Hier mal wieder ein Thread zum Thema "Polizeiwillkür" (habe die alten leider nicht wiedergefunden) ...!
Hier mal ein Bericht eines Esseners beim Gastspiel in Chemnitz ... musste prompt an unser Spiel an jenem Ort im Mai 2001 denken ...
Gemütlicher Nachmittag bei alten Freunden ...
...so stellte ich mir den heutigen Tag vor. (JWD veröffentlicht heute mal bewusst einen Text aus der Ich-Perspektive). Es ging um 5.30 Uhr los auf den Weg nach Chemnitz. Überpünktlich um 12.00 Uhr erreichten wir die Stadt. Zum Glück sah ich den Ultra-Bus direkt an der Abfahrt. Da ich mir auch nach dem dritten Besuch in Chemnitz den Weg nicht merken konnte, musste ich dem Bus folgen. Doch auch der Busfahrer kannte offensichtlich den Weg nicht, so dass wir erst gegen 13 Uhr am Stadion ankamen. Die letzten 500 Meter durfte der Konvoi in Polizeibegleitung beschreiten.
Eines mal direkt vorneweg: Der CFC ist einer der wenigen Club im Osten, bei dem uns die Fans an den Bushaltestellen zuwinken statt zu drohen.
Am Stadion wurden dann erstmalig (und leider auch nicht zum einzigen Male) überforderte Polizisten gesichtet, deren Autos und Busse Leipziger Kennzeichen besaßen. Denn dort stiegen die Ultras aus ihrem Bus aus und liefen in Richtung Heimblock der Chemnitzer, was die Beamten offensichtlich beunruhigte. Daher machte ich einen Beamten, der wohl nicht viel älter als 25 war, darauf aufmerksam, dass es eine Fanfreundschaft zwischen den Vereinen gibt und die Jungs dort gerne feiern gehen würden. Fanfreundschaft? Verdutzte Gesichter! Für die Beamten war dies scheinbar ein neuer Begriff!
Das Stadion sah genauso aus wie bei den letzten vorangegangen Besuchen, doch einige Unterschiede gab es dann doch: Das Stadion wirkte ausgestorbener. Immerhin gab es bei diesem Spiel richtige Eintrittskarten. Gegen Wattenscheid vor zwei Jahren bekamen die Zuschauer nur Wertmarken ausgehändigt. Die Bratwurst schmeckte übrigens genauso mies wie damals, allerdings kontrollierten die Ordner diesmal ungewohnt genau und konsequent, u.a. wurde unter Beobachtung der Polizei jeder Doppelhalter gesichtet. Ein Doppelhalter mit einer abgebildeten Pistole durfte beispielsweise nicht mit ins Stadion genommen werden.
30 Minuten vor dem Anpfiff betrat die Mannschaft den Rasen. Wie immer begrüßten die Fans die Spieler und umgekehrt. Nachwuchsnationalspieler Serkan Calik flachste sogar mit einem führenden Kopf der Fanszene. Berlin schien also vergessen, man war wieder eine Familie, auch wenn sich im Stadion an der Gellertstrasse gerade mal gut 120 Essener einfanden - vor zwei Jahren waren es immerhin noch etwa 400 gewesen. Die Chemnitzer glänzten zunächst mit Support-Boykott als Reaktion auf 22 kürzlich ausgesprochene Stadionverbote, womit ein Großteil der lokalen aktiven Fanszene aus dem Stadion verbannt wurde.
Nach einigen Minuten des Schweigens wurden dann auch auf Chemnitzer Seite die Fahnen gehisst und Gesänge angestimmt. Im Gegensatz zu den letzten Auswärtsleistungen war RWE endlich einmal wieder spielerisch eindeutig überlegen. Nach etwas mehr als einer viertel Stunde erreichte ein genialer Diagonal-Quer-Pass Ali Bilgin (fälschlicherweise vom MDR-Videotext als Ali Bilkin tituliert!!!), der die Unachtsamkeit der kompletten Chemnitzer Hintermannschaft eiskalt ausnutzte und freistehend zum 1:0 einnickte. Endlich wieder ein frühes Tor auf fremdem Platz! Die mitgereisten Fans zeigten ihre Begeisterung.
Eigentlich würden wir jetzt gerne auch über die anderen beiden Tore schreiben und über die Überlegenheit unserer Mannschaft, aber leider hatte jemand im Essener Fanblock die Idee, einen - vom Ordnungsdienst genehmigten - Doppelhalter über den Zaun zu hängen, was fatale Folgen haben sollte. Dummerweise enthielt dieser Doppelhalter, eine gut ein Meter breite Fahne, die Aufschrift "A.C.A.B.". Diese Person wusste anscheinend nicht oder nahm es billigend in Kauf, dass diese Aufschrift in Sachsen verboten ist.
Daraufhin gab es ein Gespräch zwischen der anwesenden Polizei und den mitgereisten Essener Ordnern. Hier versprachen die Ordner, den Doppelhalter in der Halbzeit entfernen zu lassen sowie die beteiligten Personen ausfindig zu machen. Dies reichte der Polizei allerdings nicht, deshalb erfolgte unmittelbar nach diesen Gesprächen ein Zugriff.
