Ich finde diese Diskussion kurios. Manchester City ist mit "Ballbesitzfussball" souverän englischer Meister geworden. Ebenso wie Barcelona in Spanien und die Bayern in Deutschland. Aber es gibt eben für jedes System einen Schlüssel und es geht auch viel um individuelle Klasse.
Nehmen wir mal den Meister des Ballbesitzes, Pep Guardiola. Der wird souverän englischer Meister, hat eine Mannschaft, die gespickt ist mit Weltklassespielern und dennoch wurde er diese Saison vom FC Liverpool drei mal geschlagen. Liverpools Spielweise ist eben ideal, um das System von Guardiola zu knacken. Frühes Pressing, hohe Laufbereitschaft um die Räume zu zu laufen und extrem schnelle Leute für ein schnelles Umschaltspiel. Aber Klopp hat sein Spiel auch weiter entwickelt und hat auch einen Plan B, kann also auch ein Spiel machen. Da war er in Dortmund noch zu eindimensional.
Wenn man sich bei dieser WM die Deutschen und die Spanier ansieht, dann versteht man schnell, warum deren Spielweise nicht mehr funtkioniert hat. Nehmen wir mal unsere Mannschaft:
2014 waren alle auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und wir hatten mit Klose vorne einen Stürmer, der extrem viel gearbeitet hat, aber eben auch hohe Bälle verarbeiten konnte. Schweinsteiger war agressiv und konnte sowohl dagegen halten, wie auch gute Bälle spielen. Lahm war als LV Weltklasse, ebenso wie Hummels und Boateng. Müller war nicht auszurechnen und hat immer wieder Lücken gefunden, mit seinen unkonventionellen Laufwegen. Im Gegensatz zu den Spaniern hatten wir auch nie das Problem, dass wir keine Torgefahr erzeugen konnten, weil wir mit Klose einen echten Stürmer hatten, der auch mit dem Rücken zum Tor agieren konnte, wenn er musste.
2018 waren nicht nur alle 4 Jahre älter. Khedira ist nicht mehr so schnell wie früher. Der funktioniert im tief stehenden Altherrenverbund von Juve, aber nicht mehr in so einem System. Viel schlimmer aber ist, dass Löw mehrere Dinge nie gemerkt hat. Werner ist nicht Klose. Der braucht das Spiel vor sich, ist ein schneller, wuseliger, spielender Stürmer. wenn man ihn allein vorne ins Zentrum strellt, wie Klose 2014, funktioniert er schlichtweg nicht! Der lässt nicht mit dem Rücken zum Tor Bälle prallen. Das ist einfach nicht seine Spielweise.
Gleiches gilt für Reus und Draxler (oder alternativ für Brand und Sane). Schnelle Leute, die Raum brauchen, um ihre Stärken auszuspielen und mit ihren Dribblings die Abwehr auszuhebeln. Schiebt man solche Spieler zu weit nach vorne, dann nimmt man ihnen ihre Stärken. Besonders auffällig war das gegen Schweden, als Boateng der aktivste deutsche Aufbauspieler war.
Das zweite Problem ist, dass Du für das System von 2014 Leute brauchst, die Passwege zulaufen und ggfs. schnell nach hinten kommen. Wenn ich einen Verteidiger wie Hummels aber ständig auf Höhe der Mittellinie ins 1vs1 schicke, wird das schief gehen, weil Hummels ein weltklasse Stellungsspiel hat, aber nun mal nicht schnell ist. 2014 hat Boateng die wenigen Lücken nach hinten zugelaufen. Zu guter Letzt muss man auch noch feststellen, dass wir mit Schweinsteiger, Klose und Lahm nicht nur echte Klasse und internationale Erfahrung, sondern auch echte Führungsspieler verloren haben. Diese Lücke konnte nie geschlossen werden. Kurz gesagt, wir hatten für das Spielsystem nicht mehr die richtigen Leute, es gab dazu noch zu wenig Konkurenzkampf, internes Theater und deshalb sind wir zurecht früh raus geflogen.
Wenn ich jetzt ne Brücke zu Arminia schlage, dann spielt Saibene ähnlich wie Klopp. Schnelles Umschaltspiel, hohes Pressing, hohe Laufbereitschaft, aber auch bei egenem Ballbesitz in der Lage, mal das Spiel aufzubauen. Taktisch ist das aus meiner Sicht sehr variabel und sehr modern. Ich denke, der Trainer Saibene wird nach dieser Saison sehr beliebt bei anderen Clubs sein.