01.02.2003: „Volles Programm Familie“
INTERVIEW: Christoph Dabrowski findet privates und berufliches Glück in Bielefeld
Bielefeld. Christoph Dabrowski kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Weder das zwischenzeitliche Verweilen auf einem Abstiegsplatz, noch die Geburt von Töchterchen Emily werfen den Arminen-Profi aus der Bahn. „Dabro“ hat in Bielefeld sein Glück gefunden. Sportlich, wie privat. Mit Arminia strebt der 24-Jährige den Klassenerhalt an. Helfen würde ein Heimsieg über den deutschen Rekordmeister Bayern München am Samstag auf der Bielefelder Alm. „Wir haben bewiesen, dass wir mit den großen Klubs mithalten können“, strahlt der frühere Bremer im Gespräch mit Peter Burkamp Optimismus aus.
Eine Familie gründen, ein Haus bauen. So lauteten ihre Wünsche vor gar nicht all zu langer Zeit. Die Familie ist nun da, haben sie schon den Architekten bestellt?
CHRISTOPH DABROWSKI: Mit dem Haus warte ich wohl noch ein bisschen. Ich weiß ja nicht, wohin es mich noch verschlägt. Grundsätzlich gefällt es mir hier in Bielefeld sehr gut, und ein Haus zu bauen ist mein Traum. Aber ob ich bis zum Ende meiner Fußballkarriere auch hier bleibe, steht noch in den Sternen.
Ihre Tochter Emily ist jetzt fast sechs Wochen alt. Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
DABROWSKI: Seit der Geburt regelt unsere Tochter den Tagesablauf. Die Nächte sind ein bisschen kürzer, aber es macht mir Spaß mitzumachen, und sie zu füttern und zu wickeln – das volle Programm eben. Und natürlich ist es besonders schön, zu erleben, wie sie von Tag zu Tag vorankommt.
Und der jungen Familie zu Liebe haben Sie den Sportwagen gegen einen Kombi getauscht . . .
DABROWSKI: Ja, aber das macht mir nichts. Manchmal, wenn ich mein früheres Auto, einen Audi TT, vorbeifahren sehe, denke ich noch: das hat Spaß schon gemacht, so ein Auto zu bewegen. Aber grundsätzlich habe ich kein Problem damit, einen Kombi zu fahren. Das Elterndasein bringt Verantwortung mit sich und schränkt auch ein wenig ein. Wir können nicht mal eben wegfahren, das Kind will versorgt sein. Da passt es ganz gut, dass ich mich beim Dame-Spiel im Internet auch daheim ganz gut ablenken kann.
Sind Sie ein Familienmensch?
DABROWSKI: Ganz bestimmt. Durch die Entfernung ist der Kontakt zu meinen Eltern, mit denen ich 1985 aus Kattowitz nach Berlin gekommen bin, zwar etwas seltener, aber ich brauche den Kontakt zu mir vertrauten Menschen und habe mir immer eine eigene Familie gewünscht. Ein Geschwisterchen für Emily fände ich schön.
Da fiel der Abschied sicherlich schwer, als es mit 16 ins Jugendinternat von Werder Bremen ging.
DABROWSKI: Der Anfang war wirklich hart. Ich war ganz auf mich allein gestellt, hatte keine Freunde. Aber später kam ich immer besser klar und habe mich auch heimisch gefühlt.
Wenn Ihre Tochter Emily in 16 Jahren käme und wollte in ein Tennis-Internat oder ähnliches – wie würden Sie reagieren?
DABROWSKI: Wenn sie es gern möchte, würde ich sicherlich nicht nein sagen. Ich habe dort gelernt, mich durchzusetzen und selbständig zu werden. Für die persönliche Entwicklung kann solch ein Schritt sehr hilfreich sein. Eigenverantwortung zu haben, Sachen selbst zu organisieren – man lernt, sich in eine Gruppe einzugliedern.
Bei Werder sind Sie vom Jugend- zum Stammspieler geworden. Wer und was hat Sie in dieser Zeit am meisten geprägt?
DABROWSKI: Ich habe von Thomas Schaaf, dem aktuellen Werder-Coach, viel mitbekommen. Er hat mich begleitet von der A-Jugend bis zu den Profis. Unter Felix Magath habe ich sportlich einen großen Schritt nach vorn gemacht. Bei ihm habe ich die Regeln des Profigeschäfts erkannt. Ich habe gelernt, dass ich eine Chance habe, wenn ich meine Leistung bringe. Magath hat mir beigebracht, zu beißen und an meine Grenzen zu gehen.
Sie sind mit Werder Pokalsieger geworden und waren Stammspieler – wie kam es zu dem Karriereknick in der Spielzeit 2000/2001?
DABROWSKI: Da ist einiges schief gelaufen. Auf der eine Seite sind einige neue Spieler auf meiner Position im offensiven Mittelfeld neu dazugekommen, auf der anderen Seite war ich nicht in so guter Verfassung, dass ich Ansprüche stellen konnte. Irgendwie war ich vom Kopf her blockiert. An diesem Punkt habe ich dann zusammen mit Thomas Schaaf überlegt, dass ein Vereinswechsel für mich wohl das Beste ist. Es wird häufig so dargestellt, als wollte Werder mich nicht mehr, aber Thomas Schaaf wusste, was ich drauf habe.
