Selbstbedienungsladen Bielefeld
München - Wer will nochmal, wer hat noch nicht?
So könnte das Motto im Moment bei Arminia Bielefeld lauten, denn auf der "Alm" wurde in den letzten Wochen fast jeder Verein auf Spielersuche fündig. Der Arminia droht der Ausverkauf.
Buckley wechselt nach Dortmund
Mit Delron Buckley verlässt der fünfte Leistungsträger die Ostwestfalen. Der Südafrikaner wechselt für die festgeschriebene Ablösesumme von 425.000 Euro zu Borussia Dortmund. "Ich habe mehr als acht Jahre im Ruhrgebiet gewohnt. Ich hatte zwei schwere Verletzungen und war täglich zur Reha in Dortmund. Ich fand den Klub damals schon genial", sagte Buckley den "Ruhr Nachrichten".
"Delron ist der Macht erlegen, die Dortmund ausstrahlt", erklärte Arminia-Coach Uwe Rapolder. "Wenn ein Spieler daheim immer vor 80.000 auflaufen will, habe ich dafür gewisses Verständnis."
Vor Buckley hatten sich bereits Patrick Owomoyela (Bremen), Ervin Skela (Kaiserslautern), Benjamin Lense (Nürnberg) und Matthias Langkamp (Wolfsburg) einen neuen Klub gesucht. Der Wechsel von Bernd Rauw zu Alemannia Aachen schmerzt die Verantwortlichen dagegen kaum. Mit dem Belgier hatte ohnehin niemand mehr geplant.
"Gegen Geld kannst du nicht anreden"
Skela verhandelte erst gar nicht und stellte Manager Thomas von Heesen direkt vor vollendete Tatsachen. Der ablösefreie Mittelfeldspieler rechnete nicht damit, dass die Bielefelder bei dem finanziell besseren Angebot aus Kaiserslautern mithalten könnten.
"Gegen Geld kannst du nicht anreden", hatte Rapolder bereits vor Wochen geunkt. Und er sollte Recht behalten. Mit einem schmalen Etat gestraft und dem Ruf der "grauen Maus" gebrandmarkt hatten die Bielefelder schlechte Karten im Vertragspoker.
"Der Trainer und ich reden uns den Mund fusselig und sagen: Jungs, das Kollektiv macht euch so stark. Aber die Spieler unterschätzen, was bei einem neuen Verein alles auf sie zukommt", sagte von Heesen in der "Süddeutschen Zeitung".
Warnendes Beispiel Bochum
Bielefeld ist zum Selbstbedienungsladen für die Bundesliga-Konkurrenz geworden. Ein Schicksal, das abzusehen war und den Gesetzen der Branche folgt. Der Ausverkauf eines Überraschungsteams - der VfL Bochum lässt grüßen.
Nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Vahid Hashemian (Bayern), Frank Fahrenhorst (Bremen) und Paul Freier (Leverkusen) spielt der VfL nach der starken letzten Saison in dieser Spielzeit gegen den Abstieg.
"Bis an die Schmerzgrenze gegangen"
Owomoyela kickte vor einem Jahr noch in der Regionalliga und ist in Bielefeld zum Nationalspieler geworden. Für Buckley und Skela war die Arminia die letzte Chance. Auch Lense und Langkamp kannte vor zwölf Monaten noch niemand.
Doch sie alle haben sich auf der "Alm" einen Staus erspielt, den sie sich jetzt bei anderen Vereinen auszahlen lassen. Vor allem der Wechsel vom 15-fachen Torschützen Buckley trifft die Bielefelder. "Wir sind bis an die Schmerzgrenze gegangen", sagt Finanzchef Roland Kentsch. Das hat aber nicht ausgereicht um Buckley zu halten.
Rapolder wortkarg
Mit dem personellen Aderlass wird auch die Zukunft von Rapolder immer fraglicher. Der Trainer wollte sich im Gespräch mit Sport1 nicht äußern: "Das kommentiere ich nicht mehr. Sie können ruhig schreiben: Rapolder wortkarg."
Aber auch so ist klar, dass es für die Arminia schwer wird, den Erfolgs-Coach zu halten. Rapolder ist beim 1. FC Köln als Nachfolger für Huub Stevens im Gespräch.
"Er hat sich eine gute Ausgangsposition geschaffen und könnte das als Sprungbrett nutzen. Aber ich glaube nicht, dass er nur deshalb geht, weil die Spieler gehen", sagt von Heesen. Rapolder will, dass die Abgänge gleichwertig ersetzt werden. Dazu müsste Arminia die rund vier Millionen Euro Ablöse aber reinvestieren.
Klare Forderungen
"Ich will nicht Opfer einer falschen Entwicklung werden. Wenn wir das Personal nicht zur Verfügung haben, wird es schwer, diese Saison zu wiederholen", fand Rapolder nach dem 3:1 gegen Freiburg am Samstag deutliche Worte in Richtung Vereinsspitze.
Unter der Woche hatte der Trainer in einer zweistündigen Unterredung, die er selbst verlangt hatte, seine Forderungen gestellt.
Kentsch hat seinem Trainer "Neue mit Qualität" versprochen. Doch bis jetzt stehen nur Bernd Korzynietz (Gladbach) und Nebosja Krupnikovic (Hannover 96) als Neuzugänge fest. Der Fürther Heiko Westermann ist als Ersatz für Matthias Langkamp im Gespräch.
Cairo und Bierofka im Blickfeld
Auf den Außenbahnen ist man indes weiterhin auf der Suche nach adäquaten Ersatz für Buckley und Owomoyela. Freiburgs Ellery Cairo und Daniel Bierofka von Bayer Leverkusen stehen hoch oben auf der Wunschliste. Um letzteren buhlt aber Köln.
Fest steht jedenfalls, dass die Arminia personell nachlegen muss, wenn sie nicht auch noch Rapolder verlieren will.
Jan Große-Geldermann