Presse Bochum - Arminia

  • <b>SZ NRW


    Gesucht und gefunden


    Frank Fahrenhorst und Raymond Kalla bilden in Bochum trotz Sprachbarriere ein glänzendes Duo</b>


    Bochum – Wenn Raymond Kalla und Frank Fahrenhorst sich austauschen, brüllen die Innenverteidiger des VfL Bochum einander meist nur Wörter zu. Rechts, Links, Achtung, Hintermann – viel größer ist ihr gemeinsames Vokabular nicht. Das reicht auf dem Platz, doch jenseits davon haben die beiden noch nicht miteinander geredet. So gibt es offene Fragen, die mit Hilfe eines Übersetzers endlich beantwortet werden können. Fahrenhorst würde von Kalla nämlich nur zu gerne wissen, „wie er das Timing beim Kopfball hinbekommt“.


    Sein glatzköpfiger Kollege aus Kamerun, der in der Luft fast alle Zweikämpfe gewinnt, lehnt sich zurück und grinst. Nur knapp zweieinhalb Jahre älter ist Kalla, 27, als der Deutsche und wirkt doch wie ein Routinier neben einem Youngster. Nach vielen große Schlachten weiß er, dass sich die Dinge mit der Zeit entwickeln. „Du musst einfach weitermachen, im Training und im Spiel, das kommt automatisch“, sagt er auf Spanisch und klopft Fahrenhorst ermutigend auf die Schulter. Die Entwicklung dieser Saison bestätigt das. Obwohl der VfL Bochum schon 23 Gegentore hat hinnehmen müssen, macht die Abwehr nach etlichen windschiefen Spielzeiten einen stabilen Eindruck, seit sich in ihrer Mitte zwei gesucht und gefunden haben.


    <b>Zukunft in der Nationalelf </b>


    „Er spielt abgeklärt und ruhig, das färbt ab“, sagt Fahrenhorst über seinen Nebenmann, und fast schwingt ein wenig Dankbarkeit dabei mit. Vor acht Jahren kam Fahrenhorst, 25, als Jugendspieler nach Bochum. Über hundert Punktspiele in der ersten und zweiten Liga hat er bereits absolviert, doch erst in dieser Saison konnte er sich nachhaltig durchsetzen. Talent zeigte er immer wieder, aber mal hatte er Verletzungspech, mal fehlte Unterstützung der Trainer oder die richtigen Nebenspieler. Dann zeigte Fahrenhorst schlechte Nerven, die ihm den Spitznamen „Gefahrenhorst“ einbrachten. Peter Neururer gibt zu, dass er den Verteidiger „eigentlich nicht auf dem Zettel hatte“, als er die Spielzeit plante. Doch das Zusammenspiel zwischen dem introvertierten Deutschen und dem baumstarken Kameruner klappte von Beginn an fast selbstverständlich. Hat ihn der Himmel geschickt? „Könnte man so sagen“, meint Fahrenhorst.


    „Frank ist sehr klar im Kopf“, sagt Kalla, „und für mich ist es wichtig, dass mein Nebenmann nicht fahrig ist.“ Der Verteidiger aus Douala ist einer der großen Stars des afrikanischen Fußballs. Der VfL Bochum hatte Glück, dass er trotz Angeboten aus England unbedingt in die Bundesliga wollte, „weil das zu meinem Stil passt“. Über 60 Länderspiele hat Kalla laut offiziellen Statistiken absolviert, zweimal hat er mit Kamerun die Afrikameisterschaft gewonnen, und die WM-Endrunde in Japan und Korea war schon seine dritte.


    Trotzdem hat er in Europa nur bei kleinen Klubs gespielt. Nach der WM 1994 wechselte er aus seiner Heimat in die griechische Provinz zu Panachaiki Patras. Drei Spielzeiten später ging es zum spanischen Mini-Klub FC Extremadura, dessen Erfolge zwischendurch die Primera Division auf den Kopf stellten. Dann jedoch stieg der Klub in die zweite und in diesem Sommer in die dritte Liga ab. „Ich hatte in Extremadura zwar viele Angebote, aber meistens scheiterte es daran, dass die Klubs schon drei Nicht-EU-Ausländer hatten“, sagt Kalla.


    Eine stabile Karriere im Nationalteam, nur drei Profiklubs in acht Jahren, das ist für afrikanische Kicker so außergewöhnlich wie Kallas Begründung für diese Konstanz. „Im Fußball steht Disziplin an erster Stelle“, sagt er, „ich setze keine spielerischen Glanzpunkte, sondern mache konzentriert meine Arbeit.“ Zur Disziplin gehört es auch, dass er in einem halben Jahr Deutsch gelernt haben will. Und sein Arbeitsethos hat nach acht Jahren zum Rücktritt aus der Nationalmannschaft geführt. Das Organisationschaos bei der Weltmeisterschaft hat ihn endgültig entnervt und war seiner Ansicht nach der Grund dafür, dass Kamerun schon in der Vorrunde ausschied und nicht – wie von Kalla erwartet – zumindest bis ins Semifinale vordrang. „Ich sehe keine Änderung und werde dort nicht mehr hinfahren“, sagt er.


