am Samstag erschien ein Artikel über Arminia, der mit drei Fotos eine ganze Seite bedeckte!!!
ich habs mal reingestellt (interessant die Sponsorenportraits!)
Die Aufsteiger
Bielefeld spielt wieder in der Ersten Bundesliga. Mit dem Fußballverein als Standortfaktor hofft die Wirtschaftsregion auf einen besseren Ruf /
Von Henning Peitsmeier
Irgendwann war er in den Köpfen, der Spruch vom höchsten Berg Deutschlands. Im Bielefelder Fußballstadion, der „Alm“, so erzählten sie sich in Ostwestfalen, braucht man ein Jahr für den Aufstieg und ein Jahr für den Abstieg. Ein Witz. Doch beschreibt er zutreffend einen unumstrittenen Rekord. Bielefelds Fußballverein, die Arminia, hat das Kunststück geschafft, zum siebten Mal in die höchste deutsche Spielklasse aufzusteigen. So oft wie kein anderer Verein in der Geschichte der Fußball-Bundesliga. Und weil der Klub in seiner eigenen 99 Jahre währenden Geschichte noch nie einen nennenswerten Titel errungen hat, hat er sich selbst einen verpaßt. „Rekord-Aufsteiger“ nennen sich die Spieler des DSC Arminia Bielefeld. „Fahrstuhlmannschaft“ heißt das abschätzig unter Fußball-Fans.
Das ständige Auf und Ab steht für eine ganze Region. Hinzufallen und gekonnt wiederaufzustehen ist ein Kennzeichen der ostwestfälischen Wirtschaft, die seit der Nachkriegszeit von Branchenkrisen keineswegs verschont geblieben, aber flexibel damit umgegangen ist. Die Industrien, die der Region im Schatten des Hermann-Denkmals einst zu Wohlstand verholfen haben – Textil und Bekleidung, Zigarren und Möbel –, haben schmerzhafte Strukturkrisen durchgemacht, sind wiedergekommen, ohne staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Den überwiegend mittelständischen Unternehmen ist es gelungen, sich geänderten Wettbewerbsbedingungen anzupassen. Ostwestfalen-Lippe gehört zu den stärksten Wirtschaftsstandorten in Deutschland. Unternehmerdynastien von internationalem Rang sind hier zu Haus: Dr. Oetker in Bielefeld, Bertelsmann und Miele in Gütersloh, Claas in Harsewinkel oder Melitta in Minden. In OWL, wie sich die Region bürokratisch abgekürzt selbst nennt, ist die Bruttowertschöpfung höher als in den sechs Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Saarland und Bremen. Und es paßt ins Bild einer dynamischen Wirtschaftsregion, wenn der erste große Börsengang von einem Unternehmen aus Ostwestfalen riskiert wird: Wincor Nixdorf aus Paderborn. Doch kaum jemand weiß das.
Bekanntestes Aushängeschild ist seit Jahren der Fußballverein. Nur jeder zehnte Deutsche verbindet Dr. Oetker mit Bielefeld, aber jeder zweite kennt die Arminia. Fußball – ein Standortfaktor. Der sportliche Aufstieg Bielefelds ist eng mit einem Namen verbunden. Thomas von Heesen, Geschäftsführer Sport des DSC Arminia Bielefeld. Für ihn grenzt der siebte Aufstieg nach einer durchwachsenen Zweitligasaison an „ein Wunder“. Von Heesen weiß, wovon er spricht. Er ist mit der Arminia schon viermal aufgestiegen, als Spieler, Interimstrainer und jetzt zum zweiten Mal nach 2002 als Sportdirektor und Geschäftsführer. Von Heesen wechselte vor zehn Jahren vom Hamburger Sportverein zur Arminia, als dort nicht mehr viel zusammenlief. Der Traditionsverein kickte in der Oberliga Westfalen gegen Klubs wie SpVgg. Holzwickede oder TSG Dülmen, und das schon seit fünf Jahren. „Ich habe nicht vergessen, wie es war, als ich nach Bielefeld kam: Ich saß auf der Holztribüne, es waren 1000 Zuschauer im Stadion, und die schrien ‚Aufhören‘ und ‚Vorstand raus‘. Da wußte ich, das wird eine harte Aufgabe.“ Der damals 32 Jahre alte Mittelfeldregisseur brachte mit seinen eleganten Dribblings und überlegten Pässen eine lange vermißte Spielkultur zurück auf die „Alm“. Mit von Heesen glückte der direkte Durchmarsch von der Drittklassigkeit in die erste Liga. Seine ganz große Zeit als Fußballer hatte von Heesen davor beim Hamburger SV. Als Siebzehnjähriger spielte er neben Franz Beckenbauer, gewann an der Seite von Felix Magath 1983 den Europapokal der Landesmeister gegen Juventus Turin und lernte in diesen 14 Jahren die hanseatische Weltläufigkeit kennen. „Ich habe die Zeit miterlebt, wo ein junger Spieler den Mund hält, arbeitet und versucht, von den Erfahrenen zu lernen“, erzählt der heute Zweiundvierzigjährige.
