Wratza – Bryne – Hammarby
Anfang der 80er-Jahre spielte Arminia international in der Intertoto-Runde
Von Bernd Foest: Bernd Foest hat über 1.000 DSC-Spiele live gesehen und ist noch häufig in der Schüco Arena anzutreffen. Der 48-jährige Beamte wurde in Gelsenkirchen geboren, zog als Zehnjähriger nach Bielefeld und lebt seit 1987 vor den Toren von Kaiserslautern in Katzweiler.
Da gibt es gar nichts zu überlegen. Als es heißt: Arminia spielt in der Intertoto-Runde (für mich zwar eher Aushilfsspiele, um den Toto-Schein voll zu kriegen) in Bulgarien, heißt es bei uns: Da fahren wir hin! Juli 1983: Lange vorher müssen wir uns die Visa besorgen, für die Durchreise in Jugoslawien und für den Aufenthalt in Bulgarien. Torsten Schild, Arminen-Fan aus Essen, und ich, seit meinem elften Lebensjahr in Schwarz-Weiß-Blau, setzen uns an Omas Geburtstagsabend in seinen orange-farbenen Käfer.
Ein Blick auf die Karte: Wo liegt eigentlich Wratza? Wir fahren mal los. Es dauert in Bulgarien nicht lange, bis wir die kyrillischen Buchstaben so entziffert haben, dass wir nicht noch weiter östlich in Warna landen. Arminia gegen Botew Wratza – und wir sind die einzigen Arminia-Fans am Spielfeldrand.
Zur Riesenparty mit den Spielern sind wir eingeladen Die DSC-Spieler sind ziemlich erstaunt, als sie uns dort sehen. Im Stadion in Wratza haben Torsten und ich die große Arminen-Fahne ausgebreitet, auf die einige Botew-Fans ausgerechnet ihre Pistazien-Kerne spucken müssen. Gegen solche Aktionen gibts nur ein Mittel: Den Größten von ihnen raus gepickt und ihm ordentlich die Meinung gesagt. Dann ist Ruhe. Doch die bulgarische Polizei meint, es sei sicherer, wenn sie uns nach dem Abpfiff zurück zum Hotel begleitet. Zumal Arminia das Spiel 1:0 durch einen Elfmeter von Detlef Schnier in der letzten Minute gewinnt. Zur Riesen-Party mit den Spielern in der Hotel-Disco sind wir eingeladen, kommen nicht einmal dazu, auch mal zu bezahlen. Mit Helmut Schröder ist gut auskommen, auch mit Matthias Westerwinter, Volker Graul oder Pasi Rautiainen. Das sind Strategen.
Zurück Richtung Heimat gehts auf dem Autoput durch Jugoslawien. Uns kommen ständig die Lichter von überholenden Autos auf unserer Spur entgegen. Also runter auf die Landstraßen, ab an die Adria. Dort waren wir noch nie. Mal ins Meer springen. So toll ist Portoroz dann doch nicht. Aber wir haben Zeit, das nächste DSC-Intertoto-Spiel beginnt erst am folgenden Wochenende. Auf nach Norwegen! Den Mittwoch davor muss ich noch arbeiten. Direkt nach Feierabend wechseln wir das Auto, steigen zu Peter Pape und Hermann Begemann in den Manta. Ab gehts gen Norden zu Arminia bei Bryne IL, nahe Stavanger. Im Gepäck nur ein Aktenkoffer mit Ersatzhose, Ersatztrikot und Badehose.
Wir liegen bei Hirtshals in den Dünen in der Sonne. Auf der Fähre nach Stavanger lernen wir eine deutsch-norwegische Familie kennen. Auch Arminen-Fans, deren Opas sich begeistert über unsere Alkohol-Reserven hermachen. Wir gewinnen 1:0 – dank Westerwinter. Das ist ’ne schöne Tour. Zwei Wochen später das dritte Spiel bei Hammarby IF in Schweden. Schröder bringt Arminia 1:0 in Front, am Schluss verlieren wir 1:2 – und Karlheinz Geils durch eine rote Karte.
Im Jahr davor spielen die Arminen erstmals in dieser internationalen Runde mit. Doch: Im Juli 1982 läuft zeitgleich die Fußball-WM in Spanien. Zwischendrin: Arminia beim RFV Liègeois, dem kleineren Club in Lüttich. Eine verzwickte Entscheidung, die angesichts von vier, fünf Wochen Weltmeisterschaft dann aber lautet: Ab nach Spanien. Doch während die WM-Runde noch läuft, setze ich mich mit meiner Freundin Iris in Madrid in den Zug in Richtung Belgien mit Boxenstopps in Paris und Brüssel.
Das WM-Spiel schauen wir gemütlich zu Hause an
Unterwegs unser spontaner Entschluss: Wenn wir im Zug einfach sitzen bleiben, fahren wir durch bis nach Bielefeld. Eine Viertelstunde vor Spielbeginn lassen wir uns vom Taxi nach Hause bringen, schauen uns gemütlich das WM-Spiel Deutschland gegen Spanien im Fernsehen an und machen anschließend einen Zug durch die Gemeinde. Einige Kneipenwirte sind sehr beunruhigt, als sie uns – statt in Spanien vermutet – plötzlich an der Theke stehen sehen. Nach den Cuba Libres ist ein Altbier nicht zu verachten. Dank Interrail-Ticket erleben Iris und ich mit Torsten Schild und gut 30 Arminen-Fans in Lüttich die 2:3 Niederlage (Tore: Frank Pagelsdorf und Dirk Hupe). Nachts der Abschied auf dem Bahnhof Lüttich: Die Arminen-Fans wieder Richtung Heimat, Iris und ich zurück nach Spanien zum Rest der WM. Direkt danach steht das letzte Spiel der Runde in St. Gallen an.
Tolle "Auslands-Erlebnisse" haben wir auch beim "innerdeutschen Sportverkehr" mit damaligen DDR-Vereinen. Am 1. Juni 1983 zum Beispiel verliert Bielefeld zwar 0:2 bei Lok Leipzig. Aber wir hängen die Arminen-Fahne im Leipziger Fanblock an den Zaun und trinken mit den einheimischen Fans ein Bier – kritisch beäugt von der Stasi.
Quelle: nw-news.de