    Ist für Kalla die internationale Karriere erst einmal vorbei, soll sie für Fahrenhorst demnächst richtig losgehen. Peter Neururer hat sich schon darauf festgelegt, dass sein Verteidiger der nächste Nationalspieler beim VfL Bochum wird. Erschreckt hat er ihn damit nicht, aber „etwas überrascht war ich schon“. In der U-21-Nationalmannschaft hat Fahrenhorst schon gespielt und kürzlich im Team 2006. Vor zwei Wochen in Kaiserslautern war Teamchef Rudi Völler auch da, um ihn zu beobachten. Sollte er demnächst eingeladen werden, würde Fahrenhorst seinen Kollegen aus Afrika wahrscheinlich am liebsten mitnehmen. Obwohl ihm etwas gelingt, was Kalla bislang vorbehalten blieb. Drei Tore hat er in dieser Saison erzielt. „Du triffst auch noch“, sagt er zu Kalla. Und diesmal darf Fahrenhorst ihm ermutigend auf die Schulter klopfen.


    Christoph Biermann
    http://www.sueddeutsche.de

  • <b>Seite an Seite in die Bundesliga</b>


    Sie gelten in ihren Klubs als die Väter des Erfolges. Sozusagen Seite an Seite marschierten Benno Möhlmann (48) und Peter Neururer (47) im letzten Sommer in die Bundesliga. Was Neururer so deutlich machte: "Es weiß ja kaum noch einer, dass wir am Ende punktgleich mit der Arminia waren."


    Wenn sich heute der VfL Bochum und Arminia Bielefeld gegenüberstehen, dann müssen die beiden Fußball-Lehrer lange überlegen, um eine ähnliche Konstellation zu entdecken. Vor zehn Jahren standen sie sich zum letzten Mal gegenüber - mit dem besseren Ende für den damaligen HSV-Trainer Möhlmann, der zweimal als Sieger gegen den Saarbrücker Kollegen Neururer vom Platz ging.


    Der wiederum erhielt in Bochum nur zwei Wochen nach dem tristen 0:0 des VfL gegen eben jene Arminia den Zuschlag des vor sich hin dümpelnden Aufstiegskandidaten. Bernard Dietz hatte enttäuscht die Brocken hingeworfen, weil die Mannschaft dem 1:0-Sieg in Duisburg ein schwaches 1:1 gegen Fürth folgen ließ.


    Allerdings dürfte Benno Möhlmann nicht nur gute Erinnerungen an den VfL Bochum haben. Acht Tage, nachdem er Fürth mit Bielefeld getauscht hatte, setzte es für den Arminia-"Frischling" eine herbe Niederlage. Der VfL nahm die Ostwestfalen im DFB-Pokal im eigenen Stadion regelrecht auseinander. Im Herbst 2000 - Bochums Trainer damals hieß Ralf Zumdick - stand es am Ende 0:4, ein paar Wochen und Niederlagen später spielte Möhlmann sogar mit dem Gedanken, aufzugeben.


    Doch der ehemalige Bremer Profi blieb, baute allmählich die Mannschaft um und hatte damit nach anfänglichen Schwierigkeiten Erfolg. Gelobt wird er von Arminias Präsident Hans-Herrmann Schwick inzwischen nicht nur wegen seiner erfolgreichen Personalpolitik. Aus einem "zerstrittenen Haufen", sagte Schwick, habe Möhlmann eine Mannschaft gemacht. In seiner ruhigen, zurückhaltenden Art ein Kontrastprogramm zu dem temperamentvollen Peter Neururer, erduldet Möhlmann sogar weitgehend klaglos die gelegentlichen Eskapaden seines "weißen Brasilianers" Ansgar Brinkmann.


    Möhlmann hat damit Erfolg, ebenso wie Neururer. Bochums Trainer will heute - die Ergebnisse der letzten Spielzeit im Kopf - "einiges gerade rücken" und dabei die "Probleme, die die Arminia im Spielaufbau" hat, berücksichtigen.


    Sollte er Mühe haben, sich in Möhlmanns Gedankenwelt zu versetzen, kann er beim Sportlichen Leiter Heinz Knüwe nachfragen. Die beiden angehenden Fußball-Lehrer Möhlmann und Knüwe teilten einst in Köln ein Zimmer.


