Wenn man sich die Werte anguckt, dann liegt es nicht an der Viererkette. Klünter mit 60% Zweikampfquote und Oczipka mit 57% Beide mit vielen Ballkontakten und akzeptabler Passgenauigkeit. Du spielst halt mehr Fehlpässe, wenn die Anspielpartner im Mittelfeld fehlen. Auch Hüsing mit 71% gewonnenen Zweikämpfen. Über Ramos (73%) braucht man deshalb nicht reden, weil er neben der soliden Abwehrleistung zwei kapitale Böcke drin hatte.
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Das Problem liegt im Mittelfeld. Drei Spieler auf einer Linie. Hack 20%, Klimowicz 29%, da ragt Okugawa mit 53% noch heraus. Dahinter Vasiliadis immer emsig, aber ineffektiv (29%) und ein wieder starker, aber zum Ende abbauender Lepinjica (50%). Deshalb sah das auch 90 Minuten lang so aus, als hätten die Nürnberger zwei Mann mehr auf dem Platz. wenn Arminia daran nicht arbeitet und die Mischung nicht verändert, dann geht das dieses Jahr den Bach runter. Ich würde deshalb Ratsche neben Lepinjica stellen. Der ist sicherer am Ball, seine Passquote ist viel höher und er ist ebenfalls recht zweikampfstark. Im Mittelfeld musst du es dann halt mit der Dreierreihe versuchen, aber eigentlich muss Okugawa aufgrund des Stellungsspiels zentraler agieren.
Schernings Startaufstellung war für mich nachvollziehbar, auch wenn ich bezüglich Klimowicz noch viele Fragezeichen habe und diese nun nicht kleiner geworden sind. Die Idee, Ramos zu bringen und ihn bei hohen Torwartabschlägen des Gegners schnell ins Mittelfeld vorrücken zu lassen, war gut. Ramos gewann hier jedes Kopfballduell. Die Fehler hinten sind aber nicht tragbar. Er dürfte seine Chance wohl erst einmal verspielt haben.
Offensichtlich haben wir derzeit kaum Möglichkeiten die gegnerische Pressinglinie zu überspielen. Das ist noch mal übler, weil Arminia ja aus den Fehlern der Nürnberger gegen Braunschweig lernen wollte und die Franken mit einem schnellen Umschaltspiel besiegen wollte. Davon war leider gar nichts zu sehen.
Eine schnelle Spieleröffnung durch die Mitte von unseren IV oder Fraisl eingeleitet - Fehlanzeige. Dasselbe über Außen. Oczipka fand ich trotz der Passquote gestern schwach im Vergleich zu den letzten sehr guten Spielen. In den ersten 15 Minuten war er gegen den starken Möller Daehli total überfordert, der dann aber (warum auch immer) zum Glück die Seite wechselte. Klünter ist zwar besser als Sidler, gab aber auch keine Impulse nach vorne. Genau wie Richie sehe ich unser größtes Problem im Mittelfeld. Lepinjica war wohl der Einzige, der auch mal direkt gepasst hat und Klimowicz hatte genau einen überraschenden Pass - viel zu wenig. Schon in den letzten Saison habe ich geschrieben, dass Okugawa ins Zentrum gehört. Sein Verständnis für freie Räume ist auf Außen verschenkt. Vasiliadis kämpft zwar, verliert aber zu viele Bälle, weil er technisch zu beschränkt ist. Das wird sich kaum bessern. Dass Rzatkowski die nötige Robustheit mitbringt, glaube ich eher nicht. Vielleicht könnten Lepinjica und Kanuric zusammen funktionieren. Hack würde ich die für seine Spielweise nötige Freiheit lassen, auch wenn die Passquote verbesserungsbedürftig ist. Unsere Mittelstürmer tun mir eher leid und ich kann mich den Vorwürfen hier kaum anschließen. Wenn sie in ein offensives Konzept, für das Scherning ja angeblich stehen soll (auch wenn er hierzu in OS kritisiert wurde), eingebettet würden, würden sie auch treffen. Wenn allerdings nichts aus dem MF kommt, müssen sie schlecht aussehen. Fabi ließ sich in solchen Fällen zurückfallen und holte die Bälle selbst. Das ist leider bei Serra und Lasme gar nicht zu sehen. Unser Spiel steht oder fällt mit einem schnelleren und sicheren Passspiel im zentralen Mittelfeld. Consbruch war in der Vorbereitung gegen schwächelnde Gegner stark. Ich würde ihn gerne mal jetzt sehen. Aber seine aktuelle Form kann wohl nur der Trainer beurteilen, der das Problem im zentralen MF sicherlich erkannt haben wird. Ich gebe Scherning jedenfalls noch Zeit.
Unverständlich bleibt, warum wir wieder kein stabiles zentrales und defensives Mittelfeld haben. Dass Prietl nicht an seine Leistung vor Corona anknüpfen kann, zeichnete sich seit längerem ab. Ebenso, dass Vasiliadis nicht konstant genug ist und spielerisch zu viele Defizite hat. Es wird eine schwere Aufgabe für Scherning mehr Variabilität in unser Offensivspiel zu bringen und gleichzeitig Lauf- und Passwege einzuüben. Er fängt hier fast bei Null an und die Hälfte der Hinrunde ist schon vorbei.