Öffentlicher Streit schreckt ab
Von Bernhard Hertlein und Dirk Schuster Bielefeld (WB). Dr. August Oetker ist weder Mitglied bei Arminia Bielefeld noch Sponsor. Er ist nach eigener Aussage noch nicht einmal ein besonders engagierter Fußball-Fan. Wenn er sich jetzt trotzdem zu Wort meldet, dann weil der Unternehmer um die Bedeutung des Bundesligisten für das Ansehen Bielefelds und Ostwestfalens in Deutschland weiß. »Auch wenn ich nicht allzu oft im Stadion bin, drücke ich Arminia dennoch jedes Mal die Daumen«, sagt Oetker. Daher tat der sportliche Abstieg weh. »Doch viel mehr schmerzt mich, wie unprofessionell das Management den Verein geführt und wie zerrissen es auf den Abstieg reagiert hat.« Fast wundert sich Oetker ein wenig, dass die Hauptsponsoren, allen voran Schüco als Bielefelder Unternehmen, nicht stärker öffentlich auf den Putz hauen: »Es gibt sicher Sponsoren, die überlegen, ob sie weitermachen.« Arminia Bielefeld hat die Saison 2008/09 auf dem 18. und damit letzten Tabellenplatz beendet. Zuvor spielten die Ostwestfalen fünf Jahre hintereinander in der ersten Liga. Das war zuvor nur ein Mal in der Zeit von 1980 bis 1985 geglückt. Aus finanzieller Sicht gehört Arminia zu den kleinen Vereinen. Mit 15 Millionen Euro war der Etat zuletzt der kleinste in der Ersten Bundesliga. Es folgten Energie Cottbus und der Karlsruher SC – die beiden Vereine, die mit Arminia in die zweite Liga abgestiegen sind. Dort müssen die Teams mit noch weniger Geld auskommen. Arminias Haushalt soll auf 8 bis 8,5 Millionen Euro zusammengestrichen werden. Dr. Oetker unterstützt in OWL viele soziale Projekte mit Rat und Geld und tritt darüber hinaus als Kunstmäzen auf. Im Sport hält sich der Konzern, der unter anderem bei Nahrungsmitteln, Pizza, Bier, Sekt, dem Bankhaus Lampe und in der Schifffahrt engagiert ist, zurück. Eine Ausnahme bilden der Moderne Fünfkampf und die Gerry Weber Open – letztere, weil das Turnier in der Region und wirklich professionell geführt sei. Fußball liege eher nicht im Fokus von Oetker, weil Kundinnen, die Nahrungsmittel kauften, eher selten in ein Stadion gingen. Der Unternehmenschef betont, dass Geld allein im Sport nicht über Erfolg oder Misserfolg entscheide. Darüber hinaus gebe es Manager, die mit Geld intelligenter umgingen als Kentsch – »und mit mehr Sozialkompetenz«. Die Arminia-Führung hätte die Mannschaft nicht motiviert. »Stellen Sie sich vor, ich würde am Beginn des Geschäftsjahres meinen Mitarbeitern sagen, unser Ziel sei, nicht abzusteigen! Das funktioniert nicht. Wer erfolgreich sein will, muss nach Oben sehen.« Dilettantisch sei die Führung auch bei der Entlassung Michael Frontzecks vorgegangen. Oetker: »Wenn er wirklich so ein schlechter Trainer war, hätte man das früher als einen Spieltag vor Saisonende feststellen müssen.« Dagegen spreche, dass Frontzeck nur 17 Tage nach dem Rausschmiss einen neuen Vertrag bei Mönchengladbach unterschrieb. Gänzlich falsch sei der öffentliche Streit. Dafür hätten weder Fans noch Sponsoren Verständnis. Oetker räumt ein, dass er die handelnden Personen mit Ausnahme seines Neffen Paul von Schubert, der dem neunköpfigen Arminia-Aufsichtsrat angehört, persönlich nicht kennt. Wichtig sei die Außenwirkung. Hier müsse es dringend einen Neuanfang geben. Klaus Daudel, der am 22. Juni zum neuen Arminia-Vorsitzenden gewählt werden soll, kannte Oetker schon, als er noch Vorstandschef der Bielefelder Allgemeinen Handelsgesellschaft der Verbraucher AVA war. Damals waren sie gemeinsam in der früheren DDR unterwegs. Er traut Daudel zu, dass er den Neuanfang schafft – falls er nicht durch alte Seilschaften gebremst wird. Kritisch bewertet Oetker die Trennung in Vorstand und KGaA. Dadurch, dass die handelnden Personen oft die Gleichen gewesen seien, gebe es keine wirkliche Kontrolle.