    29.11.2002 Von Michael Eckardt


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    <b>Arminia kommt mit großem Selbstvertrauen</b>


    Mit großem Selbstvertrauen kommt die bislang auswärtsschwächste Mannschaft der Bundesliga heute ins Ruhrstadion. "Ich fahre nicht dorthin, um mir die nächste Niederlage abzuholen", sagte Arminia-Trainer Benno Möhlmann.


    Zwei Punkte erst - in Kaiserslautern und Dortmund - holten die Bielefelder in fremden Stadien. Doch in Bochum, wo sich die beiden Aufsteiger in der letzten Saison torlos voneinander trennten, rechnen sich die Bielefelder etwas aus. In Ostwestfalen ist man momentan ohnehin nicht allzu traurig über den 15. Tabellenplatz. Die Mannschaft scheint intakt zu sein, hat mehrfach bewiesen, dass sie Rückstände aufholen kann und ist der Konkurrenz dicht auf den Fersen. Noch gibt es auf der Alm keinen Grund für anhaltenden Frust.


    Personell hat Möhlmann derzeit auch nur geringe Probleme. Christoph Dabrowski (gesperrt) wird den Bielefeldern allerdings wegen seiner Kopfballstärke bei Standardsituationen fehlen, und Fatmir Vata muss wegen einer Innenbanddehnung pausieren. Rüdiger Kauf, der sich vermutlich intensiv um Dariusz Wosz kümmern wird, Detlev Dammeier und Artur Wichniarek stehen dagegen zur Verfügung. Ebenso wie Momo Diabang, den Möhlmann wegen seiner Vielseitigkeit schätzt.


    Dass die Bielefelder mit einem glücklichen Ausgang des Abstiegskampfes rechnen, zeigen die personellen Planspiele. Noch im Winter soll ein Spielmacher kommen, der auch defensiv gute Arbeit abliefern kann; und in der kommenden Spielzeit soll der Mainzer Woronin in die Fußstapfen des zu Hertha BSC wechselnden Wichniarek treten.


    29.11.2002

  • Neururer: "Vander ist erstligareif"


    "Ich werde wohl einigen Leuten kräftig den Kopf waschen müssen", schimpfte Bochums Trainer Peter Neururer nach der klaren 0:3 (0:1)-Niederlage gegen die Arminia aus Bielefeld.


    Was ihn besonders ärgerte: das Fehlverhalten bei den so genannten Standard-Situationen. "Wir haben vorher genau angesprochen, wer wen deckt. Es kann nicht sein, dass das nach fünf Minuten wieder vergessen ist." Gemeint war der Freistoß von Dammeier auf den Kopf von Lense , der zum 0:1 führte. Da war Raymond Kalla kilometerweit von seinem Gegenspieler weg. "Der Lense stand sozusagen im luftleeren Raum", beschrieb Neururer die Szene.


    Das 0:1 gegen eine total defensiv eingestellte Bielefelder Mannschaft war für den VfL Bochum schon der Anfang vom Ende. Denn inzwischen ist bekannt, dass die Mannschaft sich sehr schwer tut, daheim selber das Spiel machen zu müssen. Zumal Bielefelds quirliger Rüdiger Kauf Bochums Dariusz Wosz konsequent aus dem Spiel nahm. Auf Slavo Freier stürzten sich immer gleich drei Arminen, auf der linken Seite haben Meichelbeck (ausgewechselt gegen Graulund) und Buckley (schied mit Muskelfaserriss nach 60 Minuten aus) nicht erst seit gestern große Probleme. Wenn dann noch Thomas Christiansen selbst klarste Chancen nicht nutzt, dann "ist das ein Tag, den man möglichst schnell aus dem Gedächtnis streicht" (Neururer).


    Hinzu kommt noch, dass Rein van Duijnhoven inzwischen schmerzlich vermisst wird. Da mag Trainer Neururer noch so steif und fest behaupten: "Das ist keine Platitüde - der Christian Vander ist erstligareif", die Treffer zwei und drei der Bielefelder gehen allein auf sein Konto. Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob Vander beim 0:2 durch Thoddy Gudjonsson behindert wurde, den Ball muss er haben. Und beim 0:3 darf der 22-Jährige nicht auf der Linie kleben bleiben, wenn der Ball stundenlang unterwegs ist. Da muss er raus und die Kugel einfach vom Himmel pflücken. Er tat es nicht - was nicht nur unter den Fans eine heftige Diskussion über Vander hervorrief. Dieter Bongard, gerade in den neu gebildeten Aufsichtsrat des VfL Bochum gewählt, drückte es so aus: "Ich glaube, wir haben auf dieser Position ein Problem."


