Ich lasse mich scheiden
Arminia braucht Sexappeal +++ Ich kann immer noch eklig sein
BILD: Freuen Sie sich schon über Ihre Rückkehr auf die Schulbank?
Ernst Middendorp, Bielefeld-Trainer (48
„Wie bitte?“
BILD: Nach Ihrer Chardonnay-Affäre (1,82 Promille) müssen Sie als Ex-Lehrer bald zum Idioten-Test.
Middendorp: „Das heißt offiziell MPU! Stimmt aber, ich muss diesen 'Idioten-Test' wohl machen, wenn ich meinen Führerschein zurück bekommen möchte. Zunächst habe ich aber bis Ende August das sehr hohe Bußgeld (24 900 Euro, Anm. d. Red) zu überweisen.“
BILD: Was ist in der Nacht wirklich passiert?
Middendorp: „Mir fehlt gedanklich ab ca. 1.30 Uhr etwa 1 Stunde! Ein riesiges Rätsel.“
BILD: Vier Gläser Chardonnay und dann 1,82 Promille – wie geht das?
Middendorp: „Ich war erst bei meinem Griechen Vasillie in Bielefeld, wo ich vier Wein-Schorlen getrunken habe. Dann bin ich in mein Sport-Hotel nach Halle. An der Bar habe ich lange mit einem HSV-Fan geredet, dabei vier Gläser Chardonnay getrunken. Nach dem Bezahlen kommt der Filmriss, ab da weiß ich nix mehr. Ich könnte auch behaupten, mich hat dann jemand durchs Dorf gefahren und mich irgendwo abgestellt. Eine schräge Geschichte.“
BILD: Haben sich Spieler getraut, den strengen Trainer Middendorp mit seiner Eskapade aufzuziehen?
Middendorp: „Ja. Der Jörg Böhme, der Eier in der Hose hat, der hat mir schon ein paar Sprüche gegeben.“
BILD: Liga-Zweiter hinter den Super-Bayern. Wenn Arminia weiter so stark spielt, dürfte Sie das Bußgeld nicht ruinieren. Stimmt es, dass Sie sogar eine Meister-Prämie ausgehandelt haben?
Middendorp: „Ich habe verdammt viele Prämien in meinem Vertrag. Uefa-Cup, Champions League, Meisterschaft – nach oben hin habe ich für alle Fälle vorgesorgt...“
BILD: Wie haben die Arminia-Bosse reagiert?
Middendorp: „Die dachten wohl, ich würde spinnen. Da saßen mir einige schmunzelnde Herren gegenüber. War mir aber egal! Ich gucke halt in jeder Sekunde aufs Maximale.“
BILD: Und wenn es wieder nur gegen den Abstieg geht?
Middendorp: „Eine Nicht-Abstiegsprämie habe ich nicht! Auch eine Ausstiegsklausel gibt's nicht.“
BILD: Wozu auch? Ihr Geheim-Ziel ist doch der Uefa-Cup.
Middendorp: „Dagegen würde ich mich natürlich nicht wehren. Wir sollten aber schrittweise planen. Wichtig ist, dass die Leute endlich aufhören, uns immer zu den potentiellen Absteigern zu zählen. Bielefeld muss weg vom Loser-Image!“
BILD: Da haben Sie viel zu tun. Arminia ist der Rekord-Absteiger der Liga...
Middendorp: „Leider. Aber mit unserer Stadion-Renovierung, einer verbesserten Infrastruktur und einer moderneren Nachwuchsarbeit sind wir schon auf einem guten Weg. Wenn alles steht, werden wir ernsthaft die internationalen Wettbewerbe anpeilen.“
BILD: Und wenn es doch vorher klappt?
Middendorp: „Dann wäre das wunderbar. Schon letzte Saison sind wir hinter dem HSV ja nur ganz knapp an der UI-Cup-Quali gescheitert.“
BILD: Es gibt Fans, die träumen bereits davon, dass Bielefeld die Bayern verdrängt.
Middendorp: „Etwas Arroganz ist okay – aber das wäre dann doch wohl zu viel. Unsere Ziele sind ein einstelliger Tabellenplatz und mehr als 42 Punkte.“
BILD: Mit Daniel Halfar aus Kaiserslautern haben Sie gerade einen Teeneschwarm verpflichtet. Wird Arminia jetzt sexy?
Middendorp: „Hoffentlich! Sexappeal kann dem Verein nicht schaden. Immer vorausgesetzt, die Leistung der Spieler stimmt. Als Bundesliga-Verein muss man heutzutage auch abseits des Platzes etwas bieten. Und wenn irgendwelche Spieler Unterhosen von Dolce und Gabbana präsentieren...“
BILD: Middendorp der Vermarkter?
Middendorp: „Wir leben in einer gläsernen Soccer-Business-Welt – da gehört es für mich dazu, dass wir auch in anderen Dingen des Lebens etwas bieten...“
BILD: Sie kritisieren, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich medial sehr rückständig sei...
Middendorp: „Richtig. Warum sollen künftig nicht auch Kameras in den Kabinen-Trakt? Immer nur schöne Bilder vor den Spielen zeigen, das vermittelt einfach nicht die Bundesliga-Realität. Der TV-Zuschauer muss noch näher ran, hat ein Recht auf dieses Erlebnis. Abseits des Platzes hat die Liga großen Nachholbedarf.“
BILD: Middendorp der Medien-Freund? Das war mal anders.
Middendorp: „Of course. Ich litt früher unter Verfolgungswahn! Ich habe immer gedacht, die Leute wollen mir etwas. Heute habe ich sehr viel Spaß mit mir selbst! Ich kann endlich über mich lachen – wunderbar.“
BILD: Woher der Wandel?
Middendorp: „Durch meine Auslands-Stationen im Busch von Ghana, im Iran oder in Südafrika. In dieser Zeit habe ich mich komplett neu gefunden, mich neu organisiert.“
BILD: Heißt, den „Ekel Ernst“ gibt es nicht mehr?
Middendorp: „Das würde ich so nicht sagen. Wenn irgendein Spieler sich nicht fügt, dann kann ich immer noch verdammt ekelig und unausstehlich sein.“
BILD: Wohl nur bei Spielern. Stimmt es, dass Sie eine neue Lebensgefährtin haben?
Middendorp: „Ja. Mein Scheidungsverfahren läuft. Seit drei Wochen wohnt meine neue Freundin Bromwyn bei mir in Bielefeld. Sie ist Irin. Kennen gelernt haben wir uns in Südafrika.“
BILD: Wer besiegt als Erster die Bayern?
Middendorp: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der HSV sie schon morgen extrem in Bedrängnis bringt...“
BILD: Könnten Sie sich auch als Trainer bei Bayern vorstellen?
Middendorp: „Derzeit bin ich überglücklich. Aber ein Bayern-Angebot würde ich natürlich niemals ausschlagen. Ich will mich beweisen, irgendwann einmal mit einer Mannschaft arbeiten, mit der ich als Meisterschafts-Kandidat ins Rennen gehe.“