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Bielefeld: Harte Ansprache des neuen Trainers
Middendorp: "Elf Baustellen"
Alles wird anders. Nach einigen Tagen als relativ stiller Beobachter hat Ernst Middendorp vollends das Ruder beim Abstiegskandidaten übernommen. Und der 48-Jährige geht auf Crashkurs. Wie einst Jürgen Klinsmann beim Nationalteam stellt er alles und jeden infrage. So das System. Der Doppelsechser, zwei defensive Mittelfeldspieler vor der Abwehr, ist passé.
Die stille Beobachtung ist vorbei: DSC-Coach Ernst Middendorp.
"Zu viel Distanz zu den Spitzen" hat Middendorp ausgemacht. Im offensiven Mittelfeld "sind wir nicht besetzt". Künftig wird nur ein Defensiver absichern. Ob dies in einer Raute (Kucera - Marx, Böhme - Masmanidis) erfolgt oder im 4-3-3 mit offensiven Halbpositionen, ist offen.
Die neue Systematik haben die DSC-Profis noch nicht kennengelernt (momentane Schwerpunkte: Flanken, Abschluss, Zweikämpfe, Ballbesitz), die andere Ansprache des Neuen schon. "Sehr hart und direkt", nennt sie Mathias Hain.
Den Matze Hain, den ich erlebt habe, den brauche ich nicht!
Ernst Middendorp
Middendorp will damit wie mit allen Maßnahmen nach 14 sieglosen Spielen Reizpunkte setzen. So entzieht er auch den Führungsspielern die Einsatzgarantie: "Es gibt elf Baustellen", erklärt er auf die Frage, ob Institution Rüdiger Kauf durch die Abkehr vom Doppelsechser um seinen Platz bangen müsse.
Selbst der Kapitän steht auf der Kippe. Middendorp: "Wie ich ihn in den sieben Tagen erlebt habe, ist er nicht der Mathias Hain, wie ich ihn kenne. Das sage ich ganz deutlich: Den Matze Hain, den ich erlebt habe, den brauche ich nicht!"
Fliegt Hain aus dem Tor? "Seine Chance zu spielen ist genauso groß wie die für Marc Ziegler", sagt Middendorp. Mehr Aggressivität, Ansprache und aufbauende Maßnahmen fordert er vom Kapitän. "Wenn er in der Lage ist, sich wieder ins Leben zu rufen, ist er ein Kandidat, um zu spielen."
Es muss erlaubt sein, dass ich Tobias Rau, wenn er dahinvegetiert, frage: Was machst Du eigentlich? Hast du innerlich gekündigt?
Ernst Middendorp
Middendorp geht hohes Risiko. Konflikte sind fast programmiert. "Natürlich ist das bewusst gemacht", erklärt der Fußballlehrer, "was soll ich denn machen? Es muss erlaubt sein, dass ich Mathias Hain das sage. Es muss erlaubt sein, dass ich Tobias Rau, einem Nationalspieler, wenn er dahinvegetiert, frage: Was machst Du eigentlich? Hast du innerlich gekündigt?"
Middendorp, der von der "Lethargie" spricht, die Spieler wie "Böhme, Kauf und Hain" befallen habe, spielt Vabanque. Ein Typ wie Hain ("Dass der Konkurrenzkampf eröffnet ist, ist normal") kann mit dieser knallharten Ansprache umgehen - aber auch die anderen? Alles sei dem Erfolg untergeordnet, betont Middendorp und stellt fest: "Wir können uns weiter in die Tasche lügen, aber das ist nicht der richtige Weg." Die Parole lautet "Gras fressen. Wir haben nur über diese Mentalität eine Chance." Ernst Middendorp - mit Vollgas aus dem Keller. Oder an die Wand?
Stephan von Nocks
...ich finde das liest sich richtig gut !!