schaut mal vier seiten zurück oder gibt bei my video ultras mönchröden ein
naja, das ganze gibt es auch schriftlich und stammt glaube ich
aus der 11 freunde - das erklärt glaube ich einiges...
Kaltschale im Away-Sektor
ZitatAlles anzeigenUm gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ultra zu sein
ist
kein Hobby, kein lustiger Zeitvertreib. Ultra zu sein bedeutet, immer
für deinen Verein da zu sein, dein Leben lang. Oder zumindest bis du
achtzehn Jahre alt wirst und deine Freundin dich zum Badminton
schleppt. Auch ein schöner Sport. Aber bis dahin ist es noch verdammt
lang hin, du bist ja erst vierzehn, deine Eltern haben dich leider
Rüdiger Strothans genannt, und willst erst einmal ein Ultra werden,
zum harten Kern gehören, der König der Kurve sein.
Und das geht so: Zunächst einmal braucht ein echter Ultra seine ganz
private Gruppe, eine verschworene Sondereinheit, knallharte Burschen
mit Vietnam-Erfahrung und Nahkampfausbildung. Und diese harten Jungs
brauchen natürlich einen ordentlichen Namen, streng nach der
Faustregel "Militärischer Kampfbegriff aus dem 2. Weltkrieg +
Stadtteilname". Weil allerdings meistens schon 15 "Brigaden" und 28
"Kommandos" im Block rumlungern, bedient ihr euch am besten im Archiv
"Katastrophenfilme der achtziger Jahre". Als Arbeitstitel gilt
"Inferno Harsewinkel" schon prima. Auch wenn ihr streng genommen nur
drei Jungs seid, du, dein kleiner Bruder, und dessen bester Freund,
Kevin Lütkebohmert. Und die beiden sind noch in der fünften Klasse.
Ist die Gruppe dann getauft, brauchst du nur noch einen ganz
persönlichen Kampfnamen, der in der Szene schnell zum Begriff wird
und
von den anderen Halbwüchsigen ehrfurchtsvoll gehaucht wird. Deine
schulischen Spitznamen "Rüdi", "Eutergesicht", "Eule" taugen
allerdings überhaupt nichts, nenne dich stattdessen "Pyro-Psychopath"
oder "Allesfahrer" oder "HWRudyonTour".
Bis dir die anderen Jungspunde im Block ehrfurchtsvoll Platz machen,
ist es allerdings noch ein bisschen hin. Bis dahin bringst du dich
aktiv in die Gesamtgruppo ein, beispielsweise bei der Anfertigung dr
neuesten Block-Choreographie in der Mehrzweckturnhalle hinter dem
Stadion. Weil du aber in englisch zwischen ausreichend minus und
mangelhaft plus stehst, überlässt du das Pinseln der Buchstaben für
den flotten Spruch lieber den Kollegen von der Realschule, sonst
liest
am Wochenende das ganze Stadion deinen Versuch, "Schalke-Pauer" zu
schreiben. Pauer ist englisch und heisst Kraft. Aua.
Hast du dich dann lang genug mit niederen Hilfsarbeiten bei den
Köpfen der Ultra-Szene eingeschleimt, ist es an der Zeit, auch
überregional deinen Ruhm zu mehren. Der einfachste Weg: die eigene
Homepage. Unter der altgedienten Adresse
http://www.familie-strothans.de/kinder/inferno.html
<http://www.familie-strothans.de/kinder/inferno.html> stellst du
Bilder der ltzteen sechs Auswärtsspiele ins Netz., bei denen eure
komplette Gruppe anwesend war. Stelle allerdings keine Gruppenfotos,
sondern ausschliesslich Schnappschüsse auf dei Seite, auf denen ihr
gerade die Kreissportanlage Espelkam oder den heimischen Garten mit
drei Rauchgranaten aus Bundeswehrbesätnden völlig eingenebelt habt.
Inmitten des ganzen Rauchs fälllt nicht auf, dass ihr in
Wirklichkeit
nur drei Leut seid und dein kleiner Bruder auch noch schrecklich
husten muss. So kannst du unwidersprochen unter das Foto schreiben
"Unser Höllenmob enterte den Away-Sektor und gab sich erst einmal
Gerstenkaltschalen satt." Ausserdem stellst du natürlich noch ein
Gästebuch bereit, in dem du gleich nach der Einweihung unter
Pseudonymen bewundernde Kommentare vermeintlicher Besucher
veröffentlichst, wie "Grandiose Show! Ihr seid die Macht!"
Andersherum tummeslt du dich natürlich vor den Spielen auf den
Seiten
gegnerischer Ultras und pöbelst, was die Tastatur hergibt. Deine
Argumentation ist zwar nicht immer ganz schlüssig ("Am Samstag werden
wir eurem Kindergarten mal zeigen was eine Harke ist, ihr Rentner")
und ebenfalls nicht immer frei von Rechtschreibfehlern ("Hura Hura
die
Schalker die sihnd da").
