@ sushinator
Zunächst einmal:
Das, was am Freitag passiert ist, ist mit nichts, aber auch gar nichts zu rechtfertigen! Das war abartig und feige!
Und ich stimme dir auch zu, dass es ein Unterschied ist, ob militärische Ziele angegriffen werden, Status-Symbole wie bei 9/11 oder eben jetzt, wo ausschließlich Orte attackiert wurden, in denen die Menschen ihren Freizeitbeschäftigungen nachgehen.
Das ist eine ganz neue und wohl die abscheulichste Art des Terrors.
Auf der anderen Seite sind Krieg und Terror aber immer völlig sinnlos, egal wo und in welcher Form sie stattfinden. Und von daher finde ich die Unterscheidung in "Rubriken" auch irgendwie schon wieder pervers. Zumal bei Angriffen auf militärische Ziele auch zivile Verluste meist billigend in Kauf genommen werden.
Und ich sage auch ganz bewusst wir, denn Amerikaner, Engländer oder Franzosen sind unsere Verbündeten. Angriffe auf sie, sind auch immer Angriffe auf uns.
Ebenso sind Angriffe von ihnen, auch Angriffe von uns. Wir Deutschen sollten aufhören uns als neutral zu betrachten, denn das sind wir nicht. Nicht ohne Grund steigt jetzt die Angst vor Anschlägen in Deutschland.
Ich finde es auch müßig darüber zu streiten, wer den ersten Schlag getan hat.
Genauso über die Beweggründe für diese Attacken.
Die Terroristen sprechen immer von Vergeltung, vom Krieg gegen die Ungläubigen und deren Lebensstil.
Wir rechtfertigen unsere Angriffe damit, dass wir ihnen u.a. den Besitz von ABC-Waffen unterstellen und gerne auch um die guten Menschen angeblich von diesen bösen zu befreien.
Dabei hätten sich z.B. die Alliierten damals einen Scheiß-Dreck um Kuwait geschert, wenn es nicht ums Öl gegangen wäre.
Letztendlich geht es immer nur um zwei Sachen: Macht und Geld!
Ich stimme dir aber auch zu, dass man solche Dinge anders wahr nimmt, je nachdem wo sie stattfinden. Zumal ich selbst einen familiären Bezug zu Frankreich habe.
Was mich hierbei nur stört, sind die Politiker. Wenn man deren Statements jetzt so hört, dann könnte man bei einigen der Meinung sein, dass z.B. ein toter Mensch in Paris schlimmer sei, als ein toter Mensch in Syrien oder sonstwo im Nahen Osten. Auch hier wieder: Jeder Mensch, der durch Krieg und Terror sein Leben verliert, ist einer zuviel.
Ganz sicher werde ich es mir nicht anmaßen, anderen zu sagen, über wen sie mehr oder überhaupt zu trauern haben. Das muss jeder für sich ganz alleine entscheiden.
Nur gibt es in unserem Viel-Völker-Staat auch genug Menschen, die ein Attentat im Nahen Osten aufgrund ihrer Herkunft mindestens genauso betroffen macht, wie eben jetzt in Europa.
Und für andere ist selbst Paris immer noch sehr weit weg.
Mich erinnert das gerade nur so ein wenig an die Papst-Besuche, wo man immer den Eindruck haben könnte, als wenn 80 Mio Deutsche alle Katholiken wären. Mich stört einfach auch diese Verallgemeinerung.
Und mich stört auch dieses: Die sind die Bösen und wir sind die Guten. Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
Und ja, der Westen schafft sich seine Feinde oft selbst.
Saddam Hussein ist erst durch die Unterstützung des Westens überhaupt so mächtig geworden, die Bin Laden-Familie hat eifrig Geschäfte mit der Familie Bush gemacht.
Und mit dem Extrem-Kapitalismus drängt man immer mehr Menschen an den sozialen Rand. Die "Ur-Deutschen", oder die sich dafür halten, suchen bei den rechten Parteien und Gruppierungen eine neue "Perspektive", Menschen mit Migrations-Hintergrund zieht es zunehmend zu solch radikalen Gruppen wie dem IS.
In dem man diese Menschen einfach als Spinner und Kranke abtut, macht man es sich viel zu einfach und versucht die eigene Schuld zu leugnen.
Mit einer gerechteren, ausgeglicheneren Politik könnte man dagegenwirken. Wenn man denn wollte.
Krieg und Terror war schon immer die Folge von zunehmender Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit in der Bevölkerung.
Dazu reicht ein Blick in unsere jüngere Geschichte bereits aus.
Nein, ich bin nicht so naiv zu glauben, dass man mit einer besseren Politik alle vermeintlichen zukünftigen Attentäter verhindern könnte, aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Ein Mensch, der ein eine sinnvolle Perspektive für sein Leben hat, dürfte deutlich schwieriger "umzudrehen" sein.
Und nein, natürlich muss sich niemand beim IS entschuldigen, das wäre völlig absurd.
Nur gibt es bessere und wirkungsvollere Methoden als jetzt den "totalen" Krieg auszurufen, das führt nur zu noch mehr Wut und Hass auf beiden Seiten und zu noch vielen Toten mehr in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.
Man muss diesen Gruppierungen die Grundlage entziehen, in dem man den "gefährdeten" Menschen echte Perspektiven aufzeigt. Sowohl bei uns, als auch in ihren Heimatländern. Wobei Zweites sicherlich nicht einfach ist, das will ich gar nicht bestreiten.
Dieser Krieg, in dem wir schon längst mittendrin sind, unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von vielen anderen.
Der Feind ist nicht in Form eines oder einiger weniger Länder zu erkennen, welche man mit seiner militärischen Macht einfach überrollen und zur Kapitulation zwingen könnte.
In diesem Falle verteilt er sich in vielen kleinen Gruppen auf einem sehr großen Gebiet und er versteht es sich gut zu tarnen und aus dem Untergrund zu agieren. Dazu gehören auch die Gruppen auf dem eigenen Gebiet.
Das alles macht ihn so gefährlich und unberechenbar.
Diesen Krieg kann man nicht wirklich gewinnen.
Man kann den Gegner immer mal wieder schwächen, aber man wird ihn nie ganz bezwingen.
Man sollte den Terror bekämpfen, keine Frage.
Aber es gibt bessere und wirkungsvollere "Waffen" als Gewehre, Bomben oder Panzer.
Dazu gehören u.a. die Einsicht und die Vernunft.
Völlig verhindern wird man so etwas wie am vergangenen Freitag aber trotzdem sicher nie.
Mit der Gefahr müssen wir leben.