    Das werden die sportlich Verantwortlichen (natürlich) vehement bestreiten, schon alleine, weil Bochum auch die nächsten Spiele mit Vander im Tor auflaufen wird. Vielleicht ist das ja auch ein kleiner Strohhalm: In der Bundesliga hat der VfL mit Vander noch kein Spiel gewonnen.


    Im DFB-Pokal sieht die Sache anders aus: Da steht der Sieg in Kiel. Und morgen in Hamburg ist wieder Pokal angesagt.


    01.12.2002 Von Michael Hinz VfL Bochum



    <hr>


    STIMMEN UND KOMMENTARE



    Dariusz Wosz: Weil wir in den Standardsituationen geschlafen haben, ist das eingetroffen, wovor uns der Trainer gewarnt hat. Wir haben alles über den Haufen geworfen. Dass ich eine neue Kapitänsbinde trug, hängt mit meinem Aberglauben zusammen. Wir wollten heute eine neue Serie starten. In der Halbzeit habe ich dann allerdings wieder die alte Binde umgetan. Wenn ich da jetzt ´drüber nachdenke, fällt mir ein, dass wir mit der auch schon mal verloren haben. Die Manndeckung durch Rüdiger Kauf war nicht besonders schlimm für mich. Ich hatte schon schlimmere Gegenspieler.


    Thomas Christiansen: Heute war ein Tag, den man besser vergessen sollte. Es tut mir Leid für meine Kollegen, dass ich den Elfmeter nicht verwandelt habe. Es war der erste Elfmeter meiner Laufbahn, mit dem ich kein Tor gemacht habe. Ich bin sehr traurig.


    Christian Vander: Ich habe das 2:0 noch nicht im Fernsehen gesehen und weiß auch nicht, ob es ein Eigentor von mir war. Ich meine, dass ich mit der Hand zum Ball gegangen bin, aber Thordur Gudjonsson sagt, dass sein Fuß am Ball war. Ein frühes Gegentor ist natürlich nicht hilfreich für die Nerven. Dass ich immer noch kein Spiel in der ersten Bundesliga gewonnen habe und die Statistik gegen mich spricht, stört mich weniger. Ich ärgere mich mehr über meine Leistung. Die muss einfach konstanter werden.


    Benjamin Lense : Die drei ersten Auswärtspunkte waren heute ein schöneres Geburtstagsgeschenk für mich, als mein erstes Bundesligator. Endlich ist der Auswärtsbann gebrochen. Mal schauen, ob ich heute im Bus noch einen ausgebe. Wir haben noch zwei Spiele, und wenn die gut verlaufen werde ich erst feiern.


    Heinz Knüwe: Es wäre zu einfach, die Niederlage an unserem Torwart aufzuhängen. Wir haben gesehen, dass die Mannschaft sich in der zweiten Hälfte gesteigert hat und das Spiel noch drehen wollte. Mit etwas mehr Cleverness hätte das auch geklappt.


    Thomas von Heesen: Wenn wir uns an Cottbus erinnern, wo die Einstellung von vorn herein nicht gestimmt hat, war das heute etwas komplett anderes. Heute hat jeder gewusst, um was es ging. Wir sind auf dem Weg, unser Team ständig weiter zu entwickeln.


    Artur Wichniarek : Das 3:0 war heute unser erster Auswärtssieg. Es ist wirklich stark, und ich habe damit gar nicht gerechnet. Endlich haben wir wieder ein bisschen Luft.


    Sebastian Schindzielorz: Wir machen Thomas Christiansen keinen Vorwurf, dass er den Elfmeter verschossen hat, schließlich hat er in dieser Saison schon zehnmal getroffen. Das ist kein Beinbruch, und wir verzeihen ihm das.


    01.12.2002

  • Bochum – Bielefeld 0:3


    Wolken in Schwarz


    Bochum – Wenn der VfL Bochum morgen im DFB-Pokal beim Hamburger SV antritt, können die Spieler von Arminia Bielefeld gemütlich die Beine hochlegen. Den freien Abend verdanken sie ihrer Auswärtsschwäche, denn in der letzten Runde des Pokals schieden sie beim moderaten Zweitligisten Rot- Weiß Oberhausen aus. Dass sie Bochum und den anderen Achtelfinalisten jedoch entspannt zuschauen dürfen, hat mit damit zu tun, dass es mit dieser Auswärtsschwäche nun vorbei zu sein scheint. Obwohl Benno Möhlmann nicht den Anschein erweckt, dass eine Trendwende schon geschafft ist. „Wir werden sehen, ob wir das bestätigen können“, sagte Bielefelds Trainer ohne die ganz tiefe innere Überzeugung.


