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Beiträge von Loorbeerkranz

    Ich bin grundsätzlich auch für Deeskalation, glaube aber, dass es in diesem Fall nicht zielführend ist. Ich will auch gar nicht „vom Sofa fordern“ (tatsächlich bin ich oft im Stadion, aber nicht mittendrin im Mob, da ich mich absichtlich fernhalte), sondern suche nur nach Lösungsansätzen.


    Was schätzt Du denn, wie groß der Mob gestern war? Ich rechne mal: 1.200 Gästefans, davon vielleicht 2/3 Stehplatz = 800. Davon sollten mMn 3/4 so gescheit im Kopf sein, sich an so einem Mist nicht zu beteiligen. Bleiben also noch 200 Luftpumpen, unter denen es sicherlich auch nochmal mehr und weniger gewaltbereite gibt. Tatsächlich gezündelt haben doch etwa ein Dutzend, oder? Und es ist unmöglich, die in den Griff zu kriegen?

    Ja, das halte ich in der Tat für unmöglich, da die übrigen 600 ja nicht mal bei den Fangesängen den Mund aufmachen (und es auch unter denen genug Leute gibt, die ihr Handy zücken und die Bilder dann stolz auf Instagram teilen). Dafür muss man eigentlich nur einmal während so einer Aktion auswärts im Block gewesen sein.


    Es gab nicht einmal vereinzelte Pfiffe nach der Aktion zu hören, was ein erster Schritt und ein Zeichen der Ablehnung gewesen wäre. Wie sollen da ernsthaft 200 mehr oder weniger gewaltbereite Fans mit teils fragwürdigen Idealen zurechtgewiesen werden?


    Am meisten ärgert es mich, dass diese Leute bei der zweifelsfrei vorhandenen, kompletten Hingabe für Stadt und Verein es nicht verstehen, dass man einen Verein eigentlich nicht lieben kann, wenn man ihn wissentlich die Strafe für selbstverschuldete Straftaten übernehmen lässt. Dann bitte auch aus der eigenen Tasche.

    Ich weiß ja auch, dass es nicht einfach ist, das Thema zu lösen. Wenn man aber immer nur gegen andere Vorschläge argumentiert und alles für blödsinnig erklärt, wird nie eine Lösung entwickelt werden können.


    Loorbeerkranz:
    Wirklich ein sehr guter Beitrag von einem Augenzeugen, danke dafür. Ich habe noch zwei kurze Fragen dazu:
    1) Wurden die Pyromanen wieder von einem Mob abgeschirmt oder standen die nach dem Aufteilen alleine da?
    2) Was genau spricht denn dagegen, wenn man sich zu dritt oder viert (von mir aus gerne nach Abbrennen des Bengalos) so einen Vogel krallt und den Ordnungskräften übergibt? Ich glaube dagegen spricht, dass ein unheimlich großer Prozentsatz im Block lieber zur Affenherde wird und die Straftäter nutzt, um selber auszurasten. Wünschenswert wäre eine Fanbase mit Zivilcourage, die solchen Vereinsschädigern mal die Grenzen aufzeigt.

    Vorab danke für die netten Worte, Pragmatiker.


    1.) Die standen nicht wirklich abgeschirmt dort, aber natürlich immer noch in relativer Reichweite zum Kern.


    2.) Wie mein Vorredner schon angedeutet hat, ist dies einfach kein realistisches Szenario. Es soll nicht zynisch klingen, aber vom Sofa aus lässt sich so etwas immer leicht einfordern. Zivilcourage ist ein nettes Wort, aber auch ich muss den Tag darauf morgens wieder im Büro sitzen und habe eine Familie, die mich gern heile wieder in Bielefeld empfangen möchte. Ich sehe es auch nicht als Aufgabe der Fans an, hier Selbstjustiz zu üben. Letzten Endes standen auch alle Ordner unten auf dem Spielfeld und nicht im Block.


    Wenn es zu so einem Vorfall kommt, ist Deeskalation meiner Meinung nach das richtige Mittel. Ein Eingreifen eigener Fans oder gar der Polizei würde hier viel weitreichendere Folgen nach sich ziehen. Offensichtlich würden die Fackeln dann nur so durch den Block fliegen. Andernfalls wäre diese Art der Problemlösung doch auch längst gängige Praxis. Ich sehe eher den Verein in der Pflicht, Dialoge zu führen, Abmachungen zu treffen, präventiv einzuwirken. Dieser Aufgabe kommt er aber meines Erachtens momentan nicht nach, obwohl sich die Vorfälle zuletzt gefühlt häuften. Das ist schade, da ich den Eindruck habe, dass hier ein überdurchschnittlich gutes Verhältnis zwischen Clubführung und Anhängerschaft besteht.