Die Bereitschaft, zu lernen, sich weiterzuentwickeln, immer wieder neu zu motivieren, ist seiner Meinung nach Voraussetzung dafür, daß aus einem Talent ein Top-Spieler wird. Preiswerte Talente sind es, nach denen von Heesen in seiner neuen beruflichen Mission Ausschau hält, um die Arminia dauerhaft in der Bundesliga zu etablieren. In der Saison 1996/97 ist dem Verein zuletzt der Klassenerhalt gelungen. Damals verpflichtete der ebenso umtriebige wie umstrittene Manager Rüdiger Lamm teure Stars, holte Europameister Stefan Kuntz und den holländischen Weltpokalsieger Sonny Silooy. Trotz des hohen finanziellen Risikos stieg die Arminia in der zweiten Saison doch wieder ab. Die in diesen verschwenderischen Jahren verursachten Kosten drücken noch heute auf das Budget. Für teure Spielereinkäufe fehlt das Geld. Von Heesen erschreckt die Vorstellung nicht, wieder abzusteigen. Entspannt plaudert er von dem „Spagat zwischen wirtschaftlicher Gesundung und sportlicher Wettbewerbsfähigkeit“. Der Manager betrachtet den Wiederaufstieg als willkommene Sanierungsmaßnahme. In seinen Worten tritt er offen zutage, der für Ostwestfalen typische Realitätssinn. Von Heesen, im Kreis Höxter geboren und aufgewachsen, ist Realist: „Wenn wir wirklich den Klassenerhalt schaffen sollten, wäre das das zweite Wunder innerhalb von zwei Jahren.“ Er weckt keine übertriebenen Erwartungen, obwohl der neuerliche Aufstieg allein durch die in der 1. Liga höheren Fernsehgelder rund 7 Millionen Euro zusätzlich in die Kassen spült: „Wir kochen weiter auf Sparflamme.“
Ob das Fußballunternehmen Bielefeld die kommende Saison wirklich mit einem Gewinn beendet, weiß von Heesen nicht. „Wir haben noch einiges aus der letzten Zweitligasaison abzuarbeiten“, gibt er zu. Die Kirch-Pleite hatte ein Loch in den Etat des Zweitligisten gerissen, 2,5 Millionen Euro fehlten. Die Personalkosten müssen gegenüber der letzten Bundesligasaison noch mal um 1 Million Euro auf dann 7,8 Millionen Euro gesenkt werden. Zum Vergleich: Borussia Dortmund leistete sich zuletzt einen Kader, der 50 Millionen Euro kostete. Arminia bleibt in der Bundesliga mit einem Etat von 24 Millionen Euro ein Underdog. Nur der jetzt erstmals aufgestiegene FSV Mainz 05 ist finanziell schlechter dran.
An Expansion ist nicht zu denken. Selbst der Ausbau des kleinen Stadions mit einem Fassungsvermögen von 26 000 Zuschauern ist nicht realisierbar. „Das ist eine einfache Rechnung: 8 Millionen Euro würde der Ausbau auf 30 000 Zuschauer kosten. Bei einem Kapitaldienst von 10 Prozent kostet uns das 800 000 Euro im Jahr – bei zu erwartenden Mehreinnahmen von nur 500 000 Euro“, rechnet von Heesen seelenruhig vor. Ohnehin drücken noch Schulden des letzten Stadionumbaus von mehr als 6 Millionen Euro. Neidisch kann der Manager nach Leipzig blicken, wo mit 51 Millionen Euro, vom Bund finanziert, ein schmuckes WM-Stadion entstanden ist. „Wir sind uns darüber im klaren, daß Bielefeld niemals den Status von Metropolen wie München, Frankfurt oder selbst Leipzig erlangen wird. Diese Illusion hat hier auch niemand.“ Das Umfeld akzeptiert heute die engen Grenzen des Vereins. „Aufhören“ und „Vorstand raus“ ruft seit langem keiner mehr in dem Stadion an der Melanchthonstraße. Unter Arminia-Fans viel kritischer diskutiert wurde die Umbenennung der „Alm“, die seit einigen Monaten „Schüco-Arena“ heißt. In den Metropolen tragen die großen Spielstätten große Namen. „Allianz Arena“ in München, „AOL-Arena“ in Hamburg. In Bielefeld wird die „Alm“ nach dem drittgrößten Arbeitgeber benannt, den außerhalb der Region kaum jemand kennt. Dabei ist die Schüco International KG ein Aufsteiger der anderen Art. Bei dem Bauzulieferunternehmen geht es seit einem Jahrzehnt bergauf. Und das in einer Branche, in der es seit zehn Jahren nur bergab geht. Bis zum europäischen Marktführer für alle Bereiche der sogenannten Gebäudehülle haben es die Ostwestfalen gebracht: Fenster, Türen, Fassaden und neuerdings Solaranlagen kommen von Schüco. Eine Werbetafel im großzügigen Foyer des Firmengebäudes an der Karolinenstraße verschweigt nicht, daß Schüco 2004 zum Unternehmen mit dem besten Image in der Baubranche ausgezeichnet worden ist. Seltene Publicity für einen Aufsteiger, der sonst nicht im Rampenlicht steht.