Heller Wahnsinn
Das Kulturprogramm zur WM 2006 nimmt ernüchternde Formen an
Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wird sich Deutschland auch kulturell präsentieren. Einen Vorgeschmack lieferte bereits der eher langweilige Fußballglobus, der momentan seinen Zwischenstopp in Hamburg macht. Was uns noch blüht, kann man nun erahnen, seitdem Andre Heller dem SPIEGEL ein Interview gegeben hat.
Heller ist Leiter des Kulturprogramms zur WM 2006. Früher war der Österreicher Liedermacher, und er ist wahrscheinlich selber froh, dass sich kaum noch jemand daran erinnern kann. Heute kann man in den Plänen Hellers nur wenige Ideen entdecken, die Hoffnung machen. Obwohl ich noch nicht so Recht daran glauben mag, dass Harald Schmidt seine Kreativpause mit einer Fußball-Talk-Show zu den Akten legt, und dass Jean Luc Godard an der Seitenlinie steht, um eigene Aufzeichnungen der WM-Spiele für Arte zu produzieren.
Alle anderen Pläne Hellers hören sich beängstigend an. Es klingt vor allem so, als ob die Fußball-WM in Deutschland alles mögliche versprühen wird – nur nicht Charme und Leichtigkeit.
„Stellen Sie sich vor“, sagt Andre Heller im SPIEGEL, „auf der Schlussveranstaltung stimmt ein Chor von 400 Künstlern mit Simon and Garfunkel „Bridge Over Troubled Water“ an – und das ganze Stadion singt mit.“ Genau, und danach versammeln sich alle Berliner am Brandenburger Tor, und es wird „The End“ von den Doors intoniert.
Heller hat Brian Eno als Musikkurator engagiert. Ein guter Musiker, nur weiß man nicht so Recht, worin sein Bezug zum Thema Fußball besteht. Möglicherweise besitzt er wenigstens den Mut, den angedrohten Herbert Grönemeyer wieder auszuladen.
Ebenfalls auf der Schlussveranstaltung will Heller die „ganze sinnliche Uferlosigkeit“ der Afrikaner sehen, denn schließlich findet die nächste Weltmeisterschaft in Südafrika statt. Das klingt nach fürchterlichen Klischees, ähnlich denen, die das ZDF während der EM so widerlich mit der portugiesischen „Gewinnspielfigur“ Paolo entworfen hat.
Vielleicht wird man solche Geschmacklosigkeiten noch verhindern können. Aber ob es genügt große Namen der deutschen Kulturszene in die Runde zu werfen, die dann irgendwie für Qualität sorgen sollen? Georg Baselitz, Elfriede Jelinek, Pina Bausch und Dieter Kosslick - alle sollen ihre Kontakte und ihr Können zur Geltung bringen. Leider ersetzt massives Name-Dropping kein innovatives Konzept.
Eine Nummer kleiner wäre bestimmt besser und eher das, was sich nicht nur der echte Fußball-Fan wünscht.