Auch (oder gerade?) in den unteren Ligen geht es gut zur Sache. Einen Kommentar zu den beteiligten Teams spare ich mir lieber.
Aus der heutigen NW:
Bielefeld. Die Beteiligten des Fußball-Bezirksliga-Spiels FC Türk Sport - SV Canlar wirkten am Montag überaus nachdenklich. Das Sportliche zwischen den beiden Teams (5:1-Sieg für Canlar) war spätestens nach dem Schlusspfiff des umsichtigen und klar handelnden Schiedsrichters Michael Swier aus Gütersloh nur noch Nebensache. Tumulte und Schlägereien prägten das Bild am Kupferhammer. Schließlich musste sogar die Polizei für Ordnung sorgen.
"Ich spiele nun fast schon 30 Jahre Fußball, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte Canlars Coach Zafer Atmaca: "Es ist zugegangen wie im wilden Westen." Beysafa Uludasdemir, Beiratsmitglied beim FC Türk Sport, spricht von einem "Armutszeugnis" und meint: "So etwas darf es nicht mehr geben." Beide sind von der Heftigkeit der Auswüchse entsetzt.
Obwohl sich die Vertreter der Klubs über den Hergang in den hitzigen Schlussminuten und der chaotischen "Nachspielzeit" einig sind, sehen sie den Schuldigen jeweils auf der anderen Seite. Atmaca beschuldigt Ergün Uludasdemir, Kapitän des FC, seine Mitspieler aufgefordert zu haben, "uns zu beleidigen und zu beschimpfen sowie jetzt richtig durchzuziehen, da das Spiel eh’ verloren ist". Beysafa Uludasdemir, Onkel von Ergün, sieht in Canlars Mehmet Solmaz den Schuldigen. Er soll kurz vor Schluss Arif Kundag "zutiefst persönlich beleidigt haben".
Daraus entspann sich eine Rangelei zwischen Solmaz, Uludasdemir und Canlars Tekin Gültekin (der eigentlich nur schlichten wollte), die der Unparteiische mit drei Roten Karten belegte. Der Referee brachte anschließend das Kunststück fertig, die Rudelbildung auf dem Platz aufzulösen - mittlerweile hatten sich reichlich Zuschauer und Spieler eingemischt - sowie die Partie in geordneten Bahnen zu Ende zu bringen.
Dann brachen jedoch alle Dämme. Eine etwa 50-köpfige Gruppe wollte Rache. Gar nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Canlar mit vielen Fans angereist wäre. Aufgrund einer parallel stattfindenden Versammlung der Kulturgemeinde war vom SV lediglich eine Handvoll Zuschauer am Kupferhammer. "Solmaz hätte sich nur entschuldigen müssen, dann wäre es nicht so weit gekommen", sagt Beysafa Uludasdemir.
Einige Beteiligte kletterten über den Zaun, um sich Spieler des SV Canlar zu schnappen, die in die Kabinen flüchteten. Es kam zu zahlreichen Schlägereien und Kurzschlusshandlungen. "Ja, die Leute sind heftig aufeinander losgegangen", bestätigt Beysafa Uludasdemir: "Wir waren nicht mehr in der Lage, die Massen zu bändigen." Genau dies wirft Atmaca dem gastgebenden Verein vor: "Ich habe bei Türk Sport in dieser Situation nur drei Leute gesehen, die sich bemüht haben, den Konflikt zu schlichten. Das waren Ergün Deli, ein Ordner und ein Vorstandsmitglied." Canlars Trainer geht sogar noch einen Schritt weiter. Er hat ein generelles problematisches Verhaltensmuster beim Gegner ausgemacht: "Wir möchten mit Türk Sport, die darauf aus sind, Leute zu provozieren und einzuschüchtern, nicht in einen Topf geworfen werden. Die ganze Landesliga ist froh gewesen, als Türk Sport abgestiegen ist. Jetzt hoffen die Bezirksligisten und zittern die Kreisligisten, dass der FC noch einmal absteigt."
Gegen solche Unterstellungen verwahrt sich Beysafa Uludasdemir. Er nimmt die beteiligten Parteien vom Sonntag vielmehr gemeinsam in die Pflicht und sagt: "Wie sollen wir von anderen respektiert und akzeptiert werden, wenn wir dem anderen keinen Respekt und keine Akzeptanz entgegenbringen." Über diesen Satz lohnt es in der Tat, einmal intensiv nachzudenken.