    Sicher würden die Ultras nicht zu allem Ja und Amen sagen, dafür ist Pyrotechnik leider einfach zu verankert in der deutschen Fan"kultur", aber es soll doch zumindest nicht so unkontrolliert ablaufen wie gestern, sodass Unbeteiligten der Spaß am Fußball genommen wird.

    Hallo zusammen,

    für gewöhnlich lese ich hier nur mit, denke aber, dass angesichts der Meldungen in der Lokalpresse ein "Augenzeugenbericht" vielleicht nicht ganz uninteressant wäre, insbesondere da ich noch unter dem Eindruck des gestrigen Spiels stehe. Dazu muss ich sagen, dass ich in dieser Saison beinahe jedes Auswärtsspiel live gesehen habe und mich nie wirklich pro oder contra Ultras positioniert habe. Ich denke, dass man grundsätzlich die positiven und negativen Dinge schon differenziert betrachten muss, und, dass wir insgesamt im Vergleich mit anderen Fanszenen (noch) recht gut dastehen.


    Ich befand mich gestern in relativer Nähe dieser Gruppierungen, vertikal betrachtet aber immer noch recht mittig im Block. Nachdem man sich fünf Minuten lang unter der großen Fahne umgezogen hatte, wusste jeder, was gleich passieren wird - war ja auch nicht das erste Mal. Was ich (abgesehen von der mir nicht verständlichen "Faszination" Pyrotechnik im Allgemeinen) insbesondere nicht verstehen kann, ist, dass man sich anschließend im kompletten Block verteilen musste und nicht einfach im vorderen Bereich geblieben ist. So brannten im Umkreis von zwanzig Metern sicher ein Dutzend Bengalos neben völlig "normalen" Fans. Die Hitzeentwicklung war schon relativ extrem und immer wieder sind Glutfetzen auf die in unmittelbarer Nähe stehenden Menschen geflogen - es gab Brandlöcher in Jacken; Pommesschachteln auf dem Boden haben Feuer gefangen und mussten ausgetreten werden. Ich persönlich habe da keine Panik bekommen, kann mir aber vorstellen, dass die Aktion gerade bei sporadischen Stadionbesuchern, Frauen und Kindern einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. In Sachen Dialog mit den Fans hat man sich dadurch wieder die Gesprächsgrundlage verbaut. Das ist besonders schade, da ich die Stimmung gestern trotz alkoholfreien Bieres und der entspannten Tabellensituation über weite Strecken richtig gut fand, wenngleich das minutenlange Gegner-Bashing mit unverständlicher Schadenfreude ziemlich ermüdend war. Das hätte man ruhig reduzieren und sich stattdessen auf den Support der eigenen Mannschaft fokussieren können. Wahrscheinlich wollte man damit unseren neuen "Flirt" aus der Landeshauptstadt beeindrucken.


    Zum Thema Pyrotechnik im Allgemeinen: Sieht es schön aus? Kann schon sein. Hat man es schon tausend Mal gesehen? Ganz bestimmt. Mir braucht niemand erzählen, dass Fußballfans Pyrotechnik aus ästhetischen Gründen so glorifizieren. Es geht um Provokation des Gegners, um Machtdemonstration, um den Reiz am Verbotenen, idealerweise verbunden mit möglichst hoher medialer Aufmerksamkeit (Montagabendspiel). Ebensowenig muss man sich vormachen, dass eine Legalisierung vom (kontrollierten) Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Stadion verhindern würde, dass sich die entsprechenden Herrschaften neue Wege der Konfrontation suchen.


    Ein Patentrezept zur Vermeidung habe ich auch nicht. Eine pauschale Preiserhöhung für alle Auswärtsfahrer ist dabei genauso grotesk wie der Vorschlag, dass normale Fans in solchen Fällen eingreifen sollen. Soll ich nun einem Maskierten, der zwei brennende Fackeln in der Hand hält, versuchen gut zuzureden? Oder ihm gleich auf die Mappe hauen oder ihm die Teile aus der Hand schlagen? Man sollte da schon bedacht sein, dass alles "kontrolliert" zu Ende abbrennt und niemand zu Schaden kommt. Mindestens aber würde ich mir seitens des Vereins eine deutlichere Positionierung wünschen, als die Vorfälle im Spielbericht und am Tag darauf einfach unter den Tisch zu kehren.


    Das Wichtigste zum Schluss: alles Gute der jungen Dame, die mit Rauchvergiftung im Krankenhaus liegt. Zum Glück nur ein Opfer, aber eben genau eines zu viel, um dieser Thematik irgendetwas Positives abzugewinnen.