"Simak sieht in jedem den Teufel"
Tscheche soll am Erschöpfungssyndrom leiden und ist für unbestimmte Zeit krankgeschrieben
Leverkusen - Das menschliche Drama im Fall des Fußballprofis Jan Simak von Hannover 96 hat sich am Dienstag ansatzweise aufgeklärt. Bei dem 24 Jahre alten Tschechen wurde von Bayer Leverkusens Internist Karl-Heinrich Dittmar ein Erschöpfungssyndrom (siehe Kasten) diagnostiziert. Leverkusen hatte Simak im Sommer an Fußball-Bundesligakonkurrent Hannover ausgeliehen. Er soll nun fachärztlich behandelt werden und ist bis auf weiteres krankgeschrieben. Ob er in Deutschland oder wegen der Sprachbarriere in Tschechien therapiert wird, ist noch unklar. Eine Fortsetzung seiner Karriere scheint indes äußerst unwahrscheinlich, denn Simak bestätigte, dass er den Druck im Profifußball nervlich und körperlich nicht aushält.
Am Montag hatte er sich auf Vermittlung seiner Berateragentur Rogon noch einmal zu einem sehr emotionalen und tränenreichen Treffen mit Vereinsvertreten von Bayer Leverkusen und Hannover 96 in Frankfurt aufgerafft, nachdem er eine Woche lang verschollen gewesen war. "Selbst ich als Laie konnte feststellen, dass er körperlich und nervlich platt war. Er wird so bald nicht zurückkommen", sagte Leverkusens Manager Reiner Calmund.
Auch wenn die Transferrechte bei Bayer liegen, hat Hannvover die vollen Arbeitgeberrechte. Angesichts des offiziell bestätigten Erschöpfungssyndroms muss Hannover für sechs Wochen Simaks Gehalt tragen. Dann würde er Krankentagegeld - abhängig von der Art seiner Versicherung - kassieren.
Eine Rückkehr zu den Niedersachsen, die ihn bis Saisonende ausgeliehen haben, wird es aber wohl nicht mehr geben. "Sportlich ist es für uns ein Katastrophe", sagte Hannovers Teammanager Carsten Linke.
Wie nun bekannt wurde, haben sich bereits in der Vergangenheit Vorfälle ereignet, durch die Simaks vermeintlich unsteter Lebenswandel aus heutiger Sicht als deutliches Symptom einer Krankheit zu werten ist. Seine Berateragentur Rogon hatte sogar mehrmals darauf beharrt, Simak sei "manisch depressiv". So mietete er sich desöfteren in verschiedenen Hotels in Prag ein, verdunkelte die Räume und dämmerte in der Mitte des Raumes sitzend vor sich hin. Dann wieder verfiel er dem anderen Extrem, veranstaltete ausschweifende Partys und wurde besinnungslos betrunken aufgefunden.
"In der Manie kommt es zu Hyperaktivität und einem wahren Glücksrausch. Hinterher fühlt sich der Patient äußerst schambesetzt und fällt in eine Depression", sagt Professor Klaus Wiedemann von der psychiatrischen Abteilung des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf.
In der vergangenen Woche soll der labile Simak wieder auf der Jagd nach dem Glücksrausch gewesen sein. Die Prager Boulevardzeitung "Blesk" berichtete in ihrer Ausgabe vom Dienstag von Ausschweifungen und titelte: "Endlose Party: Mädchen, Saufen und Disko". Mitte vergangener Woche habe Simak seinen schwarzen Mercedes 500 SL vor einer Diskothek im nordböhmischen Saaz geparkt, wie der Barmann "Blesk" bestätigte. In einem Hotel des benachbarten Senohraby wurde Simak mit seinem Kumpel Sebek, einem Fußballer aus Königgrätz, gesehen. Sebek hatte sich ebenso unentschuldigt von seinem Verein abgesetzt wie Simak in Hannover. Das Wochenende war für Simak laut dem Zeitungsbericht "reichlich wild". Zunächst an der Bar des Prager Nobelhotels "Diplomat". Später sei Simaks Auto vor dem großen Prager Markt im Stadtteil Holesovice gesehen worden - direkt vor einem Bordell.
Hilfe hat Simak bisher stets abgelehnt. "Er hat zu seiner Zeit in Leverkusen immer zurückgezogen", sagte Leverkusens Ex-Trainer Klaus Toppmöller, der ihn als "Pflegefall" bezeichnet hatte. "Jan Simak sieht in jedem Menschen den Teufel", sagte Toppmöller.