Was hat Kramer diese Saison anders (schlechter) gemacht als letzte Saison? In der letzten Saison konnte er am eingespielten System von Neuhaus anknüpfen und hat dieses um sinnvolle Komponenten erweitert. So hat das frühe Pressing die Gegner vom eigenen Tor weggehalten. Kleinere Umstellungen haben ebenfalls funktioniert. Diese Saison ist die Aufgabe - ähnlich wie vor seiner Entlassung in Düsseldorf - ungleich größer. Er muss aus vielen neuen Spielern, die Arminia oft erst spät in der Vorbereitungszeit erreichten, ein Team bilden, dass eine Weiterentwicklung erkennen lässt. Daran will und muss er sich, wie bei Fortuna, messen lassen.
Kramer war Jahrgangsbester beim DFB-Lehrgang. Er kennt die Taktiken und Systeme. Nun hat er viele, gute Ideen, die Arminia flexibler und unberechenbarer machen sollen, was auch dringend notwendig war: je nach Anforderung von 4er auf 3er Kette umstellen können, rotierende offensive Mittelfeldspieler mit wechselnden Positionen, Doppelungen auf Außen oder zentral durch die Mitte usw.. Einige Fortschritte sind in guten Momenten auch erkennbar. Wenn wir ein Jahr nur trainieren könnten und kein Pflichtspiel hätten, könnte er alles einüben. Haben wir aber nicht! Und das wir alle unsere Punkte in den letzten 12 Spielen holen, ist genauso unrealistisch. Ein einfacheres System, das unsere Spieler auch sofort umsetzen können, ist die einzige Chance auf den Klassenerhalt. Wenn das dann funktioniert, kann ja weiter am System gefeilt werden. Ich habe den Eindruck, die Spieler kennen ihre Laufwege nicht, weil sie das jeweilige System nicht klar haben. So bleiben nur Einzelaktionen, die Impulse aus dem Mittelfeld geben. Es bleibt aber Stückwerk. Notwendig wäre, einzelne Elemente so lange üben zu lassen, bis sie sitzen. Auch die damaligen Zusammenspiele von Fabi und Vogi sind nicht vom Himmel gefallen. Wie oft haben wir jetzt gesehen, dass Spieler resignierend die Arme heben, weil ein Pass wieder nicht gespielt wurde oder ein Pass ins Leere ging. Lieber eine klare 4er-Kette, die funktioniert und klare Außenpositionen, die einfache Flanken auf unsere robusten und großen Stürmer schlagen, als das Meisterstück der Taktik abliefern zu wollen, dass dann doch wieder an individuellen Fehlern scheitert. Weniger ist manchmal mehr.