Quelle: kicker-online vom 23.09.2010
Nun fangen wir wieder von vorne an
Ein Interview mit Thomas von Heesen, Sportdirektor und Trainer des, der im April nach drei erfolgreichen Jahren beim HSV auf die Bielefelder Alm zurückkehrte.
kicker:
Herr von Heesen, wieso haben Sie nach 2 Meisterschaften und einem Champions-League Gewinn dem HSV den Rücken gekehrt und heuern bei einem Drittligisten an? Immerhin gelten sie mittlerweile als hanseatische Institution, wo sie nun als Spieler und Trainer dort alles gewonnen haben, was man auf Vereinsebene international gewinnen kann?
Thomas von Heesen:
Viele haben das vielleicht vergessen: Ostwestfalen ist meine Heimat und der Verein Arminia Bielefeld bedeutet mir sehr viel. Ich habe dort in den 90er Jahren und der ersten Hälfte dieses Jahrzehntes 12 Jahre lang etwas aufgebaut. Was viele vielleicht vergessen haben: Der kleine Verein aus Ostwestfalen hat seinerzeit eine bedeutende sportliche Entwicklung geleistet, den ich als Spieler, Trainer und Sportdirektor maßgeblich mitgestalten durfte.
Der Verein ist sozusagen 'mein Baby' gewesen.
kicker:
Heute ist Arminia jedoch abermals in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht und stand gegen Ende der letzten Saison mit einem Bein in Liga 4...
TvH:
Ich habe die Arminia Ende März als Trainer übernommen. Nach einer 1:3 Heimniederlage gegen Preußen Münster stand der Verein mit 4 Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz wirklich kurz vor dem Abstieg in die Viertklassigkeit. Zum Glück konnten wir uns unter meiner Regie am Ende doch noch retten.
kicker:
Wieso haben sie denn den HSV verlassen? Sie hatten einen sicheren Job als Sportdirektor, nachdem sie in den Spielzeiten vorher als Trainer zweimal die Deutsche Meisterschaft und einmal die Champions League gewonnen haben.
TvH:
Ich habe mit dem HSV alles erreicht, der Verein ist auch weiterhin ohne mich auf einem guten Weg und wird die nächsten Jahre die führende Rolle im deutschen Fußball spielen. Als ich kurz nach Rückrundenbeginn der Saison 2006 / 2007 nach Hamburg kam, habe ich den HSV vor dem Abstieg gerettet. Danach kamen mit einer neuen Philosophie und sportlichem Konzept sofort der Erfolg. Es war für mich nun im Grunde der richtige Zeitpunkt zu gehen.
Als mein Leib- uns Seelenverein mich um Hilfe bat, war es eine Ehrensache, ihm in diesen schweren Zeiten beizustehen.
kicker:
Wie ist es passiert, dass Arminia, nachdem sie sich gegen Mitte des Jahrzehnts in der Bundesliga zu etablieren schien, so weit abstürzen? Als sie gingen, stand der Verein mit 22 Punkten auf Rang 8. Nach internen Querelen verliessen sie die Alm und gingen nach Hamburg. Arminia stieg am Ende dennoch ab.
TvH:
Erstaunlicherweise haben wir trotz des ursprünglichen Erfolges nie ganz Ruhe im Umfeld gehabt. Es gab im Verein seinerzeit schon lange eine Fraktion, die gegen mich gearbeitet hat. Es ging in erster Linie um Macht und Einfluss im Verein. Ich stand ihnen da im Wege.
Diese Leute hatten natürlich auch ihre Verbündeten bei den lokalen und überregionalen Medien. So wurde versucht eine Situation herbeizuschreiben, die mich bei meinem Abgang als den Bösewicht darzustellen versuchte. Der damalige Präsident Hans-Hermann Schwick vermochte es nicht, mir den Rücken nachhaltig zu stärken. Roland Kentsch hat zwar noch versucht, mich zum Bleiben zu bewegen, ich habe aber in der damaligen Konstellation für den Verein keine Perspektive gesehen, die erfolgreiche Arbeit fortzuführen. Nach außen hin sollte es dann wie eine einvernehmliche Trennung aussehen. Die war es aber nicht, das haben auch Fans und Umfeld deutlich gespürt. Meinen Nachfolger Andy Möller als Trainer wurde von Anfang an nicht
akzeptiert. Die mannschaftliche Geschlossenheit zerfiel.
