Europas schwarze Fußballnacht
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Am Abend treffen Juventus Turin und der FC Liverpool im Viertelfinale
der Champions League aufeinander - eine symbolträchtige Begegnung.
Vor knapp 20 Jahren spielten beide Clubs im Brüsseler Heyselstadion.
Im Vorfeld der Partie geschah eine der größten Katastrophen in der
Geschichte des europäischen Fußballs.
Wenn Liverpool und Turin heute im Viertelfinal-Hinspiel der Champions
League aufeinander treffen, steht das Duell ganz im Zeichen jener
Katastrophe vom 29. Mai 1985: Damals starben 39 Menschen in Folge
von Ausschreitungen im Brüsseler Heysel-Stadion. 400 Menschen
wurden damals verletzt, viele von ihnen schwer.
Das heutige Spiel ist die erste Begegnung der beiden Mannschaften
seit der Katastrophe. Vor dem Anpfiff übergibt Liverpools damaliger
Kapitän Phil Neal ein Banner mit der Aufschrift "In Erinnerung und
Freundschaft" sowie den Namen aller Todesopfer an Juventus. In
einer Schweigeminute wird der schwärzesten Stunde des europäischen
Fußballs gedacht.
"Man wird niemals vergessen machen können, was damals passiert ist.
Aber seit dieser schrecklichen Nacht in Brüssel haben beide Clubs stark
an ihren Beziehungen gearbeitet und sind sich näher als je zuvor",
erklärte Liverpools einstiger Stürmerstar Ian Rush. Für den Waliser,
der beim Finale vor 20 Jahren für Liverpool auf dem Platz stand und
1987 für eine Saison zu Juventus wechselte, kommt das Spiel "zum
richtigen Zeitpunkt". "Wir haben 20 Jahre auf diesen Augenblick gewartet".
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Das Unglück wurde ausgelöst, als englische Hooligans den Block der
italienischen Fans stürmten und diese immer näher an den Stadionrand
drängten. Dadurch wurden die Menschen an die seitliche Mauer des
Blocks gedrängt, die unter dem Druck zusammenbrach. Die meisten
der Opfer wurden in der Panik zu Tode getrampelt.
Das Spiel war damals trotz der Gewalt-Eskalation mit einer Stunde
und 27 Minuten Verspätung angepfiffen worden. Juves 1:0-Sieg
durch ein Elfmetertor von Michel Platini geriet allerdings völlig in den
Hintergrund, das deutsche Fernsehen blendete sich damals aus der
Live-Übertragung aus und berichtete ausschließlich über das verheerende
Unglück.
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Englische Vereinsmannschaften wurden im Anschluss für fünf Jahre
von allen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen, der FC Liverpool
sogar noch eine Saison länger. Nach der Heysel-Katastrophe wurde die
Brüsseler Arena neu gebaut und am 23. August 1995 mit dem Spiel
Belgien-Deutschland (1:2) als König-Baudouin-Stadion wiedereröffnet.
Auf der Tribünen-Rückseite erinnert eine Gedenktafel an die Tragödie;
am 29. Mai wird es ein neues Denkmal geben: eine 60 Quadratmeter
große "Sonnenuhr"-Skulptur.
Juventus-Kapitän Alessandro de Piero erinnert sich genau, was er an
jenem Abend vor 20 Jahren tat. "Damals war ich mit meiner Familie
zu einem Freund gegangen, um das Spiel anzuschauen", sagte der
30-Jährige, "als mein Vater realisierte, was in Brüssel geschehen war,
hat er uns sofort raus zum Fußball spielen geschickt. Ich hoffe, dass
wir mit dem Spiel in Liverpool das Kapitel der schlimmen Erinnerungen
schließen können."
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