War der Rückschritt in die zweite Liga zu Bielefeld für Sie ein Wagnis?
DABROWSKI: Von der Liga her war es vielleicht ein Schritt zurück, für meine Entwicklung aber ein großer Schritt nach vorn. Durch die Spielpraxis habe ich zu gewohnter Stärke gefunden, und schließlich habe ich auch meine künftige Frau Lydia – wir heiraten im Sommer – kennen gelernt. Ich habe also alles richtig gemacht mit meinen Wechsel zur Alm.
Warum hat es dann etwas länger gedauert zu verlängern?
DABROWSKI: Eigentlich war es ziemlich schnell klar. So kurz vor der Geburt unserer Tochter im Dezember hatte ich aber den Kopf ziemlich voll. Die Schwangerschaft meiner Freundin und die anschließende Geburt standen eindeutig im Mittelpunkt. Deshalb wollte ich in der Winterpause noch einmal alles überdenken. Grundsätzlich weiß ich, was ich an Arminia habe. Ich kenne meinen sportlichen Wert und weiß, dass der Trainer auf mich baut und meine Qualität kennt.
Bei den Vertragsverhandlungen haben Sie mit dem bekannten Spielerberater Jörg Neubauer zusammengearbeitet. Braucht ein Profi unbedingt einen Berater?
DABROWSKI: Das muss jeder selbst wissen. Bastian Reinhardt hat es ohne gemacht, ich selbst bin froh, dass ich den Kopf für das Sportliche frei habe und mich nicht groß um die Vertragsinhalte kümmern muss. Über die Jahre hat sich zwischen mir und meinem Berater ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Er ist Profi im Geschäft, ich bin Profi auf dem Rasen. Das ist eine sehr gute Mischung.
Stimmt der Eindruck, dass bei Arminia zurzeit einige vom „Typ Dabrowski“ spielen, Profis, die dieser Bezeichnung auch wirklich gerecht werden?
DABROWSKI: Viele Fußballer haben großes Talent, bleiben aber auf der Strecke, weil sie das nötige Durchsetzungsvermögen nicht mitbringen oder im Laufe der Zeit lernen können. Man muss in der Bundesliga halt alles dafür tun, sich durchzusetzen. Wir haben diese Typen im Kader. Bei uns passt die Mischung. Alle sind bei der Sache, aber trotzdem können wir auch Spaß haben. Das macht eine verschworene Gemeinschaft aus.
Nach der jüngsten Erfolgsserie und dem Remis in Bremen steigt die Euphorie im Umfeld. Wie gehen Sie damit um?
DABROWSKI: Wir müssen unseren Erfolg schon genießen können. Gleichzeitig dürfen wir die Zügel nicht schleifen lassen. Ich habe schon vor der Serie gesagt, dass wir mal eine Phase auf einem Abstiegsrang erleben könnten. Das haben wir hinter uns und ganz gut verkraftet. Der Druck kommt ja immer von außen. Vielleicht hat uns der Tiefpunkt in Cottbus sogar wachgerüttelt. Wichtig war und ist in solchen Momenten, nur von Spiel zu Spiel zu schauen. Das hat Benno Möhlmann uns immer wieder vorgehalten und damit sind wir schon in der vergangenen Saison gut gefahren. Unser Ziel haben wir dabei klar vor Augen: wir wollen den Klassenerhalt schaffen.
Gegen den heutigen Gegner Bayern München gabs die einzig wirklich heftige Niederlage in der Vorrunde. Kann Arminia sich für das 2:6 revanchieren?
DABROWSKI: Damals haben wir die Bayern wohl zum schlechtesten Zeitpunkt erwischt. Im ersten Heimspiel mussten sie sich beweisen und wir sind ziemlich blöd hinterhergelaufen. Jetzt haben wir einen Auftritt vor heimischer Kulisse.Wir haben bereits bewiesen, dass wir gegen stärkere Mannschaften mithalten können. Ich behaupte, dass wir an einem guten Tag jeden Klub, auch die Bayern, auf der Alm schlagen können. Unsere Basis ist die geordnete Defensive. Wenn die stimmt, sind wir immer in der Lage, was zu holen.
Woher nehmen Sie dieses Selbstvertrauen?
DABROWSKI: Das Spiel in Bremen hat gezeigt, dass wir erneut weitergekommen sind, dass uns ein Rückstand nicht umwirft und wir immer wieder unsere gefährlichen Konter anbringen können. Mittlerweile haben die Spieler gesehen, dass sie in dieser Liga mithalten können. Das sorgt für Selbstvertrauen. Optimistisch stimmt mich dabei, dass einzelne Personen noch nicht einmal ihr Potenzial voll ausgeschöpft haben. Das gilt auch für mich. Ich habe eine solide Hinserie gespielt, kann aber noch mehr. Vor allen Dingen will ich mal wieder ein Tor schießen, auch wenn ich als Spieler vor der Abwehr natürlich die Defensive organisieren muss.