Auch andere Dinge gingen zum dem Zeitpunkt schief. So fand auch der geplante Stadionausbau nicht statt, da eine damals aufgelegte Fan-Anleihe nicht zum gewünschten Erfolg wurde
und die Finanzierung platzte.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht so gekommen wäre, hätte zu dem Zeitpunkt im Umfeld Ruhe geherrscht. Der Erfolg war ja da. Aber irgendwer hat immer Öl ins Feuer gegossen. In der Berichterstattung ging es nur noch um meine Person und meine weiteren Pläne. Über den sportlichen Erfolg der Mannschaft hat kaum mehr jemand gesprochen.
Sicherlich war es auch vielen ein Dorn im Auge, dass ein kleiner Verein wie Arminia sich in der Bundesliga etablierte. Da gab es ganz klar auch Seilschaften zwischen Medien und DFL, die gegen uns gearbeitet haben. Aber auch in den lokalen Medien wurde insbesondere gegen
mich gearbeitet. Bei der Neuen Westfälischen war es ein gewisser Rainer Klusmeyer, der offensichtlich einen guten Kontakt zu der Anti-Fraktion hatte. Selbt in einem Internet Forum wurde Stimmung gegen mich gemacht. Im Stadion hat man aber deutlich gemerkt, dass ich die
Arminia Anhänger immer auf meiner Seite hatte.Ich mochte mir und dem Verein das alles nicht mehr antun. Ich hatte gehofft, dass mein
Weggang für Ruhe sorgt. Sportlich war der Verein nach der Hinrunde ja schon so gut wie gesichert. Und natürlich hat mich die Aufgabe in Hamburg auch gereizt. Ich hatte damals ja gerade den Trainerschein in der Tasche und sah durchaus gute Karrieremöglichkeiten in Hamburg.
Nach meinem Weggang ging es dann aber wohl so richtig rund in Bielefeld. Ich erinnere mich noch an das Heimspiel gegen den HSV direkt nach Rückrundenstart, wo ich dann ja erstmals als Trainer für den HSV auf der anderen Seite saß. Nach 60 Minuten lag Bielefeld mit 0:3 zurück und das ganze Stadion skandierte meinen Namen. Andy Möller hatte wahrlich keinen leichten Stand... . Danach der geplatzte Stadionausbau, die weiteren Niederlagen... alles beim DSC brach wie ein Kartenhaus zusammen.
Nach dem Abstieg zerfiel auch die Mannschaft. Es gab zwar einen harten Kern von Spielern, der geblieben ist. Allerdings war dieser Kern zu alt, um nachhaltig sportlich etwas zu bewegen. Am Ende kam es gar zum Doppelabstieg.
kicker.de:
Nach der Niederlage gegen Münster stand der Verein vor dem Abgrund. Vorstand und Aufsichtsrat sind zurückgetreten
Neu Arminen-Präsident Roland Kentsch hat sie Ende März zurückgeholt. Wie hat er Sie überredet?
TvH:
Das brauchte er nicht. Arminia ist für mich eine Ehrensache.
Finanziell steht der Verein ja recht solide da. Der Verein hat tolle und treue Fans und mit der Alm ein reines Fußballstadion mitten in der Stadt. Wir werden nun einen Neuanfang wagen, fangen aber natürlich ganz von vorne an.
Im Nachhinein betrachtet hätte sich der Verein diese Talfahrt sicher sparen können, wenn damals alles etwas anders gelaufen wäre.
Aber so ist das nun mal im Fußball.
kicker.de:
Herr von Heesen, wir danken Ihnen für das Gespräch.