Dass dies keine gute Idee war, zeigte sich, als die 15 Beamten von unbeteiligten Fans wütend beschimpft wurden. Es wurde ja auch schon von uns im Vorbericht erwähnt, dass man momentan in Chemnitz etwas Ärger mit den Ordnungskräften hat, allerdings waren die Essener Fans bisher in Chemnitz noch nie negativ aufgefallen, somit wäre hiermit also alles erledigt gewesen. So aber nicht an diesem Tag! Denn in der Zwischenzeit waren ca. 35 weitere Beamte, alle ohne Helm und scheinbar ohne Führungskräfte, zu ihren Kameraden gestoßen. Am Eingang sammelten sich die Beamten. Oben auf einer Treppe beschwerten sich die mitgereisten Zuschauer inkl. des Fanbeauftragten sowie der Ordner vehement über das Vorgehen der Polizei. Eine Gefährdung für Beamte oder gar Chemnitzer Fans bestand definitiv nicht! Es waren keinerlei offensichtliche Hooligans aus Essen mitgereist. Dennoch sah sich die Polizei aus Leipzig nun genötigt, noch einmal mit ca. 30 Beamten in den Block zu stürmen.
Dies wirft oder warf natürlich einige Fragen auf: Wollte man hier noch Personen aufgreifen? Es wurden jedenfalls keine Personen gezielt aufgegriffen. Wollte man die Gruppe der aktiven Fans zurücktreiben? War die Aktion kontrolliert und angeordnet? Wozu das Alles? Jedenfalls wurden im Zuge dieses Eingriffes überwiegend Unbeteiligte verletzt. Auf mehrere, am Boden liegende Personen, wurde von Seiten der Polizeikräfte eingetreten. Man prügelte auf breiter Front auf jeden nicht „Uniformierten“ ein, wobei auch Titel und Ämter hier keinerlei Rolle spielten. Auf die Frage an einen Beamten, wo denn der Einsatzleiter oder ein Zug- oder Gruppenführer zu finden sei, kam als Antwort: "Keine Ahnung, irgendwo draußen". Die Antwort auf die Frage nach Dienstnummern kehren wir an dieser Stelle mal vornehm unter den Tisch, sonst verlieren noch mehr Leute den Glauben an den Rechtstaat.
Es ist also vollkommen unerklärlich, warum die Polizei noch minutenlang grundlos durch den Essener Block wirbelte. Wir wollen sicherlich nichts Böses unterstellen oder gar behaupten, aber man bekam als Unbeteiligter der ganzen Situation zwangsläufig den Eindruck vermittelt, als hätten die Beamten geradezu ihre helle Freude an dieser Aktion! Danach entfernten sich ca. 40 Personen aus dem Gästeblock und wanderten, unterstützt von den draußen wartenden Chemnitzern, in Richtung Fanhalle ab. Die erlebnisorientierten Beamten der „Hundertschaft Leipzig“ folgten, jedoch bleiben weitere Eingriffe aus. So beließen sie es beim Verfolgen und der Positionierung von gut zehn Einsatzwagen vor dieser Fanhalle. Mittlerweile wurde sogar die Schutzausrüstung angelegt - die "Sportfrei“-Zeit schien also wieder der Erkenntnis gewichen zu sein, dass man doch den Staat repräsentierte.
Es war zwar deutschlandweit bekannt, dass die Polizei aus Leipzig gern selbst die "Aktion sucht", aber dass es in einem Rechtsstaat so ausarten kann ist erschreckend. Was ebenso sehr komisch war: Unser Fanprojekt hielt sich nicht im Fanblock auf. Daher dauerte es einige Minuten, bis von dieser Seite jemand eingeschritten war. Ordner, ob Heim- oder Gast, sind in Sachsens Fußballstadien überflüssig. Sie könnten einzig Fans vor Polizisten beschützen, denn alles andere übernehmen manche Beamte wohl nur allzu gern.
Für die Fraktion, welche immer wieder gerne mal Behauptungen aufstellt, alle Ossis seien pauschal scheiße, haben wir bei der Gelegenheit auch mal ein paar Punkte zusammengetragen, die folgendes klarstellen soll:
1. Das gesamte Stadion stand hinter uns während des Einsatzes der Polizei!
2 Chemnitzer Fans haben Anhänger unseres Vereins vor weiterer Polizeiwillkür beschützt!
3. Kein einziger Chemnitzer hat auch nur ein Wort dagegen gesagt, dass wir in deren Fanhalle gefeiert haben!
4. Chemnitzer Fans haben nach dem Schock Freibier für alle besorgt!
Vielleicht sollte man einige Vorurteile einfach mal vergessen und sich an diese vier Punkte erinnern (gegen Jena ist die ideale Chance dafür), wenn man beim nächsten Mal "Ossi-Lieder" im Stadion anstimmt. Denn leider sind solche Gesten eine Seltenheit. Im Endeffekt verfolgen wir doch alle das gemeinsame Ziel: Wir möchten unsere Mannschaften unterstützen und die Werte des Fußballfans aufrecht halten. Ob das alle „Parteien“ wollen, ist mehr als zweifelhaft. Hoffen wir, dass sich alles klärt und die Anzahl der weitreisenden Fans durch solche Vorfälle nicht noch weiter verringert wird.