wie Boca Juniors, wo regelmäßig meine Kollegen von europäischen Topvereinen zu Gast sind. Bei etwas kleineren Vereinen sehe ich gute Chancen, durch rechtzeitige Kontakte so etwas wie ein Erstzugriffsrecht zu sichern. Hajduk Split ist eine ganz andere Nummer, hat aber zwei hochinteressante U-21-Nationalspieler, die bestens zu uns passen würden. Schaden kann uns dieser Kontakt bestimmt nicht. Priorität aber bleibt immer der deutsche Markt. Wir haben sehr viele gute deutsche Talente im Auge. Wir können nur die gebrauchen, die leben, um Fußball zu spielen. Solche, die Fußball spielen um zu leben, haben bei Arminia nichts verloren.
Und wie wollen Sie diese Wunschspieler von einem Wechsel zur Schüco Arena überzeugen?
VON HEESEN: Indem ich darauf hinweise, dass Arminia Bielefeld immer noch eine gute Adresse ist. Um selbst Erfolg zu haben. Oder um sich für größere Klubs zu empfehlen. Billy Reina, Silvio Meißner, Ronald Maul, Jörg Reeb und viele andere haben sich bei uns das Fundament für ihren späteren Weg geholt.
Am Anfang dieser Saison hat es lange so ausgesehen, als seien in der aktuellen Mannschaft längst nicht so viele Spieler der von ihnen erwähnten Qualität. Wie ist der Leistungsaufschwung der letzten Monate zu erklären?
VON HEESEN: Wir haben zu lange darüber geredet, dass man notfalls auch mit Platz acht zufrieden sei. Irgendwann bleiben solche Gedanken in den Köpfen haften. Meiner Meinung nach, und das habe ich den Spielern verdeutlicht, muss jemand, der für Arminia spielt, andere Ansprüche haben. Auf meine Frage, wer sich nicht zu den besten Spielern der Klasse zählt, hat keiner die Hand gehoben.
Diese Denkweise wäre ohne den Trainerwechsel nur schwer zu propagieren gewesen.
VON HEESEN: Jeder Trainer hat eine andere Philosophie. Mag sein, dass es bei Benno Möhlmann so gewesen ist, dass er zu sehr auf zwölf, 13 Stammspieler gesetzt hat. Unter Uwe Rapolder wittert jeder eine neue Chance. Dazu kommt, dass es mit Rapolder gelungen ist, meine Mentalität zu vermitteln: Gas geben, draufgehen, den Gegner unter Druck setzen – und schlau, flexibel spielen. Die individuelle Klasse des einzelnen Spielers ist dann gar nicht mehr so wichtig, wenn jeder genau weiß, was der andere will.
Der Trainerwechsel samt taktischer Umstellung während der Serie war nicht ohne Risiko.
VON HEESEN: Es hätte auch voll in die Hose gehen können. Aber Uwe Rapolders Ansprache muss wohl überzeugend gewesen sein. Wir sind am Drücker, alle Kontrahenten haben wieder Respekt vor Arminia. Wir dürfen jetzt nur nicht nachlassen.
Wenn die Erfolgsserie anhält, könnte die Saison doch noch mit dem siebten Aufstieg enden. Wie sehr sind sie davon überzeugt, dass im Mai wieder eine Arminia-Mannschaft auf dem Rathausbalkon steht?
VON HEESEN: Erst einmal freut mich, dass wir nach einer so turbulenten Saison überhaupt die Chance auf die Rückkehr in die Bundesliga haben. Es bewahrheitet sich meine von Serienanfang an geäußerte Überzeugung, dass Substanz in diesem Team steckt. Die Spieler sind zwar nicht Weltklasse, aber durch methodische Arbeit haben wir erreicht, dass sie erfolgreich spielen. Ich hätte nichts dagegen, wenn im Verein etwas mehr Mut vorhanden wäre, die Mannschaft so zu stärken, dass wir dauerhaft zu den ersten achtzehn Klubs gehören können.