Die Presse ist aufgewacht, aus der NW von heute:
Bielefeld. Gewonnen oder verloren, egal – zahlreiche Gäste-Fans fahren nach einem Spiel auf der Baustelle Schüco-Arena ärgerlich nach Hause. Ob Frankfurter, Berliner, Rostocker oder Hannoveraner – alle monieren scharf die Sichtverhältnisse auf dem neuen Stehplatzblock A1. Sogar Bielefelder Fans nennen die Nordtribünen-Verlängerung eine "Fehlplanung". Bauherr Arminia hält das Ausmaß der Kritik für unangebracht, hat aber bereits erste Veränderungen umgesetzt.
Die stehenden Gäste sehen nach eigener Aussage das Tor auf der Nordseite nicht oder nur zum Teil. Am Mittwochabend jubelten viele Hannoveraner deshalb mit deutlicher Zeitverzögerung nach den Treffern ihrer Mannschaft. "Es ist ein Riesenproblem, von dort aus das Spiel zu verfolgen", sagt Frank Watermann, Fanbeauftragter von Hannover 96. Er stand auf dem Block, inmitten einer Schar unzufriedener 96-Anhänger.
So wie Ole Wolff und Jörg Hansmeier vom Fanprojekt Bielefeld. "Uns haben viele Beschwerden von Auswärts-Fans erreicht, deshalb wollten wir uns selbst ein Bild machen", sagt Hansmeier. Sein Fazit: "Die Kritik ist nicht unberechtigt." Das Tor und Teile des Strafraums auf der eigenen Seite seien tatsächlich von mehreren Block-Standorten nicht oder nur teilweise zu erkennen. "Uns rufen die Fanbetreuer von anderen Vereinen an und fragen uns, wie das passieren konnte."
Dabei sind Fußballfans einiges gewohnt, wenn sie auf Reisen gehen. Als Gäste stehen sie immer in den hintersten Ecken der Stadien, oft ist die Sicht nicht ideal. In Aachen sei das so, in Freiburg, Cottbus, "auch in Duisburg durch Plexiglasscheiben", sagt Hansmeier. Unverständnis herrscht unter den Fans jedoch vor allem darüber, dass es sich in Bielefeld um einen "baulichen Fehler" handle, der noch ganz frisch sei: dass der Stehblock gut einen halben Meter niedriger ist als der anschließende Sitzblock A. Das wird als Hauptgrund für die als miserabel bezeichneten Sichtverhältnisse ausgemacht. Der Fanbeauftragte Watermann aus Hannover fühlt sich um das Eintrittsgeld betrogen. "Ich würde", sagt er, "dem Architekten eine glatte 6 geben".
Andreas Hornung, Fanbetreuer von Eintracht Frankfurt, nennt die Tribüne "einen baulichen Schwachsinn". Die rund 3.000 Frankfurter Fans seien sehr sauer gewesen. Ein Drittel des Blocks sei ungeeignet für die Verfolgung des Spiels, so sein hartes Urteil. Kritik kommt unabhängig davon auch aus Rostock und Berlin. Die Teams aus diesen Städten waren ebenfalls schon zu Gast auf der Alm. "Das ist ein Fall für den DFB", sagt Axel Klingbeil aus Rostock.
In zahlreichen Internet-Blogs tauschen sich die Fans über den "Schildbürgerstreich" in Bielefeld aus. Sie lästern und schimpfen. Der Stehblock sei eine "absolute Frechheit", eine "Fehlplanung", eine "Billiglösung" oder "einfach peinlich".
Arminia hat auf die Kritik reagiert. Zwischen den Gästesitzplätzen auf der alten Tribüne und den Gästestehplätzen auf der neuen Tribüne ist ein rund acht Meter breiter Puffer entstanden. Dafür wurden die Treppenaufgänge – markiert durch gelbe Farbe – zwischen die beiden Areale verlegt. "Wir haben dafür fünf Sitzplatzreihen abmontiert", erklärt Roland Kentsch. Nach Erkenntnissen des Finanz-Geschäftsführers müsste das Problem damit eigentlich behoben sein. Tatsächlich war es anfangs so, dass stehende Fans auf den Sitzplätzen den Stehplatzfans die Sicht stahlen. Durch den Acht-Meter-Abstand ist das besser geworden.
Das Malheur ist laut Fans damit nicht beseitigt. Das Spiel gegen Hannover habe das gezeigt. Der Winkel zum Spielfeld und vor allem die – im Vergleich zu den Sitzplätzen – tiefer gelegte Stehplatztribüne seien nach wie vor das Problem. Kentsch sagt, das könne nicht sein. "Es gibt keinen Grund zur Klage." Er vermutet, dass die Besucher vielleicht da gestanden hätten, wo sie nicht hingehören. "Das ist eine subjektive Wahrnehmung der Gästefans, aber sicherlich keine objektive." Dennoch kündigt er an, sich die Situation nochmal vor Ort angucken zu wollen.
Baukoordinator Guido Möhlmann verweist darauf, dass es sich um eine Baustelle handele, die sich von Spiel zu Spiel verändere. Tribünen-Architekt Frank Stopfel ist nicht erreichbar. Er ist im Urlaub.
Quelle: NW