Dafür plauderst du aber auch keine strengstens Gehütetetnn
Geheimnisse der Szene aus, etwa wie die Choreographie am Wochenende
aussehen wird. Nur hin und wieder rutscht dir was raus ("Euch
erwartet
einiges: Oben ein grosses Vereinswappen, darunter tausend blaue
Fähnchen und der Spruch, wird richtig geil aussehen, ihr Lutscher"9
Am
Wochenende dann, wenn die gegnerische Kurve auf euren Spruch mit
einem
lässigen Konter reagiert hat, moserst du mit den Kumpels über "den
Schwachkopf, der mal wieder nicht dicht halten konnte".
Aber du bist natürlich nicht nur ein Sprücheklopfer, du kennst auch
die ehernen Gesetze der Ultras. So kannst du selbsverständlich das
Ultra-Manifest auswendig. Das wurde einst von den Ultras des AS Rom
geschrieben, zusammen mit Mama Miracoli und Enrico Parlazzo. Drin
steht so einiges, vor allem aber, dass Ultras das ganze Spiel über
nicht aufs Spielfeld blicken dürfen, sondern immer darauf achten
müssen, das sich alle Hände im gleichen Takt von links nach rechts
bewegen und umgekehrt, wenn der Vorsänger es befiehlt. Überhaupt, das
weisst du inzwischen, müssen Ultras alles machen, was der Vorsänger
(das ist der, der die ganze Zeit mit krebsrotem Kopf auf dem Zaun
sitz
und durchs Megafon blökt) anordnet. Und wenn das Spiel vorbei ist,
fragen sich alle inclusive Vorsänger, wie das Spiel wohl ausgegangen
sein mag.
Aber zurück zu dir, Rüdiger Strothans. Du bist in der Kurve
inzwischen richtig akzeptiert. Nun ja, was heisst akzeptiert,
zumindest werden dir auf Auswärtsfahrten nicht mehr ständig mit dem
Feuerzeug die Haare am Hinterkopf angesengt und dein anfänglicher
Spitzname "ganz arme Haut" ist ebenfalls passé, man nennt dich
stattdessen "Patient". Immerhin besser als nichts. Dafür kursieren
allerlei lustige Geschichten über dich in der Szene und werden gerne
weitererzählt. Zum Beispiel, wie du mal im Sonderzug ins
Schaffnerabteil geschifft hast, weil du dachtest, es sei die
Zugtoilette. Und wie du dier im England-Urlaub von einem besoffenen
Tätowierer in Brighton das Vereinswappen auf den Oberarm hast
tätowieren lassen., dir die ganze Sache allerdings sofort ein
bisschen
komisch vorkam und du jetzt ein Problem hast. Weil es eine Menge Geld
kosten würde, "Schlake 05 Gessenkirch" via Laser entfernen zu lassen.
Neben deinen Aktivitäten für den Heimatverein bist du natürlich auch
immer unterwegs. Um den ultra-Gedanken auch in den letzten Winkel
Europas zu bringen. Allein im Oktober 2004 warst du bei Spielen in
Espelkamp, Hohenlohe, Worms, Steinhagen, Billerbeck, Passau und
Neu-Ulm. Natürlich nie ohne den frisch gebastelten "Inferno
Espelkamp"
Doppelhalter, ordentlich Pyro und natürlich Gerstenkaltschalen im
Away-Sektor. Und damit auch alle Welt von deinen
Allesfahrer-Aktivitäten erfährt, schickst du Grüße von jedem
Sportplatz an alle verfügbaren Ultra-Fanzines. Allein "Erlebnis
Fussball" bekommt von dir täglich 9 Karten mit Grüssen von diversen
Fussballspielen, nur, der Poststempel "Inferno Harsewinkel" auf allen
Karten und der verräterische "Gruß von Boca-Fluminense und Westfalia
Herne - Fichte Bielefeld", beides angeblich gesehen am 14. Oktober
2004 erregt Misstrauen.
Weil du aber so ein bunter Hund bist, wirst du irgendwann zum Capo
ernannt. Zunächst denkst du, es heisst "Kappo" und kommst ab sofort
immer mit neuer Kappe zum Spiel. Ein Capo ist jedoch so etwas wie ein
Riegenführer bei den Bundesjugendspielen, er muss Busreisen zu
Auswärtsspielen organisieren und m, na klar, persönlich für den
Schaden aufkommen, wenn die vollstrammen Milchbärte auf den hinteren
Bänken wieder einmal die Schonbezüge vollgereihert haben. Aber für
all
die Mühsal wirst du entschädigt, denn wenn der Vorsäger krank ist,
darfst du auch mal auf den Zaun klettern und entfesselte Gesänge
durchs Megafon röhren. Allerdings fällt unschön auf, dass du noch
immer im Stimmbruch weilst, deine Anfeuerungen erinnern an das
Geblöke
ungemolkener Kühe. Bessser also, du liest dir hinterher nicht die
Kommentare im offiziellen Vereinsforum durch, die sind nämlich nicht
wirklich aufbauend ("Holt den Irren vom zaun, aber zackig").
Und dennoch: Du bist am Ziel deiner Träume. Du hast alles erreicxht.
Du bist Ultra, ein Capo, schwerstens tätowiert, der König der Kurve.
Du gibst alles für deinen Verein. Ein leben lang. Und morgen wirst du
achtzehn Jahre alt. Badminton ist ja auch irgendwie ein toller Sport.
Sagt jedenfalls deine Freundin.