Quelle: NW
18.11.2005
"Dieser Torso darf nicht stehen bleiben"
Stadion-Gesellschaft droht Stadt mit Schadensersatzklage / Ex-Landrat Wansleben will helfen
VON HUBERTUS GÄRTNER
Paderborn. Der Bürgermeister Heinz Paus (CDU) gilt als kluger Mann. Er ist Verwaltungsjurist und vermag in aller Regel selbst schwierigste Sachverhalte in klare Worte zu fassen. Nach dem Beschluss des Münsteraner Oberverwaltungsgerichts(OVG) zum neuen Stadion war Paus "einfach platt" wie er sagte.
Zwar versuchte das Stadtoberhaupt die Katastrophe klein zu reden. Die Stadt habe die Stellplatzproblematik "keineswegs unterschätzt", ließ er mitteilen. Im OVG-Beschluss mit dem Aktenzeichen 7 B 1823/05 steht aber das Gegenteil. Weil am neuen Stadion nur 1.100 Parkplätze ausgewiesen sind, ist dort bei Heimspielen ein Verkehrschaos programmiert und die Baugenehmigung hinfällig.
Die städtischen Planer haben die Stadionplanung offenbar wider besseres Wissen vorangetrieben. So hatte ihnen die Kreispolizeibehörde bereits am 31. Mai klipp und klar dargelegt, dass 1.428 Stellplätze bei 6.000 Zuschauern "die absolute Minimalforderung" seien. Die Gutachter stellten laut OVG untaugliche Schönwetter-Prognosen.
Deshalb wurden die Paderborner Stadion Gesellschaft (PSG) und der SC Paderborn 07 gestern mit ersten Schuldzuweisungen offensiv. In einer vorab verbreiteten Erklärung sprach sich der Vorstandsvorsitzende der Paragon AG, Klaus Dieter Frers, zwar noch fest für die Arena "an diesem Standort" aus. Es wurde auch begrüßt, dass der Bürgermeister Paus alles Notwendige tun will, um "das Stadion so schnell wie möglich wieder ans Laufen zu bringen."
Doch in ihren persönlichen Statements schlugen SC-Präsident Wilfried Finke, PSG-Geschäftsführer Martin Hornberger und SC-Vizepräsident Josef Ellebracht dann härtere Töne an. "Wir haben unser Geld im Vertrauen auf die Baugenehmigung ausgegeben", klagte Hornberger. Dann gab er zu verstehen, dass man den Schaden "prüfen" und gegebenenfalls Klage gegen den Verursacher erheben werde. Alle Anwesenden in Saal wussten, dass damit nur die Stadt Paderborn gemeint sein konnte. So sagte es dann auch der Präsident Wilfried Finke, so bekräftigte es auch Vizepräsident Ellebracht. Die Stadt Paderborn sei "im Verzug" sagte Ellebracht. Sein Unternehmen, die Bremer AG, hat bereits gut 2,5 Millionen Euro in der Paragon Arena verbaut. Das Geld werde Anfang Dezember der Stadion Gesellschaft (PSG) in Rechnung gestellt, sagte Ellebracht.
Dass die PSG diese Summe derzeit nicht aufbringen kann, zeigte schon Hornbergers düsteres Gesicht. Deshalb pochte der PSG-Geschäftsführer ungeachtet des Baustopps darauf, dass die Stadt ihren Zuschuss für das Stadion aus Steuermitteln in Höhe von 3,4 Millionen Euro sofort herausgibt oder eine Bürgschaft leistet. Bürgermeister Paus hat aber bereits kundgetan, dass die Geschäftsgrundlage für den öffentlichen Millionenzuschuss vorerst entfallen ist.
Umso dringlicher werden nun die Gespräche, die die Beteiligten am kommenden Montag gemeinsam führen wollen. Auch mit den Anwohnern soll geredet werden. Kaum zu glauben, aber wahr: Bislang hat es nach Informationen dieser Zeitung mit den Klägern weder von Seiten der Stadt als auch von Seiten des Vereines ein persönliches Gespräch gegeben.
Dabei könnte das Stadion nach Ansicht der beiden Rechtsanwälte Heinrich Loriz und Dr. Rudolf Wansleben weitergebaut werden, wenn alle ihre Klagen zurücknähmen. Loriz vertritt drei Anwohner, Wansleben vier. Beide Advokaten sagen, dass ihre Mandanten grundsätzlich verhandlungsbereit seien. Der frühere Landrat Wansleben sagte dieser Zeitung, seine Mandanten verfügten über etwa 80.000 Quadratmeter Ackerland zwischen B1 und Stadiongelände. Dieses Areal sei für Parkplätze gut geeignet und stehe zum Verkauf. Nahezu sämtlicher Stadionverkehr könnte über die B 1 abgewickelt werden, die Interessen der Anwohner der Paderborner Straße wären gewahrt und das befürchtete Chaos bliebe aus, so Wansleben. Der Ex-Landrat sagte, er habe den Bürgermeister Heinz Paus bereits vor Monaten "gewarnt", doch dieser habe seine Ratschläge nicht hören wollen. Nun muss Paus fühlen, dass ausgerechnet der ehemalige Paderborner Landrat ihm einen zwar teuren aber durchaus gangbaren "Königsweg" anbietet, um der Stadt aus der fürchterlichen Bredouille zu helfen. "Dieser Stadion-Torso darf nicht als ewiges Mahnmal für städtische Fehlplanung stehen bleiben", sagt Wansleben. Recht hat er.