Polizei stürmt Wohnung des Rockstars in Winterhude / Drogen kamen aus Bäckerei / Carsten Pape steckt mit drin
SASCHA BALASKO, THOMAS HIRSCHBIEGEL, GPH
Mit "Hamburg, meine Perle" ist Lotto King Karl zu dem Hamburger Kultstar geworden. Er füllt regelmäßig die Color-Line-Arena und ist Stadionsprecher des HSV. Jetzt lastet ein schwerer Verdacht auf dem Kultstar: Drogenfahnder stürmten seine Winterhuder Wohnung, ermitteln wegen des Besitzes von Kokain.
Punkt 6 Uhr schlugen die Beamten zu. Lotto schlief tief und fest. Die Polizisten bollerten gegen die Tür seiner Altbauwohnung an der Dorotheenstraße, riefen immer wieder: "Aufmachen, Polizei!" Schließlich öffnete Lotto.
Er trug Jeans und Pulli, guckte die Fahnder verschlafen an, zeigte sich dann aber kooperativ. Nach unbestätigten Informationen soll er den Fahndern auch einige Drogen-Briefchen ausgehändigt haben.
Am Abend verweigerte sein Anwalt zunächst jede Angabe, doch Lotto äußerte sich gegenüber der MOPO freimütig (siehe Interview), sagte: "Ich bin hier das absolut kleinste Licht der Abteilung."
Da hat der Kultstar vermutlich Recht. Der große Fisch, dem diese Polizeiaktion galt, heißt Jürgen M. (42) und ist Bäcker. Aber offenbar ein ganz spezieller. Wer in der Backstube in der Kieler Straße 430 anrief und vier Brötchen oder ein Weißbrot bestellte, konnte damit rechnen, dass wenig später Taxifahrer Rolf Sch. (57) vor der Tür stand -°mit der Brötchentüte und ein paar kleineren Tütchen. In denen war Koks.
Als die Fahnder jetzt die Backstube stürmten, fanden sie versteckt in Packungen für Staubsaugerbeutel 50 Gramm reinstes Kokain. In einer nahen Garage wurden weitere 500 Gramm eines Kokain-Gemisches entdeckt. In seiner Wohnung am nahen Privatweg (Stellingen) stellten die Ermittler 9200 Euro Bargeld sicher.
Der "Spezial-Bäcker", der auch mit polnischen Zigaretten und möglicherweise auch mit Diebsgut handelte, kam in Haft. Als Zwischenhändler traten ein Musikmanager (52) und ein 38-Jähriger auf, der zeitweise als Bodyguard von Lotto firmiert hatte. Weiter an dem schwunghaften Deal beteiligt ist die Schwester (25) des Bäckers und Lottos engster Freund und Bühnenpartner Carsten Pape (46).
Lotto und die Drogen - da wurde schon immer viel gemunkelt. Vor wenigen Tagen tönte er auf einer Party: "Koks ist doch harmlos, eine Volksdroge."
Info:
ZUR PERSON
LOTTO
Am 4. Februar 1967 wurde Lotto King Karl als Gerrit Heesemann in Barmbek geboren, machte 1986 Abitur an der Gelehrtenschule des Johanneums und wendete sich dann der Musik zu. Sein Leben änderte sich, als er nach eigenem Bekunden 1996 einen Lotto-Jackpot von 42 Millionen Mark knackte. Seine erste Single "Ich hab den Jackpot" folgte. Schnell stieg er zum Lokalmatador auf, ist Gast in vielen TV-Shows, füllt Konzerthallen und ist Stadionsprecher beim HSV (mehr zum Phänomen "Lotto" lesen Sie auf Seite 10).
CARSTEN PAPE (R.)
Er war Postbote, Friedhofsgärtner, Punk. Carsten Pape (50) war der Sänger der Hamburger Kult-Band Clowns & Helden. Bekannt wurde die Gruppe 1989 durch ihren einzigen Hit "Ich liebe dich". Viele Jahre war der Sänger drogensüchtig, spritzte sich Heroin. Nur der "kalte Entzug" half. Mit Lotto King Kar geht er seit 1999 als "Lotto & Pape" auf Tour. Nebenbei produzierte Pape Songs für Nena und Peter Maffay.
KOKAIN
Kokain (Koks) wird aus den Blättern des südamerikanischen Kokastrauches gewonnen. Von den Indianern werden die Blätter schon seit 4000 Jahren wegen der Hunger stillenden, wach haltenden und berauschenden Wirkung gekaut.
Kokain wurde in Deutschland vor allem durch den Psychoanalytiker und Arzt Sigmund Freud bekannt und zuerst als Medikament eingesetzt. In den "Goldenen Zwanziger Jahren" setzte eine regelrechte Kokain-Welle ein, die zum Verbot des Rauschmittels führte.
Kokain wirkt in der Anfangsphase euphorisierend und häufig sexuell stimulierend, hält die Konsumenten wach und leistungsfähig - gilt als Partydroge. Regelmäßiger Gebrauch führt schnell zu psychischen Abhängigkeiten und höheren Dosierungen. Bei chronischem Missbrauch kommt es meist zu körperlichem und psychischem Verfall mit starken gesundheitlichen Störungen.
(MOPO vom 17.05.2006 / SEITE 8-9)
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