Wer wissen möchte warum kürzlich eine S04 Fahne am Kreisel hing, warum Arminia jetzt auch Wohnungen vermietet und das Herr Kentsch auch von "Lästigkeitswerten" im Rahmen des Tribühnenbaus spricht sollte sich den Artikel aus "Das Viertel" vor Augen führen. Das Lachen konnte ich mir allerdings an vielen stellen nicht verkneifen.
Kuchen für Kentsch!
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Der Frieden in der Melanchthonstraße 33 ist etwas gestört. Nicht etwa, weil sich die eingeschworene Hausgemeinschaft aus sieben Mietparteien nicht mehr grün wäre. Oder etwa, weil Arminia Bielefeld gleich hinter ihrem Haus das Stadion ausbaut. Nein, Lärm und Staub sind es nicht. Es ist der neue Vermieter selbst, der die Bewohner seit Juni verunsichert: Arminia Bielefeld.
Zur ersten Vermieterversammlung gingen die Bewohner mit ihren Nachbarn aus dem Haus Nummer 31 recht frohgemut. Schließlich sind unter den Mietern auch Fußballbegeisterte wie Thorsten Hoppe-Hartmann. Er war oft auf Fanversammlungen gewesen, hatte dort auf den Stadionausbau gedrungen und mit Vorstandsmitgliedern gefrotzelt, dass man doch eine gläserne Gangway direkt bis zur Melanchthonstraße 33 bauen konnte. »Aber nur, wenn wir die Vip-Lounge dann in Ihrer Küche einrichten«, meinte der Präsident damals und alle lachten.
Gewisse Störungen
Auf der Mieterversammlung im August hat dann keiner mehr gelacht. Gleich zum Einstieg habe Arminia-Geschäftsführer Roland Kentsch nämlich über »Lästigkeitswerte« geredet, die der Verein mit den Häusern und seinen Bewohnern übernommen habe, erzählt Thorsten Hoppe-Hartmann. Wer ausziehen wolle, sollte das früh anmelden. Der Verein habe genug Mitarbeiter, die dort einziehen könnten. Als ein Mieter auf den Baulärm verwies und einen Mietnachlass forderte, sei die Stimmung endgültig in den Keller gerauscht. Für den Fall, dass da jemand die Miete mindere, müsse er mit »Reflexhandlungen« rechnen, habe Roland Kentsch gesagt.
Soweit die Wahrnehmung der Mieter. Die von Roland Kentsch ist natürlich eine andere. »Dummes Zeug« hätten die Mieter der ›Viertel‹ erzählt. »Es gab doch Befürchtungen, dass wir die Häuser abreißen würden und da haben wir eingeladen, um zu informieren und Ängste abzubauen«. Zu »gewissen Störungen« sei es gekommen, weil die Bewohner Mietminderungen gefordert und dann auch noch mit der Presse gedroht hätten. »Da werden Ursache und Wirkung miteinander verwechselt, um materielle Vorteile zu ziehen«, ist sich Roland Kentsch sicher. Denn alle hätten doch gewusst als sie einzogen, dass es in der Nachbarschaft eines Stadions lauter werden kann. Der Mann ist verärgert. »Meine Neigung, den Mietern entgegenzukommen, hat sich verflüchtigt«.
Porzellan zerschlagen
Seit der Mieterversammlung rätseln die Bewohner der Melanchthonstraße 33 jedenfalls, was mit den »Reflexhandlungen« gemeint war – zumal einige die Miete gemindert haben. Sie diskutieren, wenn sie sich mit Einkaufstaschen bepackt im Treppenhaus treffen oder abends beim Wein zusammen sitzen. »Die zerschlagen bewusst Porzellan und greifen ohne Not gewachsene soziale Strukturen an«, meint Thorsten Hoppe-Hartmann. Der Mann versteht die Welt und vor allem »seinen« (ehemaligen Lieblings-) Verein nicht mehr. Um Arminia beim Aufstieg zu unterstützen, ist er sogar mal zum Auswärtsspiel nach Osnabrück gelaufen. Seine Frau Christine war auch dabei, obwohl für sie Arminia nur die Nummer 2 ist.
Die Nummer 1 ist Schalke. Zur Hochzeit hatte Christine Hartmann von ihrem Mann Thorsten eine blau-weiße S04-Fahne geschenkt bekommen und die zum Saisoneröffnungsspiel Schalke gegen Dortmund ins Fenster gehängt. Ein paar Tage später bekamen alle Post. »Fahnen, Banner und ähnliche Fan -Utensilien anderer Vereine als die des DSC dürfen am Tag der Veranstaltung nicht befestigt werden«, schrieb Arminia. »Schäden, die durch Darstellung dieser Utensilien an den Gebäuden und Gärten entstehen, werden dem Verursacher (in diesem Fall dem Mieter) in Rechnung gestellt.« Roland Kentsch erklärt dazu: »So wollen wir unser Eigentum schützen, weil Fans bei einer Schalke-Fahne zum Beispiel Farbbeutel werfen könnten«.
Die Zukunft wetten
Die Bewohnerin Sandra Sensmeyer musste bei der Lektüre der Arminiapost ziemlich laut lachen. Sie bezweifelt die Rechtsgrundlage des Schreibens und macht sich so ihre Gedanken über den Umgangston beim Bundesligisten. »Vielleicht lassen sich so Fußballspieler beeindrucken. Aber wir haben hier alle einen akademischen Abschluss. Mit uns läuft das nicht«.
Dabei will die Hausgemeinschaft überhaupt keinen Streit, beteuert sie. Keiner mag an Auszug denken. Sie überlegen, wie sie das Klima beruhigen können und schließen schon Wetten ab. Thorsten Hoppe-Hartmann ist sich sicher, dass das Haus in zwei Jahren grundsaniert, blau-schwarz-weiß gestrichen und von Vereinsmitarbeitern bewohnt ist. Das klingt pessimistisch. Sandra Sensmeyer sät dagegen Hoffnung. Sie hat vorgeschlagen, Arminia zum Kaffee trinken einzuladen. »Wenn das hilft, backe ich sogar einen Kuchen für Herrn Kentsch«.
Quelle: Webwecker