    Der 3:0-Sieg seines Teams beim Mitaufsteiger VfL Bochum stürzte jedoch zunächst einmal alle Statistiken in dieser Saison um. Zum ersten Advent durften die mitgereisten Fans im Ruhrstadion endlich zu Recht ihre Version von „Oh du fröhliche“ singen. Die „selige, Tore bringende Arminia“ wurde nach dem ersten Sieg im achten Auswärtsspiel der Saison gepriesen. Fünfmal hatte sie zuvor verloren und auf Reisen nur fünf Tore geschossen, selbst der Tabellenletzte Energie Cottbus verdankt den Gästen aus Ostwestfalen seinen einzigen Heimsieg. Überhaupt lag der letzte Erfolg jenseits des eigenen Stadions genau acht Monate zurück, damals gewann Arminia Bielefeld bei der Spielvereinigung Unterhaching.


    Kauf, die Tsetsefliege :P


    Es bedurfte also wohl eines dieser Spiele, in dem alles klappt, während der Gegner unter einer schwarzen Wolke zu spielen scheint. „An solchen Tagen sollte man besser im Bett bleiben“, sagte Bochums Trainer Peter Neururer, „aber wenn der DFB die Spiele ansetzt, müssen wir halt antreten.“ Bettlägrig wirkten seine Spieler vor allem zu Beginn der Partie. Schon nach drei Minuten ging Bielefeld durch den unbewachten Benjamin Lense in Führung. Nach einem Freistoß von Dammeier schenkte er sich zum 24. Geburtstag sein erstes Bundesligator. Als sich die Gastgeber vor der Pause einigermaßen erholt hatten, legten die Bielefelder in der 54. Minute wieder im Anschluss an einen Freistoß den zweiten Treffer nach: Bochums unglücklicher Ersatztorwart Christian Vander schob sich den Ball selbst ins Tor, während sein Bielefelder Kollege Matthias Hain auf der anderen Seite einen großen Tag feiern durfte. Der oft als Sicherheitsrisiko gescholtene Torwart hielt bei einem Handelfmeter von Thomas Christiansen zweimal in großem Stil. 20 Minuten vor Ende hätten die Bielefelder da in Gefahr geraten können. Als Christiansen kurz darauf auch noch die Latte traf, war es für ihn endgültig „ein Tag zum Vergessen“ und für die Bielefelder ein unvergesslicher.


    Dass Momo Diabang kurz vor dem Abpfiff eine erneute Schwäche von Vander zum 0:3 nutzte, war allerdings etwas zu viel des Guten. „Man darf nicht vergessen, dass wir auch Glück hatten“, meinte Bielefelds Manager Thomas von Heesen. Doch das Funkeln aller Schicksalssterne erklärte den verdienten Sieg nicht allein.


    Bielefeld war gut organisiert, zweikampfstark und fleißig. In der Abwehr spielten Reinhardt, Hansén und Lense stark, während der rasende Rüdiger Kauf seinen Gegenspieler Wosz wie eine lästige Tsetsefliege umschwirrte . „Außerdem ist eine Entwicklung zu sehen, dass wir beim Aufbauspiel und den Kontern sicherer geworden sind“, sagte von Heesen.


    Offensichtlich hilft es den Bielefeldern auch, nicht zu weit vom eigenen Stadion entfernt anzutreten. Einen ihrer beiden vorherigen Auswärtspunkte hatten sie beim 0:0 im Dortmunder Westfalenstadion geholt. „Vielleicht brauchen wir die Luft Westfalens“, sagte von Heesen. Bochum raubt diese Luft hingegen den Atem. Schon die Hälfte der acht Heimspiele verlor das Team, auswärts gewann es mehr Punkte als im Ruhrstadion. „Das ganze Spiel kannste inne Tonne kloppen“, fand Paul Freier, und die Hoffnung, bar jeder Abstiegsangst in die Winterpause zu gehen, ist dort auch erst einmal verschwunden. „Gut am Spiel fand ich nur unsere Einstellung“, sagte Trainer Neururer. Eifrig mühten sich seine Spieler, das belohnte sogar das sonst so mäkelige Bochumer Publikum mit Beifall. Doch mangelnde Konzentration vorne wie hinten und ein heraufdämmerndes Torwartproblem verschnürten das Sorgenpaket. Gut für Bochum, dass es zum Entpacken nun wieder auf Reisen geht.


