Auf der Weser-Welle der Begeisterung
Erst machts Diabang, dann Cha – Arminia ist wieder da / 2:2 in Bremen
VON RAINER KLUSMEYER
Bremen. Als erster Schwarz-weiß-Blauer sprang Ansgar Brinkmann über die Werbebande, hin zu den Fans in gleichen Farben. Sekunden später hatte sich das ganze Team Hand in Hand vor dem Gästeblock aufgebaut, schwappte die Begeisterungswelle von Spielern zu Anhängern über, feierte Fußball-Bielefeld einen denkwürdigen Tag.
Erstmals in elf gemeinsamen Bundesliga-Jahren war es einer Mannschaft des DSC Arminia gelungen, dem SV Werder Bremen in dessen scheinbar uneinnehmbarer Festung Weserstadion einen Punkt zu entringen. Das 2:2 (2:2) in einem 45 Minuten lang begeisternden, danach zumindest bis zum Abpfiff des guten Dr. Markus Merk spannenden Spieles war für die Arminia "redlich verdient", wie Trainer Benno Möhlmann befand. War "ein weiterer Ausdruck unserer gewachsenen Reife", wie Präsident Hans-Hermann Schwick meinte. Zeigte, dass "die Mannschaft intakt ist", wie Roland Kentsch mit strahlendem Gesicht anmerkte.
Die Einstufung des Geschäftsführers Finanzen bezog sich vor allem auf die Tatsache, dass es gelungen war, gleich zweimal einen Rückstand zu egalisieren. Wahrscheinlich wird Kentsch - was bei einem Finanzfachmann nicht verwundert - ganz genau das Kleingedruckte durchgelesen haben, mit dem im Bremer "Info-Service" vor Spielbeginn auch dem letzten Bielefelder die Aussichtslosigkeit des Unterfangens verdeutlicht wurde. Unter der Rubrik "Wussten Sie eigentlich . . ." war dort nachzulesen, dass Arminia noch nie mehr als ein Tor in Bremen geschossen hatte, dass zudem der SV Werder alle Spiele gegen die Arminia gewann, in denen er 1:0 in Führung gegangen war.
Bisherige Negativbilanz bei Werder vergessen gemacht
Eine vom unbedingten Willen, im neuen Jahr nahtlos an ihre Erfolge vom Hinrundenende anzuknüpfen, beseelte Bielefelder Mannschaft, machte sich mit "großem kämpferischen Einsatz und mutigem Spiel nach vorn" (Möhlmann) daran, sämtliche Negativrekorde ihrer Vorgänger aus den Vereinsannalen zu löschen. Lasst doch Victor Skripnik nach drei Minuten zum 1:0 einköpfen! Dann legt eben ein Ansgar Brinkmann "in Weltklasseform" (Kentsch) ein unaufhaltsames Dribbelsolo samt exaktem Pass auf Du-Ri Cha hin, so dass Momo Diabang nach missglücktem Bremer Rettungsversuch gar nicht mehr anders kann, als zum 1:1 (11. Minute) einzuschieben.
Und wenn auch Ailton einen berechtigten Foulelfmeter (36.) - Keeper Mathias Hain hatte den Brasilianer nach einem Lehrbuchkonter regelwidrig vom Ball getrennt - zum 2:1 verwandelt. Dann setzt eben Ailtons weißbrasilianischer Landsmann Brinkmann zu einem weiteren Zickzack-Solo an, diesmal als Wegbereiter zum 2:2 von Du-Ri Cha, dem ersten Bundesligatreffer des Südkoreaners, der danach am liebsten die ganze Welt umarmt hätte.
Von wegen höchstens ein Tor in Bremen! Wie war das mit der obligatorischen Niederlage nach einem Rückstand? Kann sich noch jemand an die bisherige Bilanz an der Weser erinnern?
In Durchgang zwei - die Arminia bekam Werder zur Freude ihres Coaches "besser unter Kontrolle" - hatte der neue Tabellenzweite trotz Überlegenheit nur noch wenige Chancen zum fest eingeplanten elften Heimsieg über den DSC. Weshalb Möhlmann nicht ganz zu Unrecht seine Analyse abschloss: "In einigen Kontersituationen haben wir es versäumt, konsequenter das dritte Tor anzustreben. Ich weiß, dass das des Guten zu viel gewesen wäre. Aber lassen sie mich auch mal etwas träumen."
Wenn die Freude über das Husarenstück an der Weser etwas abgeebbt ist. Wenn die Verbesserung auf Platz zehn als Fakt registriert ist. Wenn sich sechs Punkte Vorsprung auf Abstiegsrang 16 als beruhigendes Gefühl breit gemacht haben. Dann dürften in den Nächten bis zum Samstag, wenn sich um 15.30 Uhr Bayern München auf der Alm vorstellt, in Arminen-Träumen Kleidungsstücke wie ausgezogene Lederhosen eine wichtige Rolle spielen.