Wohlgemerkt: In den letzten drei Jahren gab es keinerlei größere Zwischenfälle mit BFC-Hools. Sollte hier im großen Stil für die WM 2006 geübt werden? Einiges spricht dafür. Sicher waren unter den feiernden Fans etliche selbsternannte und wirkliche Hooligans nebst Trittbrettfahrern im entsprechenden Outfit. Doch gibt deren martialisches Gehabe der Polizei das Recht für solches Verhalten? Knüppel raus, alle Menschen auf den Boden, wer nicht sofort runtergeht, wird zusammengeschlagen. Dann Kabelbinder als Fesseln und teilweise drei Stunden liegen bleiben – ohne Wasser, ohne Möglichkeit, die Notdurft zu verrichten.
Einsatzleiter Pape war gegenüber jW am Sonntag zu keiner Stellungnahme bereit. Sein äußerst freundlicher Sprecher Steffen Dopichay sagte: »Es war eine gefahrenabwehrende Maßnahme. Es gab Widerstandshandlungen, deshalb griff das SEK sehr hart durch. Nach meinen Infos lief alles rechtmäßig ab.«
Die Fans, unbeteiligte Diskobesucher und der Betreiber der Diskothek sehen das anders. Aussagen von Zeugen und die Erklärung der Polizei widersprechen sich nicht nur in Details. Am Montag bestätigte der Polizeipressesprecher Schodrowski, daß fünf der Fans einem Haftrichter vorgeführt und bis Spielende in Gewahrsam genommen, alle anderen aber vorher entlassen worden waren. Waffen wurden nicht gefunden.
Montag mittag waren noch zwei Fans im Unfallkrankenhaus Marzahn untergebracht. Einer von ihnen gehört laut BFC-Pressesprecher einem Team von Fans des schwedischen Clubs Malmö FF an. Viele der Verhafteten wollen Anzeige gegen die Polizei erstatten. Der Verein sammelt Beweise und Gedächtnisprotokolle.
Die Reaktionen der Medien waren teilweise haarsträubend. Springers BZ dankte auf der Titelseite: »Bravo Polizei«. Im üblichen Haudraufgeschreibsel wurden die Horden des Bösen dem Bürger vorgeführt. Ansonsten: Polizeibericht abgeschrieben und fertig.
Eine Frau Buntrock kasperte im Lokalteil des Tagesspiegel ähnliches zusammen, vor Ort war sie garantiert nicht. Der Sportreporter der Zeitung ging genauer zu Werke. Die RBB-»Abendschau« hielt sich mit Wertungen zurück, die Berliner Zeitung übernahm in großen Teilen die Sicht der Polizei. Der Kurier berichtete ausgewogen, das ND ebenfalls. Einen Blick in die Bild erlaubte ich mir nicht, da mir bei Bild-Genuß regelmäßig das Essen hochkommt.
BFC-Präsident Weinkauf hat am Sonntag abend in einem Schreiben an den Einsatzleiter Knape noch einmal die Position des Clubs dargelegt. Er verwies darauf, daß eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den entsprechenden Dienststellen derzeit nicht problemlos realisiert werden kann.
Quelle: http://www.jungewelt.de