    Christoph Biermann

  • AC/DC und Psychologie


    Torwart Hain rettet Bielefeld das 3:0 in Bochum – und hat gute Tipps für den Kontrahenten Vander


    Bochum – Sie hatten alles versucht beim VfL Bochum: Die Titelstory im Stadionheft haben sie ihrem jungen Ersatztor-wart Christian Vander gewidmet. Der verletzte Stammhalter Rein van Duijnhoven wünschte seinem Vertreter im Editorial der neuen Ausgabe explizit „viel Glück“. Und schließlich spielten sie vor dem Anpfiff über die Stadionlautsprecher noch das Lied Thunderstruck von der sehr extrovertiert in die Saiten greifenden Gruppe AC/DC – weil Thunder ja (lustig!) so ähnlich klingt wie Vander.


    Als das Heimspiel des VfL Bochum gegen Arminia Bielefeld am Samstagnachmittag allerdings beendet war, schaute Rein van Duijnhoven deutlich trüber drein als von seinem Foto im Stadionheft. „Christian ist im Moment das ärmste Schwein hier“, sagte der Niederländer mitfühlend. Man muss den rustikalen Umgangston entschuldigen. Denn auch Christian Vander selbst war nach der 0:3 (0:1)- Heimniederlage gegen die auswärts zuvor sieglosen Bielefelder nicht nach verklärenden Plädoyers zumute. „Das ist eine ganz beschissene Situation“, sagte der 22-Jährige, der seit Juli 2000 für Bochum spielt und in seinem sechsten Erstligaspiel für den VfL weiter ohne Sieg blieb. Nur in der Zweiten Liga, in der Vander vergangene Saison fünf Mal für den VfL zwischen den Pfosten stand, durfte er drei Mal einen Sieg miterleben.


    Diesmal war die Niederlage besonders bitter, weil am anderen Ende des Feldes der Torhüter Matthias Hain zum Bielefelder Matchwinner avancierte, als er in der 70. Minute nicht nur einen Elfmeter des Bochumers Thomas Christiansen hielt, sondern auch noch dessen Nachschuss. Dadurch rettete er seinem Team die 2:0-Führung und den Sieg. Deshalb sagte Hain nach dem Spiel: „Der Vander ist ein junger Mann, dem muss man Fehler zugestehen.“ Hain wird Silvester 30.


    Titelstory vom Currywurstessen


    Aber dies ist keine Geschichte über einen guten und einen schlechten Torhüter oder über einen routinierten und einen unerfahrenen. Diese Geschichte zeigt nur, wie Menschen unter günstigen oder widrigen Umständen ein Spiel für ihre Mannschaft entscheiden können – oder gegen sie. Christian Vander jedenfalls, den die Titelstory im Stadionheft als smarten Jungen beim Currywurstessen zeigte, war nach dem Spielende kreuzunglücklich und „super enttäuscht“. Nachdem nämlich Benjamin Lense bereits in der 3. Minute das 1:0 für Bielefeld erzielt hatte, legte sich Vander das 0:2 in der 54. Minute unter aktiver Mithilfe seines Mannschaftskameraden Thordur Gudjonsson selbst ins Netz – und auch beim 0:3 in der 86. Minute wirkte er zu unentschlossen, als er Bielefelds Momo Diabang eine sehr, sehr lange Flanke ins Tor köpfen ließ, statt ihm diese rechtzeitig vom Schädel zu pflücken. „Das geht rack-zack“, sagte Stammkeeper Rein van Duijnhoven ohne Häme, aber wohl wissend, dass einem jungen Mann in der Bundesliga nichts geschenkt wird. „Er kriegt seine Chancen – die muss er packen.“ Nach der Winterpause ist van Duijnhoven wieder fit, und es scheint, als atmeten sie dann alle auf beim VfL.


    Vielleicht sollte Christian Vander einmal mit Matthias Hain telefonieren, bevor alles schlimmer kommt. Hain weiß nämlich ganz gut, wie das ist mit Höhen und Tiefen, mit verfehlten Flanken und parierten Elfmetern. „Jetzt hat er was gut und darf auch mal wieder an einer Flanke vorbeisegeln“, sagte Benno Möhlmann nach dem Sieg in Bochum über seinen Torwart. Der Bielefelder Trainer spielte auf eine Szene beim vorwöchigen 2:2 gegen Leverkusen an, als Hain eine Flanke von Bernd Schneider unterlaufen, und Boris Zivkovic für Leverkusen das 2:1 geköpft hatte. Nach dieser tadellosen Vorstellung im Ruhrstadion jedoch hatte auch Hain seinen Humor wiedergefunden und lakonisch mitgeteilt, er werde ja schließlich dafür bezahlt, „dass ich hin und wieder einen halte “.


    Der Elfmeter von Christiansen hat dem Bielefelder Keeper dabei gut in den Kram gepasst: weil er den ersten Auswärtssieg der Saison sicherte – und weil Hain recherchiert hatte, „dass Christiansen als Linksfüßer bevorzugt nach rechts schießt“. Mit diesem Erfolgserlebnis im Rücken hatte Hain dann noch einen Tipp für Vander parat: „Fehler passieren immer wieder, aber du musst immer weitermachen!“ So ein Rat könnte Christian Vander mehr helfen als eine harte Nummer von AC/DC.


