SPIEGEL ONLINE - 14. April 2003, 10:23
URL: http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,244733,00.html
Bundesliga-Kommentar
Uneingeschränkte Solidarität mit dem FC Bayern!
Von Thomas Lötz
Drei Millionen Euro Strafe muss der FC Bayern München wegen des berüchtigten Geheimvertrags mit der Kirch-Gruppe nun berappen. Dazu eine hinterhältige Presseerklärung seitens der DFL verschmerzen, die manchem an der Säbener Straße wie ein fieser Tritt in die Beine vorkommt. Grund genug, dem Rekordmeister schützend zur Seite zu stehen.
Liebe Fußballfreunde. Heute ist der Tag gekommen, an dem wir uns alle - ob Fans des FC Bayern München oder nicht - geschlossen hinter Karlheinz Rummenigge, Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und die anderen Protagonisten von Deutschlands erfolgreichstem Fußballverein stellen müssen.
Warum?
Das fragen Sie nicht ernsthaft! Wer in diesem Land will, dass zumindest ein deutscher Verein in Europa künftig noch eine Rolle spielt, der muss hier und jetzt seine uneingeschränkte Solidarität mit dem FC Bayern aussprechen.
Wer ist denn der Feind des FC Bayern?
Ausnahmsweise mal nicht Osama Bin Laden, Saddam Hussein oder Willi Lemke. Der neue Feind der Bayern sitzt in Frankfurt am Main und heißt Deutsche Fußball Liga. Kurz: DFL.
Was ist das, diese DFL?
Nach Ansicht der Bayern offenbar eine Art von gefährlicher Terrororganisation. Die DFL führt das operative Geschäft der lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der 1. und 2. Bundesliga. Seit Sonntag haben die Bayern ihre, wenn man so will, diplomatischen Beziehungen zur DFL abgebrochen.
Was hat die Bayern dazu veranlasst?
Die Bayern hatten einen geheimen Geheimvertrag mit dem mittlerweile insolventen Regime des "Medienmoguls" Leo Kirch. Was den Bayern, und nur den Bayern, zwischen 1999 und 2002 ordentliche 21,47 Millionen Euro sicherte. Das wurde öffentlich, und die davon völlig überraschte DFL begann zu untersuchen, ob ihr von der Kohle nicht auch was zustünde.
Was ist dabei herausgekommen?
Das bleibt ein Geheimnis zwischen DFL und dem FC Bayern. Offiziell jedenfalls hatten beide eine Vereinbarung geschlossen: Die Bayern zahlen 2,5 Millionen Euro an die DFL und überantworten weitere 500.000 Euro einem karikativen Zweck.
Somit war die Sache doch erledigt!
Klar, aber dann veröffentlichte die DFL eine hinterlistige Presseerklärung, in der sie den geheimen Kirch-Vertrag als "verwerflich" bezeichnete. Zudem stand da drin, der FC Bayern habe das Solidaritätsprinzip der gesamten Liga missachtet und somit gegen die im Sport unverzichtbare Fairness verstoßen. Tja, und da waren die integeren Bayern tief beleidigt.
Typisch, dabei haben sie sich doch auf Kosten der gesamten Liga bereichert!
Lassen Sie mich auf diese Vorhaltung mit den Worten Karlheinz Rummenigges antworten: Um eine monatelange juristische Auseinandersetzung, die dem Fußball insgesamt in Deutschland großen Schaden zugefügt hätte, zu verhindern, hat sich der FC Bayern entschlossen - Zitat Rummenigge: "diesen Betrag freiwillig - das bitte ich zu betonen: freiwillig - zur Verfügung zu stellen." Da mag DFL-Boss Hackmann noch so sehr davon reden, dass der FC Bayern durch die Zahlung an die Liga ein Schuldbekenntnis abgegeben hätte.
Aber dann ist es doch okay, dass die DFL das Geld jetzt zu gleichen Teilen den 36 Vereinen in der ersten und zweiten Liga gibt!
Erstens ist das noch keine beschlossene Sache. Und zweitens: Richtig wäre es nicht.
Warum?
Nehmen wir mal an, dass das freiwillig von den Bayern überlassene Geld zu gleichen Teilen an die 36 Vereine ausgeschüttet wird. Dann trägt der FC Bayern jetzt mit 138.888,88 Euro zum Abbau des durch zweifelhafte Geschäftspraktiken selbst verursachten Schuldenberges bei 1.FC Kaiserslautern bei. Zudem: Die Bayern wollten ja die ganzen drei Millionen gleich spenden, das wollte aber die DFL wegen des "Schuldgeständnisses" nicht. Jetzt sind für die Kinder im Irak eben nur 500.000 übrig.
Das ist traurig.
Wieso traurig? Tatsächlich können die 2,5 Millionen - rein fußballtechnisch betrachtet - kaum einem besseren karikativen Zweck zukommen als der DFL. Schade nur, dass die Bayern diese Zahlung nicht als Spende deklarieren und damit steuerlich abschreiben können.
Und wie geht's jetzt weiter mit dem deutschen Fußball?
Wahrscheinlich wird Tabellenführer FC Bayern mit sofortiger Wirkung aus der Bundesliga aussteigen und auf den Titel pfeifen. Das Pokalfinale schenken sie ebenfalls kampflos her. Zeitgleich zieht der deutsche Rekordmeister alle seine Spieler aus der Nationalmannschaft ab und tritt in der nächsten Saison als Immigrantentruppe namens "Kommando Kaiser" in der italienischen Liga an. Das Gesuch, als eine Art Bosnien-Herzegowina Deutschlands an der WM 2006 teilnehmen zu dürfen, wird von der Fifa geprüft.
Mal ehrlich, wird der deutsche Fußball untergehen?
Sagen Sie hinterher nicht, die Bayern und ich hätten Sie nicht gewarnt.