    Ulrich Hartmann


    2.12.2002

  • Die Höhenflieger stürzen ab


    Der VfL Bochum muss den Blick nach der Heimschlappe gegen Arminia Bielefeld in den Tabellenkeller richten


    Von Felix Meininghaus (Bochum)


    Wenn der Fußballtrainer Peter Neururer die Darbietungen seiner Mannschaft analysiert, unterliegt er von Zeit zu Zeit dem Drang, die Dinge dramatisch zu überhöhen. Am Samstag hat er nach der 0:3 (0:1)-Heimniederlage des VfL Bochum im Aufsteigerduell gegen Arminia Bielefeld gesagt, die Geschehnisse im Ruhrstadion seien "fußballerisch tragisch" gewesen. Dabei war weder ein Tor zusammengebrochen noch waren irgendwelche Akteure mit schwerwiegenden Blessuren ins Krankenhaus eingeliefert worden.


    Die Bochumer hatten lediglich eine relativ normale Bundesligabegegnung verloren. Wenn auch unter für sie unglücklichen Umständen. Torjäger Thomas Christiansen war mit einem Elfmeter, dem noch leichteren Nachschuss am fabelhaft reagierenden Bielefelder Torhüter Mathias Hain gescheitert, später im Spiel hatte er den Ball aus bester Position auch noch an die Latte gedonnert. Christian Vander bugsierte beim 0:2 einen Kopfball von Bastian Reinhardt ins eigene Tor, beim 0:3 durch den eingewechselten Mamadour Diabang blieb der Torwart wie angeleimt auf der Linie kleben. Schwere Patzer waren das, die den VfL-Keeper untröstlich zurückließen: "Ich fühle mich ganz, ganz schlecht", sagte der Ersatzmann des verletzten Rein van Duijnhoven, "die vielen Gegentore sind nicht gut für meine Nerven."


    Alles in allem, sagte Neururer, war es "einer dieser Seuchentage, an dem es besser ist, im Bett liegen zu bleiben. Aber was sollten wir machen, der DFB hatte ja ein Spiel angesetzt". Zum Glück für die Bielefelder, die ihren ersten Auswärtssieg seit März feierten. Damals, noch in der zweiten Liga, gewannen sie in Unterhaching. Nach dem klaren Erfolg gab Sportdirektor Thomas von Heesen zu bedenken, "dass wir hier auch Glück gehabt haben". Doch das war nur ein Teil der Wahrheit. Dazu kam eine "sehr gute, geschlossene, kämpferische Mannschaftsleistung", wie Trainer Benno Möhlmann hocherfreut sagte. Zudem war der Spielverlauf perfekt auf die Gäste zugeschnitten. Bereits nach vier Minuten kam Benjamin Lense fünf Meter vor dem Tor unbedrängt zum Kopfball. Neururer ärgerte es, dass "bei einem Spieler die Zuordnung nicht gestimmt hat". Auf die Nachfrage, welchen seiner Akteure er gemeint habe, antwortete er süffisant, "den Spieler Lense". Nur der steht nachweislich bei Bielefeld unter Vertrag. "Sie glauben doch wohl selbst nicht", klärte Neururer auf, "dass ich einen meiner Spieler in der Öffentlichkeit kritisiere."


    Benjamin Lense wird es herzlich egal sein, welcher Bochumer ihn vergessen hatte. Er traf an seinem 24. Geburtstag, was für den Newcomer allerdings kein großes Kunststück bedeutete: "Es blieb mir ja gar nichts anderes übrig, als den Ball über die Linie zu drücken." Nicht nur aufgrund seines Treffers gehörte Lense zu den auffälligsten Akteuren. Als seine Haupttugenden gibt der defensive Mittelfeldmann "Schnelligkeit und Kampfkraft" an, die er in Bochum so effizient einsetzte, dass er auf der Alm bereits mit Arne Friedrich verglichen wird. Der zog von Ostwestfalen aus nach Berlin, wo er inzwischen zum Nationalspieler gewachsen ist. Solche Parallelen lässt Lense kühl an sich abprallen: "Ich versuche, mein Spiel zu machen und niemandem nachzueifern."


    Seine Kollegen halten es ähnlich und fahren damit recht gut. Überhaupt haben sich die Aufsteiger zuletzt auffallend aufeinander zu bewegt. Während sich die Bielefelder nach gutem Saisonstart und langer Durststrecke konsolidieren, ist der Bochumer Höhenflug mit der Pleite gegen die Arminia beendet. Mittlerweile haben sich beide Klubs im unteren Mittelfeld eingerichtet, Bochums Vorsprung auf Bielefeld ist auf drei Punkte geschrumpft. "Die Lage wird brisanter", sagt Neururer, gibt sich aber kämpferisch: "Ich lasse mich nicht von meinem Weg abbringen." Dagegen versetzte der so lang ersehnte Erfolg in der Fremde die Fans aus Bielefeld in ein Hochgefühl, das sich in klerikalen Gesängen Bahn brach. Beim "Oh Du Fröhliche" kam vor allem der Refrain aus tiefstem Herzen: "Freue Dich, freue Dich, Arminia!"
    Erscheinungsdatum 02.12.2002

  • Congstar Freundschaftswerbung
  • Fußball-Bundesliga
    Benjamin Lense: Erstes Ligator zum Geburtstag

    01. Dezember 2002 „Ich bin froh, dass wir vor Weihnachten doch noch den ersten Auswärtssieg der Saison geschafft haben mit einer sehr guten, geschlossenen Mannschaftsleistung“, sagte Benno Möhlmann, der Trainer von Arminia Bielefeld, nach dem unerwartet deutlichen 3:0 (1:0) im Aufsteigerduell beim VfL Bochum.


    Der Erfolg verschaffte seinem Team etwas Luft im Kampf gegen den Abstieg. Aber Möhlmann warnt: „Noch haben wir einen weiten Weg vor uns.“


    Erstes Tor im achten Bundesligaspiel


    In Feierlaune war besonders Benjamin Lense, den Möhlmann zur Verstärkung der Defensive überraschend von Beginn an aufbot. Dass der 1,90 Meter lange Neuzugang von Darmstadt 98, der am Samstag 24 Jahre alt wurde, auch Offensiv-Qualitäten besitzt, war dem VfL offenbar unbekannt.


    Denn schon in der dritten Minute stand Lense mutterseelenallein im Bochumer Strafraum und konnte im achten Bundesligaspiel nach einem Freistoß von Detlev Dammeiner per Kopf ungestört sein erstes Tor erzielen. „Die drei Punkte sind ein schöneres Geschenk als mein Tor“, meinte das Geburtstagskind selbstlos, sah jedoch ein: „Ich denke, ich werde nicht drumherum kommen, einen auszugeben.“


    „Der Auswärtsbann ist gebrochen“


    Bisher waren die Ostwestfalen auf fremden Plätzen gern gesehene Gäste. Lediglich fünf Tore erzielten sie bis dato auswärts, nur in Dortmund und Kaiserslautern gelang ein Remis. Daher werteten die Arminen das 3:0 vor 20.071 Fans im Ruhrstadion als Befreiungsschlag.


    „Der Auswärtsbann ist gebrochen“, jubelte Lense. Und Sportmanager Thomas von Heesen stellte zufrieden fest: „Es passten viele Dinge zusammen. Einstellung und Kampfbereitschaft stimmten, auch taktisch haben wir hervorragend gespielt.“


    Um sich weiter von unten zu lösen, peilt Möhlmann bis zur Winterpause mindestens 21 Punkte an. Mit einem Heimsieg über Hansa Rostock am Samstag wäre das Team schon im Soll.


    „Ein Tag zum Vergessen“


    Bei den Gastgebern herrschte nach der vierten Heimniederlage dagegen blankes Entsetzen. „Das war ein rabenschwarzer Tag. Ich bin sehr enttäuscht, weil wir gegen einen Mitkonkurrenten drei Punkte im eigenen Stadion verloren haben“, klagte Peter Neururer nach der schwächsten Saisonleistung seines bislang durch herzerfrischenden Offensiv-Fußball (29 Tore) begeisternden Teams.


    Es lief von der ersten Sekunde alles schief beim VfL, der nie seine Linie fand. Beim frühen Gegentor fehlte die Zuordnung. Beim 0:2 (54.) - wieder nach einer Standardsituation - beförderte der vom Pech verfolgte Ersatzkeeper Christian Vander (54.) einen Kopfball von Bastian Reinhardt ins eigene Netz.


    Und zu allem Überfluss blieb auch die größte Chance zum Anschlusstreffer ungenutzt: Torjäger Thomas Christiansen scheiterte per Handelfmeter (70.) am zwei Mal artistisch reagierenden Arminia-Schlussmann Mathias Hain. Nach dem 0:3 durch Mamadou Diabang (86.) brachte Christiansen das 90-minütige Frusterlebnis auf den Punkt: „Ein Tag zum Vergessen.“


    VfL Bochum - Arminia Bielefeld 0:3 (0:1)


    2.12.02

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